Carsten MüllerCDU/CSU - Staatshilfen für Konzerne in Steueroasen
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor rund sechs Wochen haben wir hier im Bundestag mit ganz überwältigender Mehrheit das größte Hilfsprogramm auf den Weg gebracht, das diese Republik bisher gesehen hat. Anders als es manchmal suggeriert wird, richtete sich dieses Programm nicht nur an die Konzerne, an die Großunternehmen; denn insbesondere kleine Unternehmen, kleine mittelständische Unternehmen, Einzelselbstständige profitierten davon, und zwar nicht nur durch Kreditgewährung, sondern vor allen Dingen auch durch unmittelbaren Liquiditätszufluss in einer rapiden Geschwindigkeit und ganz unbürokratisch. Das war eine große Leistung, und dafür möchte ich mich bei der Bundesregierung bedanken.
(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD] – Markus Herbrand [FDP]: Bei den Steuerzahlern!)
Meine Damen und Herren, ich möchte auch die KfW ausdrücklich erwähnen. Sie können, Kollege Binding, gleich noch einmal großen Beifall spenden; denn darüber wird, finde ich, zu leichtfertig hinweggegangen. Bei der Komplexität, die eine Bank dieser Größe zu bewältigen hat, ist es doch atemberaubend, wie dieses Institut – um das wir übrigens weltweit beneidet werden – es hinbekommen hat, zielgenau wirkungsvolle Programme innerhalb kürzester Zeit aufzusetzen und sie über die Hausbanken an den Mann, an die Frau, an die Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer zu bringen. Dafür, finde ich, gebührt der KfW und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun wirklich großer Beifall.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben den KfW-Schnellkredit; er ist auf Wunsch in den ersten zwei Jahren tilgungsfrei. Wir haben den KfW-Unternehmerkredit und den KfW-Gründerkredit für kleine und mittlere Unternehmen im Angebot; bei den beiden letztgenannten Programmen gibt es eine Risikoübernahme von bis zu 90 Prozent. Meine Damen und Herren, allein an den Programmbezeichnungen sehen Sie schon, dass es eben nicht nur um Konzerne, um Großunternehmen geht – in einigen Programmen gerade nicht.
Auch eine gute Leistung der Regierung – allerdings auch von weiten Teilen des Parlamentes – war, wie ich finde, dass wir außergewöhnlich kommunikativ aufgestellt waren und es uns in dieser einzigartigen Situation gelungen ist, Hinweise, Anregungen – auch hier gerade über die Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages – aufzunehmen, in den Regierungsapparat einzuspeisen und dort nachzusteuern, wo Verbesserungsbedarf bestand. Das spricht für die Handlungsfähigkeit dieser Bundesregierung und der Großen Koalition in einer so schwierigen Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Möglich geworden ist das Ganze nur durch eine solide Haushaltspolitik in den vorangegangenen Jahren, und da war es zweifelsohne die Union, die für die schwarze Null gekämpft und gestritten hat. Die Haushaltsergebnisse der letzten Jahre haben uns erst in die Lage versetzt, entsprechend schnell und wirkungsvoll reagieren zu können, mit beispiellosen Programmen.
Wenn es nach den Linken gegangen wäre – über deren Antrag wir heute hier beraten –, dann wäre das alles nicht möglich gewesen, weil bei Ihnen sozusagen der Spruch gilt: Raus mit dem Geld, koste es, was es wolle; es kommt von alleine rein. – Sie machen sich über die Einnahmenseite
(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Wir wollen doch die Steueroasen dichtmachen!)
und auch über die Ausgabenseite selten Gedanken.
(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Unglaublich!)
Sie wollen beglücken, Sie wollen Geld verteilen – wir wollen das nicht. Der solide Haushalt war Voraussetzung für die gute Politik in dieser Coronakrise.
(Zuruf des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])
Meine Damen und Herren, zu einer guten Haushaltspolitik gehört eben auch, dass wir Steuerhinterziehung vermeiden. Dazu gibt es beispielsweise den Informationsaustausch zu Finanzkonten; dieser hat nachweislich dazu beigetragen, dass es erheblich erschwert worden ist, die Steuerlast zu verkürzen. Meine Damen und Herren, auch das war ein Erfolg dieser Regierung.
Kommen wir zu Ihrem Antrag. Sie sprechen die Ausschüttung von Dividenden an. Da empfehle ich Ihnen einen genauen Blick in das Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds, das wir hier vor einigen Wochen verabschiedet haben. So müssen Unternehmen, die die Mittel in Anspruch nehmen, Gewähr für eine solide und umsichtige Geschäftspolitik bieten und insbesondere einen Beitrag zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur Sicherung von Arbeitsplätzen bieten. – Das Thema Arbeitsplätze kommt in Ihrem Antrag im Übrigen praktisch gar nicht vor.
(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Doch!)
Zur Sicherstellung können Auflagen mit begünstigten Unternehmen vereinbart werden, und dabei kann das BMF im Einvernehmen mit dem BMWi durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die von den begünstigten Unternehmen zu erfüllenden Anforderungen explizit auch zur Ausschüttung von Dividenden und zur Vergütung von Unternehmensorganen erlassen, und genau das passiert.
Sie sprechen auch das Country-by-Country Reporting an. Da muss ich Sie enttäuschen: Das findet bereits statt und ist insofern auch ins Werk gesetzt und wirksam.
(Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, ich könnte so zum Thema „Aktienrückkäufe und Vorstandsgehälter“ fortfahren. Ich möchte allerdings auf einen anderen Punkt in Ihrem Antrag zu sprechen kommen. Sie haben in Ihrer etwas plakativen Überschrift gesagt, wir könnten und sollten jetzt von Dänemark lernen, sozusagen mehr Dänisch sprechen. Ich habe mir einmal genau angeguckt, wie es in einigen Bereichen, im Bereich der Steuerpolitik in Sonderheit, in Dänemark läuft. In Dänemark liegt der Unternehmensteuersatz bei 22 Prozent; er liegt damit nicht nur deutlich unter dem deutschen Unternehmensteuersatz, sondern eben auch deutlich unter dem Durchschnitt der OECD und der EU. Gleichzeitig ist allerdings die Einkommensteuer in Dänemark substanziell höher als in Deutschland.
(Otto Fricke [FDP]: Und die Umsatzsteuer!)
Unabhängig davon, ob Sie eine Familie sind – also ob Sie Kinder im Haushalt haben oder nicht –, gibt es einheitlich einen wesentlich höheren Einkommensteuersatz. Das konterkariert doch Ihre vorgeblichen Ziele, sich um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kümmern zu wollen. Sie zeigen allein durch Ihre leichtfertige Überschrift, dass Ihnen das in Wahrheit vollkommen egal ist. Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland also eine niedrige Einkommensteuer, und wir kümmern uns um Familien, indem wir sie steuerlich begünstigen.
Und dann gucken wir noch auf einen anderen wichtigen Punkt: Wir haben uns ja in diesem Haus auch häufig über das Thema Mehrwertsteuer unterhalten. Ehrlich gesagt, wenn wir uns im Bereich der Mehrwertsteuer an Dänemark ein Vorbild nähmen, dann müssten wir sie auf 25 Prozent erhöhen. Das wäre die Konsequenz Ihrer schlechten Vorschläge.
(Zuruf des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])
Deswegen fassen wir zusammen: Ihr Antrag ist weitgehend ungeeignet. Sofern beim Thema „Beispiel an Dänemark nehmen“ bei der Überprüfung das eine oder andere noch herauskommt, nehmen wir das auf. Das Thema „niedrigere Unternehmensbesteuerung“ ist ein Ansatz. Das haben Sie vielleicht auch gemeint. Ganz bestimmt nehmen wir das auf, weil wir als Union der Meinung sind, dass wir eine andere Gestaltung bei der Unternehmensbesteuerung haben müssen, damit wir aus dieser schweren Coronakrise gut herauskommen.
(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Ach so, jetzt kommt die Katze aus dem Sack!)
Ein Letztes sei noch gesagt: Ich würde mir wünschen, dass auch Sie Ihre Abneigung gegen Großunternehmen und Konzerne überwinden und einfach einmal über den Tellerrand hinausschauen und die vielen Zehntausend, Hunderttausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen, die dort beschäftigt sind; auch deren Arbeitsplätze sind uns lieb und teuer.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Kollege Müller. – Jetzt spricht für die SPD-Fraktion der Kollege Lothar Binding.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7444297 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Staatshilfen für Konzerne in Steueroasen |