15.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 28

Martin SichertAfD - Arbeitszeit und Prämie in der Pflege

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Bundestagsabgeordnete haben eine Vorbildfunktion und eine gewaltige Verantwortung gegenüber 83 Millionen Menschen in Deutschland. Je länger ich diesem Parlament angehöre, umso mehr habe ich das Gefühl, dass den meisten von Ihnen diese Verantwortung leider nicht bewusst ist.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt der Richtige! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das sagen ausgerechnet Sie? Ich erinnere an einige Ihrer Reden!)

Knapp 100 Milliarden Euro Steuereinnahmen fehlen allein in diesem Jahr durch die von der Regierung verursachte Wirtschaftskrise. Das sind über 2 000 Euro, die jeder Steuerzahler extra zahlen werden muss. Machen wir uns nichts vor. Es gibt nur zwei Lösungen: entweder noch höhere Steuern, wie es die SPD heute vorschlägt, oder eine Ausweitung der Geldmenge, bei der die Bürger durch Entwertung des Geldes in Form einer Inflation zahlen. So oder so sind immer die fleißigen Werktätigen die Dummen; denn jeder Cent, den wir hier ausgeben, muss von diesen erst erwirtschaftet werden.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der LINKEN: Das sagen die Richtigen!)

Aber wir reden hier im Bundestag ständig darüber, wie man noch mehr Steuergeld ausgeben kann. Hier sind es nun die Linken, die, wie übrigens auch die Grünen und die Regierung, den Beschäftigten im Gesundheitswesen eine Einmalzahlung auf Kosten der Steuerzahler geben wollen.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Es geht um Arbeitsbedingungen! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die haben es auch verdient!)

Immer mehr Geld auszugeben, obwohl wir schon die höchste Steuer- und Abgabenlast weltweit – ich betone: weltweit – haben, ist absolut verantwortungslos. Wenn Sie die Leistungsträger noch mehr schröpfen, werden noch mehr das Land für immer verlassen und unser Wohlstand geht mit diesen Leistungsträgern.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Auch wenn Sie es jeden Tag erzählen, wird es nicht richtiger! Gucken Sie zum Beispiel nach Belgien!)

Sie ruinieren mit Ihrer Politik Deutschland und stürzen Millionen in Armut. Das ist absolut verantwortungslos.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Psychologisch nennt man das „Projektion“, was Sie da betreiben!)

Genauso wie übrigens der Umgang mit den Pflegekräften. Sie reden hier alle von Schutz, von Respekt und von Würdigung, aber Ihr Verhalten ist absolut respektlos. Kaum ein Abgeordneter der Parteien, die den Menschen Mundschutz verordnen, trägt selbst einen, und den Mindestabstand hält auch kaum einer ein.

(Widerspruch bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestern haben Sie es auf die Spitze getrieben. Zur ersten namentlichen Abstimmung haben Hunderte Abgeordnete Gruppenkuscheln in der Abgeordnetenlobby gespielt. Einen Mindestabstand hat da niemand eingehalten. Von den circa 300 Abgeordneten, die sich auf engem Raum drängten, trugen vielleicht zehn einen Mundschutz.

(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Fragen Sie mal die Fahrer vom Fahrdienst, wie viele Abgeordnete sich ohne Mundschutz reinsetzen!)

Es gibt für dieses Verhalten nur zwei mögliche Antworten: Entweder haben Sie überhaupt keinen Respekt vor den Pflegekräften, die am Ende die Mehrbelastung haben, wenn Sie erkranken, oder Sie verhöhnen die ganze Bevölkerung mit den Coronamaßnahmen, da Sie augenscheinlich der Auffassung sind, dass Corona völlig harmlos ist, wenn Sie sich zu Hunderten auf engem Raum ohne Abstand und ohne Mundschutz unterhalten.

(Marianne Schieder [SPD]: Ihre Leute sitzen ohne Abstand im Ausschuss! Ihre Leute, sonst keiner! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eine gutes Beispiel für die Verdrehung der Tatsachen, das Sie liefern!)

Wollen Sie noch mehr Beispiele haben? Ich gebe Ihnen gerne noch mehr Beispiele:

Während Sie die Existenz von Zehntausenden Gastwirten ruinieren, konnte man in den letzten Wochen in der Bundestagskantine ohne Mundschutz vor Ort essen.

(Marianne Schieder [SPD]: Wie isst man mit Mundschutz?)

In der Bundestagscafeteria hier im Reichstag tragen weder die Mitarbeiter noch die Abgeordneten Mundschutz. Jeder kann sich dort zu jedem gesellen und weniger als 1 Meter voneinander entfernt gegenüber am selben Tisch essen.

(Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Wissen Sie das Thema, worüber Sie reden sollen? – Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Thema verfehlt!)

Wie abgehoben muss man eigentlich sein – dass Sie abgehoben sind, zeigen schon die ganzen Zwischenrufe hier –, um Verbote für Millionen von Menschen zu erlassen und sich selbst nicht daran zu halten?

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ich würde sagen: Ab in die „heute-show“!)

Wer sich so verhält, der ist sicher nicht aus der Mitte der Gesellschaft, sondern der tritt die Leistungen der Pflegekräfte mit Füßen.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Die Menschen in der Pflege werden sich freuen, wenn sie Ihre Rede hören!)

Den Gürtel enger schnallen, die Zügel locker lassen und selbst Vorbild sein – das müsste in der Krise die Aufgabe jedes Repräsentanten des Staates sein.

(Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Tun wir doch!)

Absolut falsch hingegen ist die momentane Dekadenz. Es fehlt nur noch, dass die Bundeskanzlerin sagt: Wenn das Volk sich kein Brot leisten kann, dann soll es doch Kuchen essen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Jahrhundertrede!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der allgemeinen Unruhe, die eingetreten ist, sage ich noch einmal: Hier darf jeder Redner das sagen, was er für richtig hält, solange es keine Straftat beinhaltet.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Indemnität!)

Ich möchte auf Folgendes hinweisen – dazu bin ich als Präsident verpflichtet –:

Zunächst, Herr Kollege, die einzige Fraktion, von der bekannt ist, dass sie Abstände nicht einhält und keinen Mundschutz trägt, ist die AfD-Fraktion,

(Beifall bei der der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die ihrerseits erklärt, die Krise sei zu Ende.

Ich weise nachdrücklich darauf hin, dass, jedenfalls in den Liegenschaften des Deutschen Bundestages, soweit die Verwaltung damit beschäftigt ist, die Abstandsregeln und die Hygienevorschriften eingehalten werden. Insofern weise ich Ihre Behauptung zurück, dass in der Kantine beispielsweise die Abstandsregeln nicht eingehalten werden. Wir sorgen dafür, dass die Mitarbeiter den notwendigen Schutz erhalten.

(Martin Sichert [AfD]: In der Cafeteria ist kein Mundschutz!)

Und was die „Rudelbildung“ angeht – Sie sehen das hier im Plenarsaal –, ist jedenfalls verschiedenen sitzungsleitenden Präsidenten aufgefallen, mir persönlich auch, dass Ihre Fraktion eher zur Rudelbildung neigt als andere. Insofern weise ich es zurück, dass die Abgeordneten ihrer Verantwortung nicht gerecht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Ich kann Ihnen ein Video zeigen, das wahrscheinlich von Anhängern Ihrer Fraktion oder Ihrer Partei ins Netz gestellt worden ist. Da können Sie sehen, dass bei der Abstimmung in der Westlobby die Abgeordneten der AfD-Fraktion besonders aufgefallen sind dadurch, dass sie keinen Abstand eingehalten haben.

(Zuruf von der LINKEN: Kein Abstand, kein Anstand!)

Ich bin gerne bereit, Ihnen das zu dokumentieren.

Als nächste Rednerin hat für die SPD-Fraktion die Kollegin Gabriele Hiller-Ohm das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7446401
Wahlperiode 19
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Arbeitszeit und Prämie in der Pflege
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