Sebastian BrehmCDU/CSU - Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den nächsten Tagen und Wochen geht es darum, weitere notwendige Entscheidungen für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit für den Erhalt von Millionen von Arbeitsplätzen zu treffen. Deshalb haben wir konzentriert in einem ersten Schritt Sofortmaßnahmen getroffen und umgesetzt. Wir werden auch noch weitere Sofortmaßnahmen treffen. Das ist gut und richtig. Das Wichtigste in der jetzigen Situation ist es, Liquidität für die Unternehmen zu sichern. Auch in der Zukunft ist es wichtig, Liquidität in den Unternehmen zu behalten.
Deswegen reichen diese kurzfristigen Maßnahmen nicht aus. Wir brauchen auch langfristige Maßnahmen, um die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig zu halten. Wir wollen das schaffen, indem wir es den Unternehmen ermöglichen, aus eigener Kraft wieder aus der Krise zu kommen. Aus steuerlicher Sicht spielt dabei die Möglichkeit der Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags eine zentrale Rolle. Wir hatten das diese Woche auch bei der Sachverständigenanhörung zum Corona-Steuerhilfegesetz gehört. Unisono hat jeder gesagt: Der Verlustrücktrag ist einer der zentralen Punkte für die Stabilisierung und Sanierung der Wirtschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Derzeit ist es so, dass nicht ausgeglichene Verluste bis zu einem Betrag von 1 Million Euro – oder bei Zusammenveranlagung 2 Millionen Euro – in das Vorjahr zurückgetragen werden können; der restverbleibende Verlust kann mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden, allerdings nur eingeschränkt. Mit der Einreichung der Steuererklärung 2020 im Jahr 2021 werden die Unternehmen das in Anspruch nehmen. Bloß kommt die Liquidität, die dann 2021 zurückkommt, wesentlich zu spät. Deshalb sollten wir die Möglichkeit der Verlustberücksichtigung schon heute, im Jahresabschluss 2019 – und die Jahresabschlüsse werden gerade gemacht –, ermöglichen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir sollten die Verlustrücktragsmöglichkeit erweitern, nämlich auf die Verluste aufgrund von Corona. Die sind oft weitaus höher als 1 Million Euro oder 2 Millionen Euro; deswegen brauchen wir die Erweiterung. Natürlich kommt es zu Steuermindereinnahmen durch den Verlustrücktrag, ganz klar. Aber es kommt ja so oder so zu Steuermindereinnahmen, spätestens im Jahr 2021, wenn die Steuererklärung eingereicht ist. Also: Je früher man den Verlust berücksichtigt, desto eher kommt dann die Möglichkeit, Gewinne zu erwirtschaften, sodass man auch wieder Steuern zahlen kann. Deswegen ist es notwendig und richtig, diesen Schritt zu machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Vorteil dieses Verlustrücktrags ist erstens, dass wir heute die Liquidität haben. Aus eigener Kraft haben die Unternehmen die Liquidität. Zweitens. Es ist europarechtlich überhaupt keine Fragestellung, weil es gesetzlich möglich ist. Drittens – das habe ich schon gesagt –: Aus eigener Kraft werden die Unternehmen saniert. Viertens. Es ist ganz einfach umzusetzen, weil wir die gesetzlichen Maßgaben schon im Steuergesetz haben. Wir müssen sie bloß um die Beträge erweitern, und dann ist es ruckzuck erledigt.
Deswegen: Wir haben ja eine pauschalierte Verlustrücktragsmöglichkeit – die ist ja auf dem Verwaltungswege ermöglicht worden –; die ist aber zu kurz gesprungen. Wir brauchen die Ausweitung des Rücktrags von Verlusten aufgrund von Corona.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zweitens. Wir brauchen natürlich – weil ich den Kollegen Güntzler sehe; wir reden ja die ganze Zeit darüber – eine Modernisierung des Unternehmensteuerrechts. Dringend brauchen wir diese. Wir sind im OECD-Vergleich eines der Länder mit der höchsten Unternehmensteuerbelastung. Deswegen kann ich immer wieder nur sagen: Wir fordern eine Grenze für die maximale Belastung für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, also nicht an den Unternehmer ausgezahlt werden – die bleiben im Spitzensteuersatz –, und zwar bis maximal 25 Prozent. Das sind marktwirtschaftliche Möglichkeiten. Das ist soziale Marktwirtschaft. Denn da besteht nämlich dann Liquidität in den Unternehmen, da kann man investieren in Digitalisierung, übrigens aber auch zum Beispiel in Dinge von ökologischem Wert. Deswegen brauchen wir die Modernisierung der Unternehmensbesteuerung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Drittens. Wir brauchen – der Bundesminister hat es angesprochen – ein Belastungsmoratorium. Wir müssen alle Dinge verschieben, die Unternehmen belasten. Zum 1. Juli wäre die Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle eingeführt worden. Das müssen wir verschieben, mindestens um ein Jahr. Zum 1. Oktober wären die neuen Kassensysteme eingeführt worden. Das müssen wir verschieben, um mindestens ein Jahr. Ich glaube, die ganze Industrie oder auch der Einzelhandel oder die Gastronomie haben jetzt andere Sorgen, als sich eine neue Kasse zu kaufen,
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
übrigens auch nicht die nötige Liquidität.
Viertens. Wir brauchen auch eine Rücknahme von Belastungen an den Stellen, wo die Wirtschaft geholfen hat. Die Wirtschaft hat damals im Zusammenhang mit der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge geholfen. Deswegen kann ich heute auch sagen: Die Rücknahme der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge wäre jetzt ein wichtiger Schritt, um Liquidität zu bekommen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wenn wir dies alles umsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann haben wir die Chance, dass der deutsche Mittelstand und die deutsche Industrie gestärkt aus dieser Krise hervorgehen. Deswegen werbe ich heute darum, dass wir diese Schritte machen, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, aus eigener Kraft wieder aus der Krise herauszukommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Kollege Markus Uhl für die Fraktion der CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7448138 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde – wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise |