14.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 160 / Tagesordnungspunkt 12

Susann RüthrichSPD - Rechte von Kindern in der Corona-Krise

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So, dann kommen wir mal wieder zur Sache.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die Rechte von Kindern gerade in der Krise nicht beachten, dann brauchen wir auch an Sonntagen nicht mehr darüber zu reden. Kinderrechte, wie im Übrigen alle Rechte, gelten doch nicht nur dann, wenn es gerade passt oder bei gutem Wetter, sondern auch dann, wenn es stürmt. Unzweifelhaft sind wir gerade in stürmischen Zeiten. Den antragstellenden Fraktionen danke ich daher, dass sie Kinderrechte zum Thema machen und deutlich machen, welche Rechte Kinder haben.

Was mich allerdings ein bisschen wundert, ist der Grundton der Anträge: als würden die Landesregierungen, die Bundesregierung und wir alle hier es nicht gemeinsam so sehen, dass die Kinderrechte zu stärken sind!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dazu haben wir doch in der Kinderkommission in der letzten Woche Vorschläge gemacht – zumindest mit fast allen Fraktionen. Viele Forderungen, beispielsweise nach Kita- und Schulöffnungen, werden jetzt in den Ländern umgesetzt. Viele Kitas und Schulen öffnen wieder. Dabei wird genau mit dem Recht der Kinder auf Bildung und Teilhabe argumentiert. Daher vielen Dank an alle, die sich unter den jetzt wirklich schwierigen Bedingungen um unsere Kinder kümmern und für sie da sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Um es also noch einmal ganz klar und deutlich zu sagen: In dem Ziel, die Kinder und ihre Rechte gerade jetzt nicht zu übersehen, sind wir uns vollkommen einig.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ja, vor einigen Wochen konnte man noch den Eindruck gewinnen, dass das einzig wichtige Expertinnen- und Expertenwissen das von Virologinnen und Virologen ist, vielleicht noch abgewogen gegen die Einschätzung von Ökonominnen und Ökonomen. Doch das Bild wird erst rund, wenn auch Psychologinnen und Psychologen, Erzieherinnen und Erzieher, Kinderärzte und Kinderärztinnen usw., aber vor allem die Kinder selbst gehört werden. Eine ganze Generation, die stumm gemacht wird, das ist nicht kindgerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich will, dass unsere Ratgebenden ein Spiegel für die ganze Vielfalt der Gesellschaft sind. So mancher Kommentar hat mich da arg verwundert. So war zu hören: Die Kinder früher – also auch wir – hatten ja auch keine Kita. Hat es ihnen geschadet? Diese Frage kann ich natürlich nicht seriös beantworten; ich weiß aber ziemlich sicher, dass – anders als in den letzten Wochen – die Kinder damals mit ihren Freunden draußen spielen konnten, dass die Spielplätze und Parks offen waren, dass sie zum Spielplatz, zum Sportverein, zum Zeltlager konnten.

Ich finde, dass heute frühkindliche Bildung völlig zu Recht mehr im Fokus steht; denn die Kinder starten eben nicht alle vom gleichen Punkt. Wir nehmen es nicht hin, dass aus Armutserfahrung Bildungsarmut wird. Ungerechtigkeiten vertiefen sich, wenn Kinder allein auf das häusliche Lernen beschränkt werden. Die Folgen von Kinderarmut werden jetzt noch deutlicher. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben deshalb ein Konzept zur Kindergrundsicherung erarbeitet, mit dem Kinderarmut überwunden werden kann und mit dem jedes Kind sich einbringen kann, teilhaben kann, mobil sein kann.

Als weitere Stichworte nenne ich „Integration“, „Inklusion“. Kinder mit besonderen Bedürfnissen nach Unterstützung, nach Förderung müssen jetzt in den erarbeiteten Konzepten gleichwertig vorkommen. Wir sind also nicht in der Debatte des Ob, sondern eher des Wie: Wie kann es gehen, dass alle Kinder verantwortungsvoll in ihrem Recht wahrgenommen und bedacht werden?

Das Leben von Kindern findet aber nicht nur in den Kitas, bei den Tagesmüttern und ‑vätern oder in den Schulen statt, sondern eben auch in Verbänden, Vereinen, Initiativen, Freizeitstätten, in Freiräumen, die die Kinder und Jugendlichen selbst gestalten können; lassen Sie uns bitte auch diesen Bereich nicht übersehen.

Viele weitere Aspekte sind in Zeiten von Corona, waren aber auch schon davor und sind auch danach wichtig. Kinderschutz wurde schon angesprochen, Schutz für Kinder, die – leider – häusliche Gewalt erleiden. Aber auch Digitalisierung will ich nennen, die jetzt beim Lernen häufig ein Segen ist, aber im Hinblick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt auch allzu oft unsichere Räume schafft. Wir müssen darüber reden.

Mich bedrückt das Missverhältnis zwischen den Tausenden wirtschaftlich notwendigen Erntehelferinnen und Erntehelfern und den Kindern, die auf griechischen Inseln als Flüchtlinge unter erbärmlichen Bedingungen ausharren und die nicht einreisen dürfen. Da frage ich mich: „Stimmen unsere Prioritäten?“, und ich denke, leider nein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

An der Stelle möchte ich bitte den Blick auf die Situation der Kinder noch weiter stärken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, gerade hier wird wieder deutlich, wie wichtig es ist, die Kinderrechte im Grundgesetz mit allen anderen Grundrechten auf Augenhöhe zu bringen – damit sie in allen Abwägungen gleichberechtigt einbezogen werden. Da haben wir noch etwas zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rüthrich. – Der nächste Redner ist für die FDP-Fraktion der Kollege Matthias Seestern-Pauly.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7446000
Wahlperiode 19
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Rechte von Kindern in der Corona-Krise
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