Johannes VogelFDP - Mindestrente
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der weit über die Frage Altersarmut hinausgehende Antrag der Linken wird gleich von meinem großartigen Kollegen Matthias Nölke in seiner Jungfernrede ausreichend gewürdigt werden.
(Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Welche Ehre!)
Deshalb will ich mich auf das Thema Altersarmut konzentrieren und hier mehr über den Elefanten im Raum reden, nämlich über das sogenannte Grundrentenmodell der Großen Koalition.
Peter Weiß hat es wahrscheinlich bewusst nur gestreift; Ralf Kapschack ist intensiver darauf eingegangen. Wir hatten diese Woche ja eine Anhörung zu Ihrem Vorschlag. Ich finde, die muss man in dieser Woche auch im Plenum ein Stück weit würdigen. Seit über einem Jahr verrennt sich die Koalition in der Sackgasse eines schlechten Modells für eine eigentlich sehr wichtige Frage. Und leider muss man sagen: Genau diesen Eindruck hat die Anhörung voll unterstrichen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Bevor wir einen Blick darauf werfen, was da so gesagt wurde, will ich kurz zitieren, was der Bundesarbeitsminister in seinem allerersten Interview auf die allererste Frage in der „Bild am Sonntag“ zur Zielsetzung der Grundrente der Koalition geantwortet hat. Ich zitiere:
Sehr viele Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, landen … in der Grundsicherung. … Jemand, der Jahrzehnte lang hart gearbeitet hat, hat das Recht, deutlich mehr zu bekommen als jemand, der nicht gearbeitet hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das ist völlig richtig, lieber Hubertus Heil.
Jetzt hören wir uns mal an, was die Sachverständigen zu diesem Thema mit Blick auf Ihr Grundrentenmodell gesagt haben. Ich zitiere Professor Werding, Rentenexperte der Uni Bochum: Das ist im vorliegenden Gesetzentwurf als Ziel im Grunde gar nicht mehr enthalten. – Ich zitiere Alexander Gunkel, den alternierenden Verwaltungsratsvorsitzenden der Rentenversicherung selbst: Das ist keine zielgenaue Maßnahme gegen Altersarmut, die hier hergestellt wird. – Ich zitiere Georg Cremer, den ehemaligen Generalsekretär der Caritas, liebe Union: Was mich stört, ist einfach, dass beim jetzigen Modell die Armen leer ausgehen. Für all diejenigen, die keine 33 oder 35 Grundrentenjahre haben, bleibt es bei der Komplettanrechnung der Rente bei der Grundsicherung im Alter.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Nichts anderes hat der Heil auch gesagt!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, das ist doch kein geeignetes Modell gegen Altersarmut.
(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
In Zahlen sieht das wie folgt aus: Drei Viertel der Menschen, die trotz Ansprüchen in der Rentenversicherung auf Grundsicherung angewiesen sind, gehen bei Ihrem Modell der Grundrente komplett leer aus, weil sie nicht ausreichend Versicherungsjahre haben. Drei Viertel, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition!
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bürgerversicherung ist die Antwort!)
Auf der anderen Seite sind über 90 Prozent der Empfänger Ihrer Grundrente gar nicht auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Dieses Grundrentenmodell hilft kaum gegen Altersarmut. Das muss Ihnen doch endlich zu denken geben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von der Union.
(Beifall bei der FDP)
Gleichzeitig haben Sie zur Gegenfinanzierung bisher nichts außer einem weißen Blatt Papier. Sie schaffen zahlreiche neue Ungerechtigkeiten, und Sie ignorieren die eindringlichen Hilferufe der Deutschen Rentenversicherung. Die haben uns in der Anhörung am Montag noch mal gesagt, dass die Verwaltungskosten bei dieser Grundrente dauerhaft, selbst nach der extrem teuren Einführung, 13 Prozent der Ausgaben für die Grundrente betragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, um diese 13 Prozent mal einzuordnen: Vertreter der Linken und auch Vertreter der Koalition kritisieren regelmäßig private Rentenversicherungsanbieter für ihre hohen Verwaltungskosten, zum Beispiel bei der Riester-Rente. Laut Verbraucherzentrale haben wir dort effektive Verwaltungskosten von 1,5 bis 1,6 Prozent. – Zu Recht führen Sie dann immer an: Die deutsche Rentenversicherung ist besser; die hat Verwaltungskosten bei allen sonstigen Rentenleistungen von 1,2 Prozent. – Und jetzt wollen Sie allen Ernstes eine neue Rentenleistung mit 13 Prozent Verwaltungskosten einführen? Das Zehnfache?
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Theurer [FDP]: Faktor zehn!)
Das kann doch nicht überzeugen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
Was wir stattdessen brauchen, ist ein Modell, das sicherstellt, dass jede und jeder, die oder der gearbeitet und eingezahlt hat, mehr hat als die Grundsicherung und mehr als diejenigen, die das nicht getan haben. Wir haben Ihnen ein solches Modell vorgelegt: die liberale Basisrente.
(Beifall bei der FDP)
Die ist fair, zielgenau und finanzierbar und wäre der bessere Weg.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Matthias Birkwald.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7448276 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | Mindestrente |