Daniela KolbeSPD - Mindestrente
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Bezug auf die Anträge der Linken und der Grünen – dieser ist erst etwas später dazugekommen – will ich mit dem Gemeinsamen anfangen. Für uns Sozialdemokraten kommen schon einige Punkte zusammen.
Ja, wir wollen die gesetzliche Rente stärken; denn für die allermeisten Menschen ist sie der Kern der Altersversorgung. Hier können wir gemeinsam ein Häkchen dranmachen. Wir stellen auch gemeinschaftlich fest, dass sie selbst für langjährig Versicherte in manchen Fällen nicht armutsfest ist: für Menschen mit sehr niedrigen Einkommen, die es in den letzten Jahrzehnten gab, für Menschen mit harten Brüchen in ihren Erwerbsbiografien, weil sie zum Beispiel Kinder erzogen oder Pflegebedürftige gepflegt haben. Wir sind uns zudem einig: Wer eine armutsfeste gesetzliche Rente haben will, muss natürlich bei den Löhnen anfangen und zum Beispiel den von der SPD eingeführten Mindestlohn auf 12 Euro anheben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eine Forderung der Linken übrigens!)
Das ist der richtige Weg. Angesichts von Hirngespinsten, den Mindestlohn einzufrieren oder sogar abzusenken, können wir nur den Kopf schütteln, richtig?
Zum Antrag der Linken muss ich sagen: In Ihrem Antrag wird nicht auf die Tarifverträge eingegangen, auch wenn sie in Ihrer Rede erwähnt wurden. Hier könnten Sie Ihren Antrag noch einmal nacharbeiten; denn Mindestlohn bleibt ein nicht sehr guter Lohn. Für uns als SPD ist klar: Ein guter Lohn ist ein Tariflohn. Wir wollen, dass es in Deutschland mehr Tariflöhne gibt.
(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das steht in anderen Anträgen!)
In einem entscheidenden Punkt sind wir aber mit den Linken dezidiert nicht einig. Das ist leider auch der Kern Ihres Antrages. Gemeint ist die sogenannte solidarische Mindestrente. Die bedeutet, dass de facto jeder die Mindestrente in Höhe von 1 050 Euro bekommt, egal wie viel er oder sie gearbeitet hat. Das entspricht nicht unserem Ansatz von Leistungsgerechtigkeit.
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Um eine Rente in dieser Höhe selbst zu erarbeiten, muss nach dem Ansatz der Rente nach Mindestentgeltpunkten jemand mit sehr niedrigem Einkommen mehr als 41 Jahre lang arbeiten. Das heißt, dass eine Reinigungskraft, die 41 Jahre lang malocht hat, in der Rente jemandem gleichgestellt ist, der nie gearbeitet hat oder mit jemandem, der nach dem jetzigem System nie eingezahlt hat, weil er selbstständig war.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Bei der Erwerbstätigenversicherung zahlen fast alle ein!)
Das würden sehr viele Menschen als schreiend ungerecht empfinden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU] – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das haben wir doch heute schon bei der Grundsicherung! Nur 250 Euro weniger!)
Mittlerweile haben fast alle Fraktionen ihr eigenes Konzept einer Mindest-, Basis-, Garantie-, Respekt- oder Grundrente vorgelegt. Einige sind mehr, andere sind weniger oder gar nicht geeignet, um Armut zu vermeiden oder den Menschen Respekt entgegenzubringen. Das Grundrentenkonzept der SPD ist – Überraschung – aus unserer Sicht das mit Abstand beste Konzept,
(Beifall bei der SPD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Erkläre das mal der Friseurin von Markus Kurth!)
eine richtige Mischung aus Armutsvermeidung und einem im Zentrum stehenden Respekt vor der Lebensleistung. Für uns ist ganz entscheidend: Wir wollen, dass das Vertrauen in die Sozialversicherungsrente wieder steigt. Dafür ist entscheidend: Wenn jemand jahrzehntelang hart verdientes Geld in diese Versicherung einzahlt, muss es sich für ihn nach einem langen Erwerbsleben auch auszahlen, dann muss mehr rausspringen als Grundsicherung. Von unserem Konzept jedenfalls werden 1,3 Millionen fleißige Menschen profitieren.
Die Grundrente hat allen anderen Konzepten noch etwas ganz Entscheidendes voraus: Sie steht nämlich kurz vor der Umsetzung.
(Beifall bei der SPD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Da ist die Hoffnung stärker als die Erfahrung!)
Es ist kein Geheimnis, dass wir um die Umsetzung der Grundrente schon lange gerungen haben und immer noch ringen. In der letzten Sitzungswoche haben wir endlich die erste Lesung zur Grundrente gehabt. Alles andere als eine zweite und dritte Lesung vor der Sommerpause wäre der blanke Hohn, gerade in der jetzigen Situation.
(Beifall bei der SPD)
In dieser Zeit ist sehr viel von Respekt die Rede. Ich konnte mich in den letzten Monaten darauf verlassen, dass ich in den Supermarkt gehen kann, dass ich in die Apotheke gehen kann, dass ich in die Arztpraxis gehen kann, dass meine Großeltern gepflegt werden, dass Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer – sicherlich in der Mehrzahl Fahrer – Waren an die Supermärkte liefern, dass mir der Postbote meine Lieferung an die Haustür bringt und das Essen an die Haustür kommt, wenn ich im Homeoffice arbeite. Und ich kann mich darauf verlassen, dass hier im Bundestag die Räume saubergemacht werden. Wir alle müssen doch festhalten, dass diese Menschen einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass unser Zusammenleben funktioniert. Es ist zynisch, dass gerade diese Menschen, denen wir hier alle miteinander Standing Ovations gespendet haben, nach einem Leben voller Arbeit und der Zahlung von Rentenbeiträgen dann bei der Rente oft nur in Grundsicherungsnähe landen. Es wäre zynisch, diesen Menschen, die unseren Laden am Laufen halten, jetzt die lange Nase zu zeigen und zu sagen: Ja, ist jetzt gerade irgendwie schwierig. Ist ja schwer, deswegen können wir leider die Grundrente doch nicht machen. – Und deswegen, liebe Union, sage ich: Gebt euch einen Ruck! Lasst uns das jetzt durchziehen und vor der Sommerpause beschließen!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Lasst diese fleißigen Leute nicht im Regen stehen.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wir wollen nicht, dass die in die Grundrente kommen, sondern dass sie ordentlich Geld verdienen!)
Es geht um 1,3 Millionen Menschen in diesem Land. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Grundrente am 1. Januar 2021 Wirklichkeit wird!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr schön!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Kolbe. – Für die AfD-Fraktion hat als Nächster das Wort der Kollege Norbert Kleinwächter. Bitte schön.
(Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: Oje!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7448280 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | Mindestrente |