13.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 159 / Zusatzpunkt 1

Uwe SchummerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie

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Verehrtes Präsidium! Meine lieben Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist in der Tat ein prekärer Arbeitsbereich, über den wir heute miteinander diskutieren. Deshalb hat ja auch die Bundesregierung beispielsweise mit der Verschärfung der Generalunternehmerhaftung 2017 gehandelt. Wir haben beim Zoll das Personal sowie insgesamt die Kontrollmechanismen verstärkt.

Es gibt hier natürlich auch den Föderalismus, und ich halte den Föderalismus auch für hilfreich, auch in der Frage der Kontrolldichte, die wir weiter erhöhen müssen. Wenn nämlich die kommunale Ebene beispielsweise für den Gesundheitsschutz, für die Unterkünfte zuständig ist und die Landesebene – der Zoll, die Landesämter – für den Arbeitsschutz, dann kann die eine Ebene die andere Ebene, wenn sie nicht funktioniert, antreiben, sodass ein Wettbewerb um die Kontrollmechanismen stattfindet und nicht ein Wettbewerb im Wegsehen. Das ist der Vorteil von Föderalismus, und den sollten wir auch nutzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])

Aber Voraussetzung ist natürlich, dass diese Kontrollebenen zusammengeführt werden und wie aus einer Hand arbeiten, sodass es auch möglich ist, den Datenausgleich so zu organisieren, dass jeder von jedem weiß, wo es Missstände gibt und wo entsprechende Auffälligkeiten festgestellt wurden. Die Pandemie ist wie ein Brennglas: Man schaut stärker hin.

Es gab aber auch bereits im Oktober letzten Jahres eine Schwerpunktkontrolle in der Fleischwirtschaft in Nordrhein-Westfalen, wo bei 30 Schlachthöfen mit 90 Werkvertragsfirmen und 17 000 Beschäftigten 9 000 Verstöße festgestellt wurden. Ein Drittel dieser Verstöße waren Arbeitszeitverstöße. Ich finde, wenn wir über Digitalisierung in allen Bereichen reden, dann müssen wir beispielsweise auch über digitale Zeiterfassung sowohl bei den Paketdienstleistern als auch in der Fleischwirtschaft reden.

(Beifall des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])

Bei Schlachtbetrieben – das hat diese Kontrolle in Nordrhein-Westfalen durch Karl-Josef Laumann auch gezeigt –, die mit festangestellten Arbeitnehmern und ohne Subunternehmen arbeiten – auch die gibt es –, gab es keine Beanstandungen. Beanstandungen gab es dort, wo Werkverträge außer Kontrolle geraten. Von daher ist „Mehr Mittelstand wagen“ auch ein Stück weit eine gute Botschaft für die Fleischwirtschaft. Mit diesem „Geiz ist geil“-Motiv aus der Werbung zahlen wir einen hohen Preis – die Verbraucher, die Arbeitnehmer, aber letztendlich auch die Landwirte, die damit unter Druck gesetzt werden.

Die Selbstverpflichtung der Fleischwirtschaft von 2015, mit weniger Subunternehmen, weniger Werkverträgen und mehr Stammbeschäftigten zu arbeiten, hat bis heute keine Wirkung gezeigt. Deshalb ist es gut, dass wir in den nächsten Wochen miteinander über die Umsetzung der europäischen Entsenderichtlinie diskutieren und sie hier auch eins zu eins verabschieden wollen – ohne Abstriche.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Da sind wir aber gespannt!)

Der Grundsatz der europäischen Entsenderichtlinie lautet: gleicher Lohn für gleiche Arbeit und gleiche Arbeitskonditionen für die jeweilige gleiche Arbeit.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Märchenstunde!)

Es werden beispielsweise auch Unterkünfte für Wanderbeschäftigte, für Saisonarbeiter entsprechend miteinbezogen. Das sind Unterkünfte für die Arbeitsaufnahme. Es sind keine Ferienwohnungen. Zwischen den Unterkünften, die privat vermietet werden, und denen, die Werkswohnungen sind, sehe ich auch keine großen Unterschiede. Da müssen wir gemeinsam die Hygienestandards überprüfen, da müssen die Kontrollmechanismen funktionieren. Auch das ist Voraussetzung und auch Konsequenz dieser europäischen Entsenderichtlinie.

Es geht um den Schutz der Arbeitnehmer. Es geht in der Zeit der Pandemie auch um den Schutz der Bevölkerung, um Infektionsketten nicht neu entstehen zu lassen. Aber es geht letztendlich auch um den Schutz der Menschen in den Herkunftsländern. Wenn die Wanderbeschäftigten bzw. die Saisonarbeiter mit Corona infiziert nach Rumänien oder nach Bulgarien zurückkehren und dort auf ein marodes Gesundheitssystem treffen, dann kann dies für viele tödlich sein. Deshalb müssen wir konsequent und zeitnah handeln. Die Entsenderichtlinie gibt hierzu ein wichtiges Instrumentarium.

Karl-Josef Laumann und die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen haben schnell gehandelt und die sofortige Schließung des Schlachthofes in Coesfeld angeordnet. Es gab die klare Anweisung, die Beschäftigten aller Schlachthöfe in Nordrhein-Westfalen zu testen. Das sind über 20 000 Menschen. Es war somit die größte Testaktion gegen Covid-19 in ganz Deutschland und, ich denke, auch ein Vorbild für andere Bundesländer.

Bund und Länder müssen dieses prekäre Arbeitsfeld ordnen. Wir wollen Kontrollen wie aus einer Hand sicherstellen und die europäische Entsenderichtlinie konsequent umsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion der AfD der Kollege Stephan Protschka.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7445327
Wahlperiode 19
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
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