27.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 162 / Zusatzpunkt 1

Michael TheurerFDP - Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeswirtschaftsminister hat hier aus unserer Sicht völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es dringend erforderlich ist, dass wir hier in diesem Hause und in der Bundesrepublik Deutschland wieder einen Konsens herstellen, dass wir ein Wachstum der Wirtschaft brauchen; denn wir erleben ja gerade, dass es einen massiven Einbruch in der Wirtschaft gibt: Nach minus 6,2 Prozent in der Frühjahrsprojektion sprechen die Fachleute jetzt von minus 10 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft schrumpft; wir fallen zurück. Das ist der falsche Weg. Millionen von Arbeitsplätzen sind akut gefährdet. Der Wohlstand von Millionen von Menschen in Deutschland ist gefährdet, und ja, da müssen wir entschieden gegenhalten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und sehr verehrter Herr Minister Altmaier, Sie haben ja mal beklagt, dass die Freien Demokraten Sie an dieser Stelle nicht genügend loben würden. Wir wollen Sie heute ausdrücklich für Ihr Adenauer-Erlebnis loben. Konrad Adenauer sagte einmal, dass ihn niemand daran hindern könne, über Nacht auch mal schlauer zu werden. Sie sprechen sich jetzt für ein Belastungsmoratorium aus: keine neuen Steuern, keine Steuererhöhungen, keine zusätzliche Bürokratie. Wir haben das schon lange gefordert. Wir freuen uns, dass Sie das übernommen haben. Wir sind gespannt, ob Sie das jetzt auch in der Regierungskoalition durchsetzen können.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Solikomplettabschaffung wirkt nachfrageseitig, wirkt angebotsseitig, entlastet vor allen Dingen die vielen Handwerker und die vielen Mittelständler, die ansonsten keine Entlastung haben. Wir sind gespannt, wann Sie das durchsetzen. Ich kann nur sagen: Sie sind, was das angeht, eigentlich Spätzünder.

(Beifall bei der FDP)

Oder: die wichtige Idee, die wir als FDP unter der Überschrift „negative Gewinnsteuer“ hier vorgetragen und in den Deutschen Bundestag eingebracht haben; Verlustrückträge, dass die Unternehmen die Verluste, die jetzt entstehen, rücktragen können auf alte Rechnungen und damit direkt Liquidität bekommen, damit die von den Experten heute in der Anhörung des Wirtschaftsausschusses befürchtete Insolvenzwelle nicht eintritt. Das war unser Vorschlag, Sie haben ihn dankenswerterweise übernommen; aber bitte setzen Sie ihn auch um. Ankündigungen alleine reichen nicht aus. Wenn man in der Regierung ist, dann muss man auch handeln.

(Beifall bei der FDP)

Soeben läuft über den Ticker, dass der Aufsichtsrat von Lufthansa das Rettungspaket ablehnt.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ablehnt!)

– Ablehnt. – Warum? Weil der von Ihnen gewählte Weg der direkten Beteiligung zu einer Teilverstaatlichung führt, was dazu führt, dass wettbewerbsrechtliche Auflagen aus der Europäischen Union gemacht werden; die waren zu erwarten. Das ist ein unprofessionelles Vorgehen der Bundesregierung; das hätte besser vorbereitet werden müssen. Denn es gibt ja einen anderen Weg: unter 10 Prozent bleiben, keine außerordentliche Hauptversammlung riskieren, das Insolvenzrisiko abwenden und den Rest über Kredite machen. Jede zeitliche Verzögerung gefährdet bei der Lufthansa hunderttausend Arbeitsplätze.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben Sie gewarnt; aber Sie haben an der Stelle nicht auf uns gehört.

Deshalb müssen wir an dieser Stelle für den richtigen Weg kämpfen. Wir sind gegen einen anonymen Finanzkapitalismus US-amerikanischer Prägung. Aber wir sind auch gegen einen Kommandokapitalismus chinesischer Prägung, dem ja hier manche anhängen. Wir sind für die soziale Marktwirtschaft, wir sind für eine humane Marktwirtschaft; denn Märkte sind Menschen. Wir sagen: Der richtige Weg, den wir jetzt gehen müssen, ist: entfesseln, entlasten und investieren.

„Entfesseln“ bedeutet: Bürokratieabbau, Planungsbeschleunigung, Auflagen weg, schneller genehmigen, Sonderwirtschaftszonen zu Freiheitszonen entwickeln.

(Beifall bei der FDP)

„Entlasten“ heißt: Körperschaftsteuer und Einkommensteuer senken auf international wettbewerbsfähiges Niveau; kurzfristig, vielleicht bis Ende des Jahres oder für die nächsten zwei Jahre, die Merkel-Steuer – die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die durch die Große Koalition um 3 Prozentpunkte – aussetzen, um einen Nachfrageimpuls zu geben, nicht einzelne Kaufprämien und Gutscheine für manche Branchen, sondern ein attraktiver Ordnungsrahmen für alle, meine Damen und Herren;

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Carsten Linnemann [CDU/CSU])

auch die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge zurücknehmen und damit 25 Milliarden Euro Liquidität in die Wirtschaft pumpen, damit die Wirtschaft wachsen kann.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und es heißt natürlich: Investitionen der öffentlichen Hand nicht mit der Gießkanne, sondern ganz gezielt; Glasfaser für alle, 5G, Testbereiche für autonomes Fahren sowie Bildungsinfrastruktur, Technologieparks, Gründerzentren. Innovationsnation Deutschland: Das ist der richtige Weg. Unser Programm heißt: Soziale Marktwirtschaft – entfesseln, entlasten, investieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht der Kollege Alexander Ulrich für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448129
Wahlperiode 19
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise
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