15.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 161 / Tagesordnungspunkt 31

Katrin BuddeSPD - Gesetz über die jüdische Militärseelsorge

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ungefähr hundert Jahre her, dass die letzten Militärrabbiner Dienst in den deutschen Streitkräften leisteten, und es ist gut, dass es heute so weit ist, dass wir über die jüdische Militärseelsorge in der Bundeswehr reden, dass es einen Vertrag gibt und dass das gesetzlich untersetzt wird. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir eine sehr große Mehrheit in diesem Parlament finden, die diesen Gesetzentwurf verabschieden wird.

Ich freue mich auch, dass wir gerade in diesem Jahr, 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und 75 Jahre nach dem Holocaust, diesen Vertrag endlich haben und auch gesetzlich unterlegen können. Ich will mich da auf keinen Fachstreit einlassen; aber ich glaube, dass die Jüdinnen und Juden als wehrunwürdig erachtet wurden während des Zweiten Weltkrieges, dass sie eben nicht dienen durften

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Das stimmt nicht!)

und dass sie auch gar keine Staatsbürgerschaft mehr hatten.

Ich glaube eher, dass es schwierig ist, das Lob hier zu hören von Ihrer Seite, von einer Fraktion, einer Partei, die den Nationalsozialismus als „Fliegenschiss“ in der deutschen Geschichte bezeichnet

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Sie labern einen Mist immer wieder!)

und den Holocaust leugnet.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Keine Ahnung von gar nichts!)

Ich finde das wirklich schwierig. Ich nenne das janusköpfig; „janusköpfig“ ist, glaube ich, dabei die richtige Aussage.

Kollegin Budde, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Sie wollen sich nicht auf Fachfragen einlassen! Keine Ahnung, aber Hauptsache, was geschwätzt!)

Denn nach dem Holocaust und 75 Jahre nach dem fast vollständigen Auslöschen des jüdischen Lebens in Deutschland ist es gut, dass wir wieder das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft haben, der Jüdinnen und Juden.

Momentan sind es, glaube ich, ungefähr 300 jüdische Soldatinnen und Soldaten, die in der Bundeswehr dienen. Und eigentlich müssen wir Danke sagen; wir müssen Danke sagen, dass das Vertrauen wieder da ist und dass auch die jüdische Gemeinschaft den Schritt gegangen ist, diesen Staatsvertrag mit uns zu unterzeichnen, gerade in Anbetracht unserer Geschichte.

(Beifall bei der SPD)

Diese jüdischen Soldatinnen und Soldaten – wie alle anderen auch – dienen Deutschland. Sie beschützen Deutschland, sie riskieren ihr Leben für Deutschland, und deshalb haben sie auch ein Anrecht auf Militärseelsorge, genauso wie alle anderen Soldatinnen und Soldaten. Für die evangelischen und katholischen Soldaten ist es geregelt. Es gibt für Konfessionslose eine Anlaufstelle, und es gibt auch für Soldatinnen und Soldaten anderen Glaubens eine Anlaufstelle in Koblenz, in der sie Unterstützung und Rat finden. Ich glaube, dass wir es aber eben auch für Musliminnen und Muslime – auch wenn ich selber weiß, wie schwierig das ist, weil es dort nicht den zentralen Ansprechpartner/die zentrale Ansprechpartnerin gibt – werden regeln müssen.

(Beifall der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE] – Markus Grübel [CDU/CSU]: Aber wie? – Gegenruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Der politische Wille muss da sein!)

Ich glaube im Übrigen nicht, dass irgendeine jüdische Soldatin oder ein jüdischer Soldat damit ein Problem haben wird.

Ich finde es richtig, dass alle das Anrecht auf Militärseelsorge haben; das ist auch gesetzlich verbrieft. Im § 36 des Soldatengesetzes heißt es:

Der Soldat

– es muss jetzt natürlich heißen „Die Soldatin“; vielleicht sollten wir das mal ändern –

hat einen Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Die Teilnahme am Gottesdienst ist freiwillig.

In dieser Kombination ist das wirklich super. Genau so soll es sein. Dafür müssen wir jetzt die Möglichkeiten schaffen.

Wir wissen, dass Soldatinnen und Soldaten insbesondere in Auslandseinsätzen in schwierigen Lebenssituationen sind. Sie sind weit weg von der Familie. Es gibt Freunde und Kameradinnen und Kameraden, aber oft ist es auch der geistliche Beistand, der hilft, wenn man jeden Tag das Leid vor Augen hat, wenn man in schwierigen Situationen ist oder wenn man Angst hat, nicht wieder nach Hause zu kommen. Es ist übrigens nicht nur ein Beistand für die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz oder am Standort, sondern auch für ihre Familienangehörigen, die genauso Beistand brauchen.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Mir ist es jedenfalls schon oft im Leben so gegangen, insbesondere in schwierigen Lebenssituationen, dass man, selbst wenn man nicht jeden Sonntag in die Kirche geht, auch geistlichen Beistand sucht. Das ist wichtig als Ergänzung zu Familie und Freunden. Deshalb bin ich froh, Frau Ministerin, dass es den Staatsvertrag gibt und dass wir die gesetzliche Grundlage dafür schaffen können.

In diesem Sinne sage ich Danke für die Vorarbeiten. Ich freue mich auf die sicherlich schnellen, zügigen und sehr komplikationslosen Beratungen und auf den Beschluss hier im Bundestag.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD])

Das Wort hat Dr. Marcus Faber für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7446437
Wahlperiode 19
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Gesetz über die jüdische Militärseelsorge
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