Stephan ThomaeFDP - Demokratie, Bürgerrechte und Zivilgesellschaft
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Ich danke den Grünen und dem Kollegen von Notz für die Einbringung dieses Antrages, der auch uns die Gelegenheit gibt, ein für uns wichtiges Thema in den parlamentarischen Lauf einzubringen. In der Tat ist es wichtig und notwendig, auch in diesen Tagen über Demokratie, Bürgerrechte und Zivilgesellschaft zu sprechen; denn manche wollen in der Coronakrise auch eine Demokratiekrise sehen und diese herbeireden. Eine solche haben wir gerade nicht, und das ist wichtig zu betonen.
Wir haben im Augenblick auch einen Wettstreit der Systeme weltweit, und es gibt Staaten, die wollen den Nachweis erbringen, dass autoritär geführte Staaten, dass undemokratische Systeme besser in der Lage seien, die Coronapandemie zu bewältigen. Das ist gerade nicht der Fall. Gäbe es in China eine freie Presse, gäbe es in China ein unabhängiges Parlament, dann hätte die Regierung dort nicht die Chance gehabt, so lange zu vertuschen, was sich im Dezember und Januar in Wuhan ereignet hat.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen sind autoritäre Systeme eben nicht überlegen; sie sind eher unterlegen und nachgerade gefährlich in solchen Situationen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte drei Bemerkungen machen, weshalb wir keine Demokratiekrise haben.
Die erste ist: In einem demokratischen Verfassungsstaat gibt es keinen Ausnahmezustand. Wir haben weiterhin eine Gewaltenteilung, und wir als Parlament beweisen, dass wir weiterhin die Regierung kontrollieren und kritisieren. Es ist eben keine Diskussionsorgie, wenn wir hinterfragen, was die Regierung tut. Wir kommen unserer originären Aufgabe nach, indem wir das tun.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])
Die zweite Bemerkung ist: Bei der Bewältigung der Coronapandemie, in dieser Krise gilt weiterhin das Legalitätsprinzip. Alle ausübende Gewalt ist an Recht und Gesetz gebunden; so steht es in Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Genau so ist es: Wir sind der Gesetzgeber, wir haben Recht zu setzen und das Gesetz zu schaffen, und die dritte Gewalt, die Judikative, hat das Recht auszulegen und dessen Einhaltung zu kontrollieren. Wenn wir als Legislative nach Artikel 80 Absatz 1 des Grundgesetzes in Einzelfällen der Regierung die Ermächtigung geben, durch Rechtsverordnung als Exekutive Recht zu setzen, dann muss das die Ausnahme bleiben. Wir müssen das Recht setzen. Es darf keine Aushöhlung dieser Gewaltenteilung geben, auch nicht durch Ministerpräsidentenkonferenzen als informelle Verfassungsorgane. Abstimmung ist richtig, aber sie darf nicht zur Aushöhlung der Gewaltenteilung führen.
(Beifall bei der FDP)
Der dritte Gedanke in der noch verbleibenden Zeit: Wir wahren in dieser Zeit auch die Verhältnismäßigkeit. Wir müssen prüfen, ob alles Verwaltungs- und Regierungshandeln notwendig, geeignet und angemessen ist, und dafür sorgen, dass all diese Maßnahmen auch befristet werden. Dazu brauchen wir – das ist mein abschließender Gedanke –eine Kommission, die uns dabei unterstützt. Die Regierung umgibt sich mit einer Vielzahl von Gremien und Kommissionen. Auch wir brauchen eine solche Kommission, die uns, zusammengesetzt aus Vertretern aller Disziplinen der Wissenschaft, der Medizin, der Naturwissenschaften, der Geisteswissenschaften, der Sozialwissenschaften und der Wirtschaftswissenschaft, und der Zivilgesellschaft, unterstützt, damit wir uns als Parlament den nötigen Sachverstand aneignen können und auch in einer solchen Krise als Hüter der Bürgerrechte fungieren können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat der Kollege Friedrich Straetmanns für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7444767 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Demokratie, Bürgerrechte und Zivilgesellschaft |