13.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 5

Annegret Kramp-Karrenbauer - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir, aus aktuellem Anlass eine Vorbemerkung zu machen. Sie haben sicherlich in den Medien verfolgt – die Obleute sind darüber unterrichtet worden –, dass heute Morgen die Generalstaatsanwaltschaft und das LKA Dresden nach Hinweisen durch den MAD auf dem Privatgelände eines Bundeswehrangehörigen des KSK eine Durchsuchung durchgeführt haben. Dabei wurden nach jetzigem Stand Waffen, Sprengstoff und Munition sichergestellt. Dieser Bundeswehrsoldat, der schon länger im Fokus des MAD stand, ist, wie gesagt, nach den Informationen heute dieser Durchsuchung unterzogen worden.

Ich begrüße diesen Ermittlungserfolg des MAD und der Behörden in Sachsen außerordentlich. Das ist eine enge Zusammenarbeit, die sich bewährt hat und die wir bei der weiteren Aufklärung des Vorfalles auch fortsetzen werden.

Ich will an dieser Stelle auch für alle Angehörigen der Bundeswehr ganz klar sagen: Niemand, der in radikaler Art und Weise in unseren Streitkräften auffällt, hat in der Bundeswehr Platz.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen haben wir heute unmittelbar die disziplinaren Ermittlungen eingeleitet. Dieser Soldat wird keine Uniform mehr tragen und auch keine Liegenschaft der Bundeswehr mehr betreten dürfen. Ich möchte das an dieser Stelle noch einmal ganz ausdrücklich betonen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, solche Soldaten stellen auch die Leistungen und die Werte der Männer und Frauen infrage, die für uns nicht nur hier in Deutschland, sondern an vielen Orten der Welt – auch in der Sahelzone – Leib und Leben riskieren. Die Sahelzone – das ist vorhin bei der Debatte zu EUTM schon deutlich geworden – ist eine schwierige Zone. Es ist eine gefährliche Zone; es ist eine unsichere Zone. Sie ist zunehmend eine Drehscheibe für Terroristen und für organisierte Kriminalität, und sie ist auch eine Bedrohung für unsere Sicherheit hier in Europa und hier in Deutschland.

Es ist ein gefährlicher Einsatz, in den wir unsere Soldatinnen und Soldaten schicken, und zwar unabhängig davon, ob es EUTM Mali, MINUSMA oder die bilaterale Mission Gazelle ist, die wir zusammen mit der Armee in Niger durchführen. Deswegen muss es gut überlegt sein, ob wir unsere Soldatinnen und Soldaten diesem Risiko aussetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen Sie sich diese Region an. Wenn man mit dem Verteidigungsminister von Niger spricht, dann sagt er einem, dass dieses Land, zurzeit eines der ärmsten in der Welt, zeitgleich an fünf seiner Außengrenzen von fünf unterschiedlichen, grenzüberschreitend tätigen und sehr miteinander vernetzten terroristischen Gruppen attackiert wird, was nichts anderes bedeutet, als dass Soldatinnen und Soldaten der eigenen Armee und der internationalen Kräfte angegriffen werden; darüber hinaus wird die Zivilbevölkerung – vor allen Dingen auch Frauen und Mädchen – massakriert. Viele Kinder werden daran gehindert, zur Schule gehen zu können. Dann kann ich nur sagen: Alles, was wir in dieser Region tun, jeder Terroranschlag, den wir durch unseren Einsatz verhindern, und jedes Leben eines Mädchens, das wir retten, ist es wert, dass wir uns dort einsetzen; denn es macht das Leben der Menschen vor Ort lebenswerter, schwächt den Terrorismus und macht damit auch unsere Region hier sicherer.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir tun dies mit Blick auf EUTM Mali mit folgendem Ansatz: Die Bundeswehr wird die Ausbildung für die malische Armee mit dem neuen Mandat jetzt in einer veränderten Form durchführen, in einer eigens dafür aufzubauenden Militärschule und durch ein sehr viel stärkeres Begleiten und Beraten als bisher. Das ist genau die Methode, die wir im Rahmen der Mission Gazelle im bilateralen Verhältnis zu Niger angewandt haben und die dort dazu geführt hat – der Generalinspekteur war erst vor Kurzem in Niger und hat sich die Ergebnisse angeschaut –, dass es ein erheblich gesteigertes Maß an Resilienz der nigrischen Armee gibt, die nun in der Lage ist, auch Terroristen, bewaffneten Aufständischen und anderen Gruppen die Stirn zu bieten. Wir ergänzen dies durch den Ansatz von MINUSMA, einem Mandat, mit dem wir den Friedensprozess bzw. das Friedensabkommen absichern, indem wir vor allen Dingen Kräfte für boden- und luftgestützte Aufklärung einsetzen und durch den Lufttransportstützpunkt in Niamey in Niger den Lufttransport von Patienten und damit die logistische Unterstützung auch für unsere Partner sichern.

Deutschland ist bei MINUSMA eine Anlehnnation für Soldatinnen und Soldaten aus Belgien, aus Dänemark, aus Estland, aus Irland, aus Litauen, aus den Niederlanden und aus der Schweiz. Sie sind in das deutsche Kontingent integriert, und deswegen ist die Forderung, diesen Einsatz zu beenden, eine ganz klare Absage an die Verantwortung, die Deutschland in der Welt trägt – gerade im Moment auch durch unsere Position im UN-Sicherheitsrat –, und eine klare Absage an andere Nationen, die sich bei diesem Einsatz auf uns verlassen. Deswegen ist es wichtig, dass wir diesen Einsatz fortsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mit diesen drei Missionen werden wir die Möglichkeit haben, einen Raum zu definieren, den wir so absichern, dass er zumindest die Grundvoraussetzung dafür bietet, dass ziviles Leben wieder entstehen kann,

(Gerold Otten [AfD]: Das haben Sie bei Afghanistan auch erzählt!)

dass Kinder in die Schule gehen können und dass wieder ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Leben entstehen kann. Dadurch schaffen wir die beste Resilienz einer Zivilgesellschaft, die man erreichen kann, um den Anwerbeversuchen von Terroristen zu begegnen.

Zum Terrorkampf gehört mehr als nur das militärische Agieren. Dazu gehört auch, dass man den Terroristen den Nährboden entzieht, und genau das machen wir mit dem militärischen, aber auch mit dem zivilen Ansatz in der Sahelzone. Deswegen wollen wir ihn mit fortsetzen, auch wenn wir wissen: Das ist ein gefährlicher Einsatz, der uns noch eine ganz geraume Zeit fordern wird und unseren Soldatinnen und Soldaten vieles abverlangt. Zurzeit herrschen in Gao Temperaturen von 46 Grad. Dort ist Quarantäne einzuhalten, damit wir den Covid-19-Virus nicht in ein Land mit einem schwachen Gesundheitssystem, wie dem in Mali, einschleppen.

Dass wir diese Interessen unserer Soldatinnen und Soldaten immer auch im Blick haben und hatten, ist auch das Verdienst der Wehrbeauftragten, insbesondere des jetzigen Wehrbeauftragten, Herrn Dr. Bartels, dem ich bei dieser Gelegenheit noch einmal ganz herzlich auch im Namen der Soldatinnen und Soldaten für seine Arbeit und seinen Einsatz danken möchte. Gleichzeitig möchte ich Frau Kollegin Högl – ich sehe sie hier – als seiner Nachfolgerin auch alles Gute im Namen der Soldatinnen und Soldaten und eine gute Hand für unsere Zusammenarbeit wünschen.

(Gerold Otten [AfD]: Sie ist nicht hier! Wo ist sie denn? Drei Mandate hier heute, und die zukünftige Wehrbeauftragte ist nicht hier! – Gegenruf der CDU/CSU: Doch!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Annegret Kramp-Karrenbauer. – Nächster Redner: Armin-Paulus Hampel für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7445368
Wahlperiode 19
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
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