13.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 5

Christoph MatschieSPD - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu Beginn noch mal klarstellen, warum wir mit der Bundeswehr in Mali sind, warum wir uns in der Sahelregion engagieren: nicht weil wir Frankreich einen Gefallen schulden, sondern weil es unser eigenes Interesse und das Interesse der internationalen Gemeinschaft ist, dass Staaten nicht zerfallen. Zerfallene Staaten sorgen nämlich dafür, dass sich Terror und Kriminalität ausbreiten und die Sicherheit der gesamten Region und letztendlich auch die europäische Sicherheit bedrohen. Das ist der Grund, warum wir uns dort engagieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

MINUSMA ist als UN-Mission dort eingesetzt worden, um die Umsetzung des Friedensvertrages, der zwischen den Beteiligten vorher verabredet worden war, zu unterstützen, und zwar auf Bitten der malischen Regierung. Wir kommen hier nicht von außen und sagen: „Wir stülpen euch eine Lösung über“, sondern wir sind auf Bitten der malischen Regierung da, um den Friedensprozess in Mali zu unterstützen.

Ja, man muss auch offen eingestehen: Trotz jahrelangem Engagement sind die Probleme dort nicht gelöst. In Teilen haben die gewalttätigen Aktionen zugenommen, haben terroristische Aktivitäten zugenommen, und sie weiten sich auf weitere Staaten aus. Wir sind hier in einem echten Dilemma. Angesichts dieses Dilemmas stellt sich die Frage: Wo liegen die Gründe dafür, und ist ein Rausgehen hilfreich, oder richtet es noch mehr Schaden an?

Ich bin im Januar in Burkina Faso gewesen; denn dieser Konflikt hat inzwischen längst den Norden Burkina Fasos erreicht. Dort kann man genau beobachten, was sich vollzieht. Der Staat hat sich aus dem Norden zurückgezogen, nachdem er schon jahrelang die Entwicklung dort vernachlässigt hatte. Die Armee hat sich auf wenige Stützpunkte zurückgezogen. Weil keine Sicherheit mehr da war, ist die öffentliche Verwaltung aus dieser Region zum Teil verschwunden. Die Schulen haben zugemacht. In dieses Vakuum stoßen dann militärische Gruppen, terroristische Gruppen, zum Teil organisierte Kriminalität, um die Staatlichkeit dort zu ersetzen und junge Leute für sich zu rekrutieren. Das ist der Teufelskreis, in dem solche Staaten stecken.

Diesen Teufelskreis kann man nicht durchbrechen, wenn man das staatliche Gewaltmonopol nicht wiederherstellt. Nun bin ich mir auch im Klaren darüber, dass wir das nicht einfach mit MINUSMA erreichen können, dass man nicht einfach von außen sozusagen die Staatlichkeit ersetzen kann. Wir können das Handeln dieser Staaten nicht ersetzen. Aber wir können sie in ihrem Handeln unterstützen. Darum geht es bei der europäischen Trainingsmission EUTM Mali, über die wir schon vorhin geredet haben, und darum geht es auch bei MINUSMA.

Klar ist aber auch: Allein militärisch gibt es keine Lösung. Wir brauchen politische Lösungen, und wir brauchen die Unterstützung von Entwicklungen in diesen Regionen; denn junge Leute schließen sich terroristischen Gruppen an, weil sie keine Perspektiven haben, weil es keine Ausbildung gibt, weil es keine Schulen gibt, weil es keine Jobs gibt, weil sie nicht wissen, wie sie ihr Leben gestalten und wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen können.

Deshalb ist es wichtig, politische Lösungen zu unterstützen, Verhandlungslösungen dort, wo sie möglich sind, zu erreichen – einiges zeichnet sich ab –, aber auch die Anstrengungen der Entwicklungsarbeit zu verstärken, um insbesondere jungen Menschen eine andere Perspektive zu geben und zu zeigen: Die internationale Gemeinschaft ist nicht nur da, um militärische Sicherheit zu unterstützen, sondern sie ist dafür da, das Leben von Menschen in dieser Region zu verbessern.

Deutschland hat hier in den letzten Jahren eine ganze Menge investiert, nicht nur in MINUSMA. In dieser Zeit hat Deutschland weit über 500 Millionen Euro für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben. Diese Anstrengung muss jetzt in den kommenden Jahren verstärkt werden, gemeinsam mit der Suche nach politischen Lösungen. Vorerst aber bleibt MINUSMA wichtig als ein Stabilitätsanker, als eine Unterstützung für die Regierung in der Region. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu diesem Mandat.

Zum Schluss. Ich will allen Soldatinnen und Soldaten, die dort in einem harten Einsatz sind, ein ganz großes Dankeschön sagen. Bleiben Sie gesund, und kommen Sie heil nach Hause!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Christoph Matschie. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Jens Beeck.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7445370
Wahlperiode 19
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta