Carsten SchneiderSPD - Aktuelle Stunde - Verfassungsgerichtsurteil zu EZB-Anleihekäufen
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Dürr, die EZB hat ein klares Mandat.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Es ist in den Verträgen festgelegt; es ist auch bestätigt worden. Die EZB ist unabhängig. Sie tritt nicht nur mit dem Hauptsitz in Frankfurt am Main
(Beifall des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
das Erbe der Deutschen Bundesbank an, sondern steht auch in der Frage der Unabhängigkeit in der Tradition der Deutschen Bundesbank. Und wir tun gut daran, das zu akzeptieren und zu respektieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Einfluss Deutschlands auf die Europäische Zentralbank erfolgt insbesondere über die Bundesbank, durch ihren Präsidenten, der Mitglied im EZB-Rat ist, und natürlich auch über unser Direktoriumsmitglied, derzeit Frau Professor Schnabel.
Von daher stelle ich fest, dass uns die Europäische Zentralbank in den vergangenen zehn Jahren, auch im Zuge der Finanzkrise, sehr intensiv begleitet hat. Ich erinnere mich an zwei Gespräche, die im Rahmen von gemeinsamen Sitzungen des Finanz-, Wirtschafts- und Europaausschusses und einiger anderer Ausschüsse
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haushalt!)
– Haushaltsausschuss – mit Mario Draghi geführt wurden. Es ging um wichtige Punkte zum OMT-Programm.
Ich sagen Ihnen: Wenn es eine Institution innerhalb der Europäischen Union gibt, die vollständig funktioniert hat, die die Währungsstabilität garantiert hat und dafür gesorgt hat, dass wir den Euro noch haben, dann ist es die EZB und keine andere. Dafür sollten wir danken.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das hat Mario Draghi mit viel Mut, mit viel Überzeugungskraft und mit ganz wenig Geldeinsatz gemacht.
(Lachen bei der AfD)
Er brauchte nur drei Worte auf der Pressekonferenz in London: Whatever it takes. Die Entschlossenheit des Präsidenten und des Zentralbankrates hat die Finanzmärkte beeindruckt, was dazu geführt hat, dass wir keinen einzigen Cent verloren haben. Das steht im Gegensatz zu dem, was die Kollegen von der AfD hier präsentiert haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall des Abg. Petr Bystron [AfD] – Petr Bystron [AfD]: Bravo!)
Ich achte die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank genau wie die der Bundesbank. Ich achte auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Wenn ich mir das Urteil genau anschaue – Kollege Jung hat darüber referiert –, ist eines ganz klar: Es gibt keine verbotene monetäre Staatsfinanzierung. Die gibt es nicht.
(Beifall bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Die ist nicht feststellbar!)
Es wurde festgestellt: Sie hat nicht stattgefunden.
Uns wurde vom Bundesverfassungsgericht ein Auftrag gegeben – jedenfalls nach erstem Lesen; das Urteil ist ja noch nicht so alt –, mit dem wir uns in der Fraktion und auch hier im Bundestag beschäftigen werden. Wir werden den Auftrag auch umsetzen. Es geht um eine weitere Erörterung der Erwägungsgründe für die Entscheidung und insbesondere darum, welche Maßgaben und welche Erwägungsgründe bezogen auf die Grenze zwischen Geld- und Wirtschaftspolitik innerhalb der EZB eine Rolle gespielt haben. Ich bin mir sehr sicher, dass die Europäische Zentralbank ebenso wie die Deutsche Bundesbank all diese Daten, Fakten und Analysen besitzt und sie transparent machen wird und wir die Gelegenheit haben und nutzen werden, diese im Deutschen Bundestag zu erörtern.
Der Erörterungsprozess findet informell bereits statt. Ich habe mich wie viele andere Kollegen auch in der letzten Legislatur mehrfach mit Mitgliedern der Europäischen Zentralbank – Herrn Coeuré, Frau Lautenschläger, aber auch mit anderen – getroffen und mir im Vorfeld die geplanten Maßnahmen erläutern lassen. Ich habe in diesem Zusammenhang die deutsche Position, auch die der Sozialdemokratie, in den Erörterungsprozess eingebracht. Das hat nicht formell stattgefunden – vielleicht ist das der Punkt, wo es noch Änderungsbedarf gibt –, sondern es handelte sich um informelle Gespräche. Das würde ich als ersten Punkt aufgreifen. Ich füge hinzu: Wir können jederzeit wieder eine Einladung aussprechen, so wie wir damals Präsident Draghi in die Ausschüsse des Deutschen Bundestages eingeladen haben. Formell zuständig allerdings ist das Europäische Parlament.
(Beifall der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich finde, wir als Deutscher Bundestag sollten das respektieren und die Zuständigkeit des Europäischen Parlaments betonen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Ich bin der EZB und ihren Mitarbeitern, aber auch den Nationalstaaten sehr dankbar, dass wir eine kohärente Geldpolitik haben, die sicherstellt, dass das Inflationsziel von 2 Prozent erreicht wird, dass wir die Geldwertstabilität, insbesondere was unsere Währung betrifft, unorthodox und unideologisch im Blick behalten und dass wir gemeinsam mit der Bundesregierung die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. – Nächster Redner ist der Kollege Fabio De Masi, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7444492 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Verfassungsgerichtsurteil zu EZB-Anleihekäufen |