27.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 162 / Zusatzpunkt 1

Achim PostSPD - Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, eine deutsche Bundesregierung kann die deutschen Interessen nicht besser vertreten, als in Europa zu investieren und zu gucken, dass auch unsere Nachbarn wieder auf die Beine kommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ansonsten zeigt diese Debatte, zeigt wahrscheinlich das politische Gefühl bei jedem von uns, dass diese Krise anders ist. Sie ist deshalb anders, weil sie nicht nur eine Branche betrifft, sondern fast alle Branchen. Zudem ist diese Krise beispiellos, weil sie nicht nur ein Land betrifft, sondern fast alle Länder. Die Zahlen, die der Bundesminister bezüglich des Minuswachstums genannt hat – global, europäisch und national –, sind eindrücklich, und wir sollten sie ernst nehmen und nicht auf die leichte Schulter.

Ich will Ihnen mal sagen, was wir jetzt brauchen. Wir brauchen jetzt ein Konjunktur-, Innovations- und Investitionspaket, das schnell wirkt, das die Binnennachfrage ankurbelt, das zur Modernisierung von Gesellschaft und Wirtschaft beiträgt und das nachhaltig – nicht nur in der Krise – für gute Arbeit sorgt, am besten für tarifvertraglich abgesicherte gute Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Und ich finde, dass wir, die Bundesrepublik Deutschland, die Bundesregierung, der Bundestag, die Millionen Bürgerinnen und Bürger, unsere Sache in den letzten Wochen und Monaten gut gemacht haben. Nur deshalb sind wir bei allen Schwierigkeiten, bei allen Herausforderungen, bei allem, was noch vor uns liegt, relativ gut durch diese Krise gekommen. Aber sie ist noch lange nicht zu Ende.

Deshalb zum Konjunkturprogramm: Was wir nicht brauchen, ist ein Konjunkturprogramm, das viele von uns schon erlebt haben, eines mit der Gießkanne, für jeden etwas, für keinen richtig was. Wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir in den nächsten 12, 16, 18 Monaten bei den Unternehmen und Unternehmungen hinkriegen, denen völlig die Geschäftsgrundlage weggezogen wurde: bei den Busunternehmen, bei Schaustellern, bei sozialen Einrichtungen. Da gibt es eine Menge mehr: bei der Gastronomie, in der Tourismusbranche, aber auch in den Leitindustrien mit Millionen von Beschäftigten, in den Leitindustrien und der Zulieferindustrie, im Bereich Stahl, im Bereich Maschinenbau, im Bereich Automobil, in der Chemie. Ich weiß auch, und ich bin davon überzeugt, dass wir mit Abwrackprämien für alte Technologien die Zukunft nicht werden gestalten können.

(Beifall der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir müssen außerdem gucken, dass diese Gesellschaft, diese parlamentarische Demokratie, diese funktionierende parlamentarische Demokratie, in den nächsten Tagen und Wochen das Richtige macht. Da lese ich einige Vorschläge von vor zwei, drei Tagen, auch von Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Haus, dass man schon wisse, welche Zutaten man eigentlich brauche, um ein ordentliches Konjunkturprogramm zu machen, um einen ordentlichen Aufschwung hinzubekommen. Man bräuchte nämlich die Absenkung von Sozialstandards und die Absenkung der Mindestlöhne. – Diesen Kolleginnen und Kollegen empfehle ich einen Leitsatz aus dem Sonntagskalender. Er ist ganz einfach: Wir brauchen weniger Manchester-Kapitalismus und mehr soziale Marktwirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])

Da wir dabei sind, zu diskutieren, was wir jetzt machen müssen, will ich mal zwei, drei Dinge sagen, die wir machen müssen: Die Kommunen – unsere Dörfer, unsere Gemeinden, unsere Städte – haben jetzt Steuerausfälle; sie müssen jetzt mehr Geld für andere Kosten aufwenden. Und diejenigen, die schon seit vielen Jahren darunter ächzen, dass sie Altschulden haben, sind jetzt in einer noch schlechteren Lage als vorher. Deswegen ist das Paket für einen Solidarpakt für die Kommunen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz genau das Richtige, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Dann macht es aber auch! Machen!)

– Wir machen es. Ich verspreche es dir.

Und es gibt noch etwas, was schnell wirkt. Unsere Familien, die Männer und Frauen, die Mädchen und Jungen, haben jetzt Schwierigkeiten; die brauchen jetzt Geld, gerade die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen. Deswegen spricht aus meiner Sicht überhaupt nichts dagegen, einen Familienbonus einzuführen. Ob der nachher 300, 350 oder 400 Euro hoch ist, das ist mir an dieser Stelle nicht egal, aber das ist alles akzeptabel, und man kann für das eine so gut argumentieren wie für das andere.

(Beifall bei der SPD)

Und ganz zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich mal eines sagen: Das Paket für Europa, das hier gerade angesprochen wurde, der deutsch-französische Vorschlag, der vor allen Dingen von der Kanzlerin und vom Vizekanzler ausgearbeitet und mit unseren französischen Freunden besprochen wurde, ist die Grundlage dafür, die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich zusammenzuhalten, aber auch ganz Europa zusammenzuhalten. Nicht umsonst ist der Vorschlag der Kommission von heute auf der Grundlage dieses deutsch-französischen Vorschlages entstanden, und darauf, ehrlich gesagt, bin ich stolz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mein allerletzter Punkt ist: Ich bin zufrieden und zuversichtlich, wenn wir nach dem Wochenende ein ordentliches Konjunkturpaket hinbekommen, und ich bin noch zufriedener, wenn es danach die Überschrift trägt: „Fortschritt, Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit – für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa“.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion der FDP der Kollege Michael Theurer.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448127
Wahlperiode 19
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise
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