Eckhardt RehbergCDU/CSU - Vorsorgliche Kreditlinie des ESM
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen Kollegen! Deutschland ist solidarisch und sich seiner Verantwortung für ein vereintes Europa bewusst. Kollege Boehringer, Deutschlands Wohlstand, Millionen Arbeitsplätze in Deutschland
(Peter Boehringer [AfD]: Hängen von der EU ab!)
hängen von Europa ab.
(Beifall des Abg. Carsten Körber [CDU/CSU])
60 Prozent unseres Exportes gehen in den Euro-Raum.
(Zuruf von der AfD: Stimmt doch gar nicht!)
Deswegen: Wenn Sie sich in einer antieuropäischen, nationalistischen Art und Weise für deutsche Arbeitsplätze einsetzen,
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Schäbig war das!)
dann sage ich Ihnen: Das Fundament in der Zukunft für Hunderttausende, für Millionen Arbeitsplätze in Deutschland ist Solidarität, ist Zusammenhalt in Europa.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Deutschland hat Solidarität bewiesen, und auch die Mechanismen des letzten Jahrzehnts haben dazu geführt, dass Länder wie Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern wieder auf einen wirtschaftlichen Wachstumspfad kommen konnten; teilweise war das Wachstum höher als in Deutschland.
Wir haben jetzt eine Krise. Sie ist symmetrisch und nicht von den Mitgliedstaaten verschuldet worden. Aber anders als vor zehn Jahren wird kein Staat Probleme mit der Schuldentragfähigkeit haben. Wir müssen sehen – ich glaube, das gilt es auch einmal zu würdigen –: Das ist auch Ergebnis unserer europäischen Solidarität. Die Marktzinsen sind auch dank der guten deutschen Bonität überall in Europa niedrig. Deutschland ist der Ankeremittent von Staatsanleihen. Der Euro ist auch wegen der Stärke der deutschen Volkswirtschaft eine stabile und harte Währung. Deutschland ist mit rund 27 Prozent am Kapital des ESM sowie mit 18 Prozent am Kapital der EIB beteiligt, und Deutschlands Anteil am EU-Haushalt beträgt nach dem Brexit 25 Prozent.
(Abg. Dr. Bruno Hollnagel [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Kollege Rehberg, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung aus der AfD-Fraktion?
Nein. Ich habe Prinzipien, liebe Kolleginnen und Kollegen; deshalb schlichtweg: Nein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Corinna Miazga [AfD]: Toller Demokrat!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich den AfD-Antrag mal in Ruhe durchlesen, stellen Sie fest: Die AfD will die Rettungsschirme ESM und EFSF abschaffen. Wissen Sie, was Sie damit bewirken? Eine Kernschmelze in Europa! Und Sie bewirken damit, dass gerade die Länder, die es schwerer haben als Deutschland, noch tiefer in die Krise geraten. Ich habe zu Beginn schon deutlich gemacht, was das bedeutet. Mich lassen die Zehntausenden Toten in Italien nicht ruhig zuschauen. Was Sie provozieren, wenn wir den ESM und den EFSF einstellen würden, ist, dass diese Staaten förmlich implodieren würden.
(Dr. Harald Weyel [AfD]: Lächerlich!)
Die Bilder, die Sie damit produzieren wollen, Ihre antieuropäische Haltung – das sage ich, glaube ich, für alle anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag –, das ist nicht der Geist, der in Deutschland zu Europa herrscht.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Bundesfinanzminister Scholz hat es ausgeführt: Wir haben drei Teile: SURE – also das Kurzarbeitergeld –, 200 Milliarden Euro bereitgestellt durch die Europäische Investitionsbank und die Möglichkeit – das kann jeder Staat selber entscheiden –, das ESM-Instrument der ECCL in Anspruch zu nehmen.
Erste Bemerkung. Der Deutsche Bundestag ist beteiligt. Wir entscheiden heute im Grundsatz, dass der deutsche Vertreter diesem Programm morgen zustimmen kann. Über Anträge jedes einzelnen Landes, das dies in Anspruch nehmen will, werden wir im Deutschen Bundestag entscheiden, und wir werden danach als Haushaltsausschuss in Abständen zu den entsprechenden Kontrollen der europäischen Institutionen Stellung nehmen oder nicht und das sogar möglicherweise im Deutschen Bundestag, wenn notwendig, behandeln.
Es gibt da eine Konditionalität, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich rate nur jedem, sich die Anlage 7a und den Mustervertrag durchzulesen. Ich halte es persönlich für sehr richtig, dass die Konditionierung jetzt auf die Überwindung der Coronakrise ausgerichtet ist. Ich glaube, das ist in dieser Stunde das Entscheidende. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir hier dem Bundesfinanzminister Prokura geben, morgen im ESM-Gouverneursrat zuzustimmen, so glaube ich, ist das der richtige Weg.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine zweite Bemerkung machen, zum EU-Haushalt und zum Recovery Fund. Ja, ich glaube, es ist richtig und wichtig, dass wir hier schnellstmöglich eine Entscheidung über den mittelfristigen Finanzrahmen herbeiführen. Ich weise aber – und ich mache das nicht zum ersten Mal – an dieser Stelle darauf hin, dass auch die Europäische Kommission mit ihren Strukturen gefordert ist. Herr Minister Scholz, es kann nicht sein, dass wir in dieser Förderperiode fast 1 Billion Euro im EU-Haushalt haben, dass – Stand heute – fast 300 Milliarden Euro der Mittel gebunden, aber nicht umgesetzt sind. Ich finde: Das ist im letzten Jahr der Förderperiode nicht akzeptabel.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Was den Recovery Fund angeht, bin ich völlig bei Ihnen: angekoppelt an den EU-Haushalt und konditioniert. Aber bitte sorgen Sie dann dafür, dass das Geld auch umgesetzt wird. Geld, das irgendwo in Brüssel rumliegt, hilft weder in Italien, Spanien, Frankreich, Portugal noch sonst wo. Deswegen wird es darauf ankommen, nicht nur Geld ins Schaufenster zu stellen, sondern auch Mechanismen der Umsetzung zu beachten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])
Ich erteile dem Abgeordneten Hollnagel das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7445978 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 160 |
Tagesordnungspunkt | Vorsorgliche Kreditlinie des ESM |