Dennis RohdeSPD - Vorsorgliche Kreditlinie des ESM
Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei all dem, was wir in dieser Debatte, aber auch in der Debatte davor hören mussten, finde ich, muss man eines an dieser Stelle noch mal deutlich machen: Man kann nicht negieren, dass das Virus Europa mit voller Härte getroffen hat. Man kann die Bilder aus der Lombardei, aus dem Elsass oder aus dem Großraum Madrid nicht negieren. Wir waren zum Handeln aufgefordert, und diejenigen, die das leugnen, schließen sich Verschwörungstheoretikern an, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU] und Kersten Steinke [DIE LINKE])
Wir alle mussten erhebliche Einschränkungen für unser tägliches Leben in Kauf nehmen. Europaweit wurden harte Maßnahmen ergriffen, die uns auch wirtschaftlich getroffen haben. Aber Stand heute: Es ist uns in Deutschland gelungen, unser Gesundheitssystem nicht an die Belastungsgrenze zu führen. Das ist zunächst einmal ein Erfolg jeder Bürgerin und jedes Bürgers dieses Landes, all derer, die sich an die Regeln gehalten haben.
(Beifall bei der SPD)
Und doch ist uns klar: Die wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie sind immens. Bundesregierung, Bundestag, die Länder – wir alle haben früh und entschlossen gehandelt, und dieses Handeln hat viele Existenzen gesichert. Es hat Familien Perspektiven gegeben, und es hat Arbeitsplätze vor dem Abbau geschützt.
Aber die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind nicht national. Wir als Bundesrepublik Deutschland haben auch eine europäische Aufgabe und stehen vor einer europäischen Herausforderung. Diese Pandemie, für die keiner etwas kann, ist auch ein Testfall für die Solidarität und für die Entschlossenheit der europäischen Gemeinschaft.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir erreichen heute einen Meilenstein – einen Meilenstein einer gemeinsamen europäischen und solidarischen Antwort auf die Coronakrise. Wir nutzen – es ist mehrfach gesagt worden – die vorhandenen Möglichkeiten, die uns der ESM bietet, um Staaten gezielt ein Angebot zur Finanzierung ihrer vielfältigen Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu machen. Die Hilfen sind nicht grenzenlos. Sie sind begrenzt auf 2 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts. Das sind auch für angeschlagene Länder zweistellige Milliardenbeträge, über die wir hier reden.
Die Vorteile, die der Weg über den ESM bietet, liegen doch auf der Hand. Es ist ein Instrumentarium, das schnell einsetzbar und effektiv ist. Wir brauchen keinen umfangreichen zusätzlichen Ratifizierungsprozess. Wir sparen Zeit – Zeit, die wir in der Krise auch nicht haben. Und der ESM sichert uns Mitspracherechte; die parlamentarischen Rechte sind gewahrt. Wenn wir über konkrete Maßnahmen sprechen, wird der Deutsche Bundestag wieder beteiligt werden.
(Beifall bei der SPD)
Dass wir heute über ein konkretes Ergebnis diskutieren, dass wir heute über eine konkrete Maßnahme reden können, ist, finde ich, angesichts der Debatte in den letzten Wochen ja auch keine Selbstverständlichkeit. Wenn man sieht, mit welch teilweise grob unterschiedlichen Vorstellungen die einzelnen Mitgliedstaaten in diese Debatte gegangen sind, dann, finde ich, darf man an dieser Stelle auch mal den Bundesfinanzminister loben, dem es gelungen ist, die Fäden in der Hand zu halten und die divergierenden Interessen zusammenzuführen. Ich finde, das ist eine beachtenswerte Leistung, die man hier auch mal herausstellen kann.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Steffel [CDU/CSU])
Nun ist das Programm über den ESM nicht der einzige Pfeiler. Wir helfen kleinen und mittleren Unternehmen über die Europäische Investitionsbank. Wir hoffen, Herr Minister, dass es schnell eine Einigung zum europäischen Kurzarbeitergeld geben wird, damit dieses Instrument, das wir in Deutschland als erfolgreiches Instrument kennen, auch anderen Staaten in dieser Krise helfen kann und helfen wird.
Für uns ist klar: Danach darf nicht einfach Schluss sein. Wir müssen den europäischen Wiederaufbau genauso konsequent vorantreiben wie ein deutsches Konjunkturpaket, und zwar ausdrücklich aus Solidarität, damit Arbeitsplätze erhalten werden und Familien ihre Existenz gesichert wissen, aber natürlich auch aus eigenem Interesse. Kollege Rehberg hat es gesagt: 60 Prozent unserer Exporte gehen in den europäischen Binnenmarkt. – Unsere Industrie ist in großem Maße auch auf Zulieferer, zum Beispiel aus Norditalien, angewiesen. Andere europäische Industrien sind wiederum auf unsere Industrie als Zulieferer angewiesen. Diese vernetzte Wirtschaft Europas werden wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, nur dann wieder genesen lassen können, wenn Europa in Gänze wieder auf die Beine kommt, und das ist die Aufgabe, vor der wir stehen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Florian Oßner [CDU/CSU] und Otto Fricke [FDP])
Deshalb ist im nächsten Debatten-Step ein europäisches Konjunkturpaket in vielerlei Hinsicht notwendig. Es ist für uns Sozialdemokraten ausdrücklich wünschenswert. Die SPD-Fraktion wird in den kommenden Wochen in Unterstützung ihres Ministers mit Entschlossenheit dafür eintreten.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Steffel [CDU/CSU])
Vielen Dank, lieber Kollege Rohde. – Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. André Berghegger.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Petry [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7445986 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 160 |
Tagesordnungspunkt | Vorsorgliche Kreditlinie des ESM |