27.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 162 / Zusatzpunkt 1

Carsten LinnemannCDU/CSU - Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das wird nicht die letzte Aktuelle Stunde zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona sein. Die aktuelle Lage ist fragil; die Perspektiven sind nicht rosig. Ich ziehe daraus drei Schlussfolgerungen.

Erstens. Die Krise wird länger dauern, als wir glauben. Diese Wahrheit muss man aussprechen. Das Verbrauchervertrauen wird eine Weile brauchen, um wieder auf das Niveau zu kommen, auf dem es einmal war. In einigen Branchen dauert das sehr lange.

Zweitens. Wir werden sehr viel Geld in die Hand nehmen müssen. Oder anders ausgedrückt: Wir müssen vernünftig mit diesem Geld umgehen. Es ist wie ein Boot mit Proviant, in dem wir sitzen; wir sehen aber heute noch nicht das Ufer. Entsprechend vernünftig müssen wir mit dem Geld umgehen. Ich bin froh, dass die Bundesregierungen der letzten Jahre mit diesem Geld verhältnismäßig gut umgegangen sind, sodass wir heute überhaupt die Möglichkeiten haben, den Menschen zu helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens. Wir werden aber – das ist entscheidend, und deswegen reden wir heute über die Zukunft – auch über die Zeit nach dieser Krise nachdenken müssen, darüber, was wir heute strukturell machen können, damit es mit Deutschland in Zukunft wieder bergauf geht. Lieber Herr Alexander Ulrich, ich verstehe nicht, warum Sie Herrn Altmaier so angegangen haben,

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Habe ich das?)

sowohl bei der Lufthansa-Frage als auch bei der Frage, warum er nichts zu dem Nachfolgeprogramm des Soforthilfeprogramms gesagt hat.

Zu den beiden Punkten. Erstens. Was die Lufthansa betrifft, bin ich ihm dankbar, dass er so reagiert hat, wie er reagiert hat, und nicht so reagiert hat, wie Sie das wollen. Wenn Sie sagen, Sie hätten die Gunst der Stunde genutzt und wären dort als Staat eingestiegen, um operativ und strategisch bei Unternehmensentscheidungen mitzusprechen, dann befürchte ich, dass das so geendet hätte wie beim Flughafen Berlin-Brandenburg, wo mehrere Politiker im Aufsichtsrat sitzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Wir sollten das den Experten überlassen und uns da als Politik fernhalten.

(Zuruf der Abg. Kersten Steinke [DIE LINKE])

Zweitens. Beim Thema „betroffene Unternehmen, Härtefallfonds“ ist es Peter Altmaier, der seit Wochen darauf hinweist, dass wir Branchen haben, die besonders betroffen sind; sie wurden hier alle genannt. Eine Branche wird übrigens weniger oft genannt, ist aber genauso wichtig wie Gastronomie und Hotels, nämlich der stationäre Handel. Alle Unternehmen, die mit Veranstaltungen zu tun haben – Schausteller usw. –, aber auch die Gastronomie, Hotels und der stationäre Handel leiden im Moment darunter, dass es immer noch zu wenig Vertrauen gibt, dass sie nicht zu den Umsätzen zurückkehren, die sie mal hatten. Genau für diese Branchen brauchen wir jetzt ein Programm, mit dem wir unsere mittelständischen Strukturen stärken – das stand auch in der Zeitung; wie ich höre, wird es am Dienstag, dem 2. Juni, verabschiedet –, mit dem wir dafür sorgen, dass Unternehmen, die im Vergleich zum Vorjahr signifikant weniger Umsätze haben, in diesen Monaten Zuschüsse bekommen, die sie nicht zurückzahlen müssen.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Er hat aber kein Wort dazu gesagt! Wir haben nichts dazu gehört!)

Ich finde, das ist an dieser Stelle richtig so, und genau dahinter steht Peter Altmaier.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Dazu hat er nichts gesagt!)

– Doch. Lesen Sie es im Protokoll nach, Herr Ulrich. Er hat einen Satz dazu gesagt, weil das jetzt in Arbeit ist und am Dienstag verabschiedet wird.

Ansonsten kann ich dem Kollegen Theurer nur zustimmen; da mache ich aus meinem Herzen auch keine Mördergrube. Er hat völlig recht: Wir brauchen branchenübergreifende Lösungen und keine branchenspezifischen Einzellösungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was der Mittelstand, was die Wirtschaft jetzt braucht, ist Liquidität: erstens durch die Verrechnung der Verluste mit den Gewinnen

(Beifall der Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU] und Michael Theurer [FDP])

und zweitens – ganz klar – durch die Abschaffung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Leif-Erik Holm [AfD])

Damit entlasten wir gerade auch kleine und mittlere Unternehmen nicht nur mit Geld und Liquidität, sondern auch mit weniger Bürokratie. Deswegen ist das völlig richtig.

In die Zukunft blickend: Wir brauchen Strukturreformen, die wir jetzt angehen, und wir müssen uns jetzt die Frage stellen, wie wir das machen. Ich glaube, es macht keinen Sinn, beim EEG – um das Thema aufzugreifen – jetzt einfach nur mit Steuergeldern reinzugehen; vielmehr sollte man eine Reform machen, die nachhaltig ist, beispielsweise indem man sagt: Wir reduzieren die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und lassen das EEG auslaufen. – Das wäre auf der einen Seite eine Entlastung von 400 Euro im Jahr für eine vierköpfige Familie, und wir würden damit auf der anderen Seite die neuen Technologien, die klimafreundlichen Technologien, attraktiver machen. Das wäre, glaube ich, jetzt der richtige Schritt, anstatt einfach nur Geld ins EEG zu pumpen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Theurer [FDP]: Wir sind gespannt!)

Der nächste Punkt ist, Freiräume zu schaffen. Völlig richtig; das müssen wir jetzt machen. Wir sehen: Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich einig sind, dann können sie Arbeitszeiten, dann können sie Homeoffice und vieles mehr organisieren. Wir brauchen einen Rahmen, ja. Mir geht es auch nicht um die Ausweitung der Arbeitszeit, sondern wir müssen ganz klar darüber reden, dass wir die Freiräume bekommen, dass wir das Arbeitszeitgesetz modernisieren, dass wir die Verwaltung digitalisieren, dass wir Bürokratie abschaffen,

(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn eigentlich genau?)

und vieles, vieles mehr. Jetzt ist die Chance, dieses zu tun, und das sollten wir auch machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Steffen Kotré für die AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448132
Wahlperiode 19
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise
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