27.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 162 / Tagesordnungspunkt 5

Volkmar KleinCDU/CSU - Corona-Moratorium für Entwicklungshilfe

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gut, dass wir in den letzten drei Jahren an der Devise einer sparsamen Haushaltspolitik und der Senkung der Verschuldungsquote in guten Zeiten festgehalten haben. Das gibt uns jetzt Spielraum, um zu handeln und sehr wohl positiv zu wirken, unser Haus in Ordnung zu bringen, unsere Wirtschaft und unsere Menschen zu schützen und zu stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Antrag der AfD, der weit über das Thema Entwicklungszusammenarbeit hinausgeht, enthält ziemlich befremdliche Forderungen –

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist freundlich ausgedrückt!)

wir haben gerade ein paar Beispiele gehört –, von denen wir uns komplett distanzieren. Dieser Antrag passt eigentlich gar nicht dazu, was die AfD sonst zum Umgang mit der Krise fordert; denn am Ende verbreitet die AfD hier sogar selbst Panik und Angst. So ist in dem Antrag zu lesen, dass die Krise eine „Fokussierung des gesamten staatlichen Handelns auf die erfolgreiche Pandemiebekämpfung“ verlange.

(Ulli Nissen [SPD]: Oh!)

Das schreibt die AfD! Das heißt, der Straßenbau soll eingestellt werden, die Bundeswehr soll offenbar Pause machen, Bildung ist völlig egal, die Entwicklungszusammenarbeit ist zu streichen. – Das steht in diesem Antrag. Für uns, meine Damen und Herren, sind all diese Dinge weiterhin sehr, sehr wichtig.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

All die genannten Herausforderungen, inklusive Entwicklungszusammenarbeit, bestehen weiterhin. Die Lage in den Entwicklungsländern zu verbessern, das ist durchaus auch in unserem Interesse, und zwar im doppelten Sinne: Auf der einen Seite ist es uns ein ethisches Anliegen, Menschen zu helfen; wir haben aber auch ein praktisches Anliegen daran, dass Menschen dort, wo sie leben, Jobs, Chancen und Perspektiven haben. Da kann einem der Gedanke kommen: Wenn die AfD es ablehnt, dass Menschen dort, wo sie leben, Chancen und Perspektiven finden, dann hofft sie vielleicht darauf, dass sich die Menschen auf den Weg machen, um woanders Chancen zu suchen. Ich glaube, dass genau das der Fall ist.

Wir wollen den Menschen dort helfen, wo sie leben – dafür gibt es Entwicklungszusammenarbeit –, nicht nur im Bereich Gesundheit. Ich glaube, wir müssen eher mehr für Jobs und Perspektiven, für Bildung und für Investitionen tun. Ich glaube, dass dies in den nächsten Jahren in den Entwicklungs- und Schwellenländern ganz besonders wichtig sein wird; denn am Ende werden wahrscheinlich genau diese Länder die Verlierer der Krise sein, da die Lage vieler Firmen heute die Banken weltweit zu Wertberichtigung zwingt. Wertberichtigungen bei den Banken sorgen für schwindendes Eigenkapital, für schwindenden Spielraum, um neue Geschäfte einzugehen. Das wird am Ende zu einer Desinvestition führen, gerade in den Ländern, bei denen die Risiken einen Tick höher sind, weswegen auch deren Eigenkapitalunterlegung höher sein muss, weil das in unserem Rechtsrahmen – Basel usw. – so vorgesehen ist.

Deswegen müssen wir eher genau dagegenhalten. Wir müssen versuchen, dass mehr investiert wird. AfricaGrow-Fonds, AfricaConnect: Diese Programme, die Gerd Müller aufgesetzt hat, sollen genau da helfen.

Wenn man den Antrag der AfD genau durchliest, dann hat man kurz den Eindruck, dass sie es doch einen Tick verstanden haben.

(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Ich glaube nicht!)

Sie schreiben, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung „aber bereits über eine wirtschaftliche Infrastruktur“ verfüge, „die genutzt werden kann, um die Produktion der für die Pandemiebekämpfung relevanten Güter in Deutschland sowie in den Entwicklungsländern zu forcieren und somit einer politisch sinnvollen Verwendung“ zuzuführen.

(Markus Frohnmaier [AfD]: Genau!)

Das ist doch echte sozialistische Planwirtschaft! Das ist Staatsgläubigkeit! Es ist unglaublich, dass es hier quasi zu einem Schulterschluss zwischen der AfD auf der einen Seite und den Linken mit ihren Planwirtschaftsideen auf der anderen Seite kommt.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Das alles ist doch wirklich schlimm.

Ich denke, dass die kruden Ideen, die die AfD normalerweise formuliert, genauso schädlich für unser Land sind wie sozialistische Parolen, auch wenn sie jetzt plötzlich von der AfD skandiert werden. Das alles wollen wir nicht.

Wir wollen eine gute, vernünftige Zusammenarbeit mit den Ländern der Entwicklungszusammenarbeit, und wir wollen das aus unserem eigenen Interesse – sowohl aus unserem ethischen Anliegen heraus, Menschen zu helfen, als auch aufgrund der Überlegung, dass es am Ende auch uns hier in Deutschland nutzt.

Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun Dr. Christoph Hoffmann das Wort.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448155
Wahlperiode 19
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Corona-Moratorium für Entwicklungshilfe
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta