Jana SchimkeCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Corona ist ein ernstes Thema, ein Thema von historischer Tragweite für unser Land. Es hat uns seit Wochen lahmgelegt, fährt unsere Wirtschaft praktisch an die Wand, und wir wissen noch nicht, wie die Zukunft aussieht. Umso mehr finde ich es erschreckend, dass die Situation in den Schlachtbetrieben, die hohen Infektionsraten, die wir dort haben, jetzt von der Opposition als Mittel zum Zweck verwendet werden,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frechheit!)
die übliche Klaviatur politischer Forderungen hier erneut anzubringen,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So eine Unverschämtheit! Schämen Sie sich!)
wie wir sie schon seit Langem kennen.
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Sie können sich gerne aufregen,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich rege mich nicht auf!)
aber, meine Damen und Herren, was haben denn bitte Werkverträge oder Entlohnungsfragen mit dem Coronavirus zu tun? Nichts.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts verstanden!)
Meine Damen und Herren, wenn wir in der Coronapandemie die Infektionen verhindern wollen, wenn wir die Infektionen in Deutschland eindämmen wollen, dann müssen wir über Hygiene reden,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Schlachthöfen unter anderem!)
dann müssen wir über Abstand reden, aber nicht über Vertragsformen. Das eine hat mit dem anderen doch nichts zu tun.
(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfach wegreden das Problem – so kommen Sie nicht durch!)
An dieser Stelle, finde ich, geht es um das Prinzip unserer politischen Debatte, und es geht mir persönlich – da möchte ich bitte auch nicht falsch verstanden werden – nicht um die Bevorzugung irgendeiner Branche, sondern es geht schlichtweg darum, politische Klarheit an den Tag zu legen und auch glaubwürdig in seinen Forderungen aufzutreten.
(Zurufe von der LINKEN)
Ich finde es wirklich schlimm, dass Sie sich hier über alles Mögliche unterhalten, nur nicht über Lösungen, wie man die Menschen vor diesem Virus schützen kann, meine Damen und Herren.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht zugehört bisher!)
Mal etwas zur Klarheit: Was wissen wir eigentlich zum heutigen Tag? Wir wissen, dass es am 27. April den ersten Coronafall bei Westfleisch gab. Wir wissen auch, dass das BMAS am 16. April seinen sogenannten Arbeitsschutzstandard mit Bezug auf Corona herausgebracht hat, gut zwei Wochen vorher. Am 23. April folgten dann die ersten Handlungsempfehlungen des Landes Nordrhein-Westfalen; weitere folgten im Mai, und sie werden regelmäßig angepasst.
Was will ich damit sagen? Die politischen Standards, die wir vorgeben, natürlich auch in Beratung mit vielen Wissenschaftlern und Forschern, kommen, gemessen an dem Infektionsgeschehen, doch recht spät. Was glauben Sie denn, wie schnell so ein Unternehmen reagieren kann, die Standards, die wir politisch formulieren, am Ende auch in die betriebliche Praxis umzusetzen?
(Widerspruch bei der LINKEN)
Was darf man auch an dieser Stelle sagen? Das, worüber wir hier reden, wer die Schuld hat, woran das alles liegt, meine Damen und Herren, sind alles Vermutungen zum Infektionsgeschehen. Das kann niemand ganz genau sagen; selbst die Behörden vermuten nur.
(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Peinlich!)
Fest steht: Die Masken wurden wohl nicht richtig im Dienst getragen. Zum Transport gibt es keine validen Aussagen. Wohl hat das Unternehmen darauf geachtet, dass die Abstände eingehalten wurden; das ist aber nicht verifiziert. Es ist im Allgemeinen auch recht wenig bekannt über die Unterkünfte bei Westfleisch. Auch der Landrat des Landkreises hat gesagt, dass es überwiegend keine gravierenden Mängel gegeben hat.
Also, meine Damen und Herren, ich frage gerne noch einmal: Worüber reden wir hier eigentlich? Westfleisch hat sehr wohl auch über ein Hygienekonzept verfügt. Das war sogar behördlich abgestimmt. Der Vorwurf, den man hier machen kann – da gebe ich Ihnen sehr wohl recht –, ist der – –
(Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Entschuldigung, ich bitte, der Rednerin etwas mehr Gehör zu schenken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Präsident; vielen Dank. – Der Vorwurf, den man dem Unternehmen vielleicht machen kann, ist, dass es dieses Hygienekonzept, das es sich selbst auferlegt hat, möglicherweise nicht ordnungsgemäß geprüft und eingehalten hat. Aber das, was hier heute in der Debatte bisher zum Besten gegeben wurde, hat weder mit dem Infektionsgeschehen in Deutschland noch mit einem verbesserten Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Branche zu tun.
Jetzt ist es so: Endlich beginnen die Massentests; jetzt beginnen die Tests, die wir eigentlich schon seit Wochen in Deutschland bräuchten. Ich wäre doch mal sehr gespannt, zu erfahren, wie solche Tests in anderen Einrichtungen ausfallen würden, beispielsweise in Flüchtlingsunterkünften oder in Studentenwohnheimen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine schäbige Rede ist das, eine sehr schäbige Rede!)
Also: Was ist unser Wissensstand bei der Frage „Wo sind Infektionsherde, wie sieht es im Moment überhaupt aus, wer ist alles erkrankt, wer war schon erkrankt?“? Das wissen wir nicht.
(Ulli Nissen [SPD]: Das ist ja superpeinlich!)
Mir ist immer sehr an Sachlichkeit in so einer Debatte gelegen.
(Lachen bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der war gut! Der war gut!)
Ich finde, unsere Aufgabe ist es auch, unser politisches Handeln und unsere politischen Forderungen an der Wahrheit auszurichten. Alles andere ist schädlich und wird der Würde dieses Hauses nicht gerecht. In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Ich wünsche uns weiterhin gute Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: O si tacuisses, philosophus mansisses! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede da drüben, die holen wir im Wahlkampf wieder raus!)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der SPD der Kollege Michael Gerdes.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7445336 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 159 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie |