Siemtje MöllerSPD - Bundeswehreinsatz EU NAVFOR Somalia ATALANTA
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundeswehreinsatz am Horn von Afrika begründet sich aus, wenn man so will, zwei Argumentationssträngen:
Erstens. Die Freiheit der Seewege ist im Seerechtsübereinkommen von 1982 schriftlich festgehalten. Natürlich kann und muss die internationale Gemeinschaft auch diesen Bereich des Völkerrechts durchsetzen und allgemeinverbindlich halten, weil es am Ende uns allen dient. Ich sage das deshalb, weil es auch einem Interesse dient, das die Weltgemeinschaft teilt.
Ja, auch wir als Bundesrepublik Deutschland haben ein Interesse daran, Handel und freie Seewege zu erhalten und nutzbar zu halten. Im 21. Jahrhundert sind Warenströme und Handelswege weltweit verknüpft. Wir alle, ob als Konsumentin oder Konsument, als Arbeitnehmerin oder Arbeitsnehmer, als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer eines Betriebes oder auch als Forscherin oder Forscher, sind auf diese Güter angewiesen, und es ist deshalb unser Interesse, Piraterie zurückzudrängen und Sicherheit auf den Meeren herzustellen.
(Beifall bei der SPD)
Das zweite – dem erstgenannten sogar moralisch übergeordnete – Argument für die Weiterführung dieser Mission ist die Verantwortung für die Welt, der man sich nicht entziehen kann und als Bundesrepublik Deutschland nun auch wahrlich nicht sollte. Bei diesem Mandat geht es darum, dass in Somalia Hilfslieferungen aus der ganzen Welt sicher ankommen und nicht von Piraten blockiert und beschlagnahmt werden. Es wurde auch heute schon zahlreich genannt, aber ich finde, es ist wichtig, dass sich diese Zahl einbrennt: Es sind 5,2 Millionen Menschen in diesem Land, die auf Nahrungshilfen angewiesen sind.
Wie unberechenbar das Leben sein kann, merken viele von uns – glücklicherweise, wenn man so will – erst jetzt in der Coronakrise. Plötzlich leben wir in der Lage. Pläne müssen geändert und Prioritäten angepasst werden. Es müssen Notfallpläne gemacht werden. Die Menschen an der Ostküste Somalias kennen ein Leben mit diesen zahlreichen Unwägbarkeiten leider nur zu gut. Die Lebensbedingungen können wir uns in Europa häufig kaum vorstellen, und wir sind uns dessen in unserer privilegierten Position selten bewusst.
Die schwachen staatlichen Strukturen und die zwischenstaatlichen Konflikte, die sich häufig um den Zugang zu Rohstoffen drehen, sind Herausforderungen, die wir in Deutschland nicht haben. Hinzu kommen große Armut, Lebensmittelknappheit, Seuchen sowie Flucht- und Migrationsbewegungen, gepaart mit organisierter Kriminalität in Form der Piraterie und religiöser Extremismus. Dazu kommt jetzt noch die Coronapandemie, die auch an Afrika nicht ohne Auswirkungen vorbeiziehen wird und die geschilderte Situation in Somalia nur noch zusätzlich verschärft.
Bei dieser Vielzahl von Problemen muss man irgendwo ansetzen. Atalanta ist ein richtiger Weg; denn die Zahl der Überfälle auf Schiffe ist zurückgegangen. So wird organisierter Kriminalität auf See die Grundlage entzogen, und Hilfe, die dringend benötigt wird, kann da ankommen, wo sie gebraucht wird.
(Beifall bei der SPD)
Hier einmal die Zahlen: Über 2 Millionen Tonnen Nahrungsmittel wurden ausgeliefert. Über 1 400 Schiffe des Welternährungsprogramms wurden geschützt. Verdächtige Vorfälle von dramatischem Ausmaße wurden 2019 auf fünf begrenzt, und bei den Angriffen war glücklicherweise nur einer zu verzeichnen. Wir sehen: Die Zahlen sind extrem zurückgegangen, und gleichzeitig kann man konstatieren, dass Atalanta wirkt – für die redlichen Menschen in Somalia und, wenn man so will, auch auf der ganzen Welt.
(Beifall bei der SPD)
Mir ist es besonders wichtig, eines zu betonen.
Kollegin Möller, achten Sie bitte auf die Zeit?
Ja.
(Heiterkeit bei der SPD und der FDP)
Im Rahmen der deutschen Beteiligung an der von der Europäischen Union geführten Mission leistet die Bundeswehr einen wertvollen Beitrag. Ich danke den Soldatinnen und Soldaten für diesen Beitrag zu gelungener europäischer Zusammenarbeit, und ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag zuzustimmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Ursula Groden-Kranich für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7448148 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EU NAVFOR Somalia ATALANTA |