07.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 158 / Tagesordnungspunkt 21

Peter SteinCDU/CSU - Wirtschaftliche Belebung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Auswirkungen der Coronapandemie in Gesellschaft und Wirtschaft hinein sind gravierend. Deshalb haben wir Hilfsprogramme für alle Bereiche des Lebens aufgelegt. Es ist dabei keineswegs so, dass hier national oder europäisch blind subventioniert wird oder gar Firmen verstaatlicht werden sollen. Hier wird gesichert, was zu sichern ist; hier wird gerettet, was zu retten ist.

(Michael Theurer [FDP]: Da sind wir mal gespannt!)

Richtig ist: Abgerechnet werden kann der Schaden der Pandemie, aber auch der Erfolg unserer Maßnahmen, erst später. Die aktuelle Krisenlage war so, glaube ich, für niemanden vorhersehbar und sicher auch von niemandem gewünscht. Viele sind unverschuldet in eine Notlage geraten, und Bund, Länder und Gemeinden helfen, wo es geht und auch wo es nötig ist.

Ein kleines Virus, eine drohende Pandemie hat uns alle in einzigartiger Weise gefordert. Es hat eine Fahrt auf Sicht nötig gemacht und zu flexiblem Handeln aufgefordert – beides sicherlich nicht gerade eine systemische Stärke einer freiheitlichen Demokratie. Dass wir nicht in die Knie gehen, wurde überhaupt erst möglich durch eine kluge Haushaltspolitik der letzten Jahre, eine Haushaltspolitik, die von der Opposition ohne Unterlass kritisiert wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Infektionsgeschehen ist zum Glück beherrschbar geworden, und wir tun gut daran, diese Situation zu stabilisieren. Gleichzeitig erfolgt eine Analyse der zutage getretenen Schwächen: Schwächen im Bildungssystem, Schwächen im Umgang mit der Einschränkung von Freiheitsrechten, aber auch Schwächen im globalen Wirtschaftskreislauf. Anders als die FDP sehen wir durchaus einen Modernisierungsbedarf im Netzwerk unserer freien und sozialen Marktwirtschaft. Es hilft jetzt überhaupt nicht, einfach mal ein Wortgerippe einer Deklination vom freien Markt aufzulisten.

(Michael Theurer [FDP]: Es geht nicht um freien Markt! Es geht um Ordnungspolitik!)

Es ist jetzt in dieser Situation auch durchaus falsch, Einflussnahme des Staates erst einmal grundsätzlich zu verteufeln und die reine Lehre des privaten Unternehmertums als alleinigen Gegenentwurf aufzuschreiben. Freie und soziale Marktwirtschaft liegt uns von der Union in der DNA. Wir kennen aber auch die Verantwortung wie auch die Möglichkeiten, die wir mit staatlicher Einflussnahme in Regierungsverantwortung haben.

Die Coronakrise offenbart uns auch die hohe Abhängigkeit und die hohe Anfälligkeit der Wirtschaft in globalen Entwicklungen. Der Staat kann und die Regierung muss in diesem Bereich Krisennachsorge und Prävention betreiben und darf den Markt nicht nur sich selbst überlassen; denn gerade die Kräfte des globalen Marktes entsprechen nicht überall auf der Welt unseren Regeln des freien und fairen Handels. Wir sind offenbar zu einseitig abhängig von bestimmten Lieferbeziehungen, zu wenig diversifiziert; es fehlt Redundanz. Wir haben erfahren müssen, wie komplex eine sicher geglaubte Struktur reagiert, wenn eine Überforderung des Gewohnten eintritt, und das bei Massenartikeln wie Schutzmasken oder Laborpipetten. Es gibt diese Abhängigkeiten auch bei anderen Produktlinien: Medikamenten, Chemikalien oder auch Zulieferteilen im Maschinenbau.

Ja, Unternehmer treffen selbst die Entscheidung über ihre Geschäftsbeziehungen; das sollen sie auch. Das können sie besser als die Politik, und in dem Punkt waren sich Union und FDP immer einig. Politik muss aber die Rahmenbedingungen setzen und die Gültigkeit von rechtsstaatlichen Regeln international vereinbaren: über den Rechtsrahmen, über sichere Handelswege, Handelsabkommen, aber auch über Umwelt- und Arbeitnehmerstandards.

Politik muss jetzt neue Wege der Kooperation markieren, zum Beispiel mit Afrika. Dort wird die neue Diversifizierung der Handels- und Lieferbeziehungen scharfzuschalten sein. Dort entsteht der größte Binnenmarkt der Zukunft. Dort nutzen die Chinesen nicht erst seit Corona ihre ungehemmte Marktmacht, und wir müssen uns mit Sorge Gedanken darüber machen, wie sie dort nach Corona auftreten werden.

Wir treffen auf globale Konkurrenz der Staatskonzerne und staatlichen Betriebe, auf staatliche Kredite und politische Einflussnahme. Die deutsche Wirtschaft muss leistungsfähig und wirtschaftlich potent gehalten werden, um sich diesen Kräften zu stellen. Wir müssen den Rahmen immer so weit stabilisieren, dass auch zukünftig überhaupt ausreichend Spielräume für freie marktwirtschaftliche Entscheidungen bleiben. Um Wirtschaft und Sozialstaat zu sichern, braucht Politik dabei Einfluss. Dafür zu sorgen, ist aktuell unser politischer Auftrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Bernd Westphal [SPD])

Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Fritz Güntzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7444533
Wahlperiode 19
Sitzung 158
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Belebung
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