29.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 24

Nils SchmidSPD - Bundeswehreinsatz EUTM Mali

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.

(Heiterkeit und Beifall – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Manchmal auch mit Pünktlichkeit! – Stephan Brandner [AfD]: Loriot!)

Die Wirklichkeit in Mali und in der Sahelregion ist unbefriedigend. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Was ursprünglich im Wesentlichen auf den Norden des Mali beschränkt schien – Unruhe, terroristische Angriffe –, hat sich inzwischen ausgeweitet auf Zentralmali. Burkina Faso wird zunehmend destabilisiert. In der letzten Zeit haben wir feststellen müssen, dass auch ein vermeintlich so stabiles Land wie Tschad von dschihadistischen Angriffen nicht verschont bleibt.

Politisch gibt es kaum Fortschritte beim innermalischen Versöhnungsprozess, auch wenn die Wahlen – unter schwierigen Bedingungen – stattgefunden haben. Und die zugrundeliegenden sozialen und ökonomischen Konflikte in Mali und den Nachbarländern sind vielfach ungelöst.

Deshalb ist die Beschreibung dessen, was europäische und andere Streitkräfte in Mali und in der Region machen, als reiner Antiterroreinsatz ungenügend. Es geht um weit mehr. Es geht darum, politische, staatliche Strukturen zu stärken, die nationalen Sicherheitskräfte in die Lage zu versetzen, aus eigener Kraft Sicherheit zu schaffen. Und es geht auch um politische Lösungen für politische Konflikte, um ökonomische Lösungen für ökonomische Konflikte, um soziale Lösungen für soziale Konflikte.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist dieser Einsatz der Bundeswehr in Mali, der jetzt auf die Region ausgeweitet werden soll, einer, der sich in den vernetzten Ansatz der deutschen Politik voll einbettet. Es geht darum, dort Sicherheit durch Ausbildung und Stärkung der eigenen Streitkräfte der Länder zu schaffen. Und ich muss sagen: Da gibt es einiges zu tun. Die bisherige Bilanz ist unbefriedigend. Es gibt auch Menschenrechtsverstöße, die malischen Sicherheitskräften zugeschrieben werden. Auch die Bilanz von 30 Jahren Militärkooperation Frankreichs mit Mali ist nicht sehr überzeugend. Für uns ist entscheidend, dass diese Ausbildungsmission planvoll und abgestimmt mit den Partnern malische Streitkräfte so ausbildet, dass es zu einer nachhaltigen Verbesserung der Lage kommt.

Und es ist für uns genauso entscheidend, neben der Zustimmung zu dieser Ausbildungsmission, dass die Bemühungen zur Lösung der zugrundeliegenden Konflikte fortgesetzt werden. Machen wir uns nichts vor; nicht jeder, der 200 Dollar und ein Motorrad bekommt, ist ein Dschihadist. Wir haben in vielen Regionen dieser Länder Verteilungskonflikte, die nicht nur mit unterschiedlichen Wirtschaftsformen zu tun haben. Sie haben mit ökologischen Konflikten zu tun, und sie haben damit zu tun, dass viele dieser Länder es nicht geschafft haben, eine politische Repräsentation aller Bevölkerungsteile in der zentralen Hauptstadt sicherzustellen. Das gilt für Mali; das gilt für andere Länder auch. Deshalb sind der Aufbau staatlicher Strukturen und eine ausgewogene politische Teilhabe aller besonders wichtig. Darum unterstützen wir zum Beispiel auch die Dialogprozesse der Berghof-Stiftung.

Eine Lehre aus dem Afghanistan-Einsatz – der nicht direkt mit Mali vergleichbar ist – ist auch, dass wir alles dafür tun müssen, mit den aufständischen Gruppen ins Gespräch zu kommen, sofern sie nicht völlig ideologisch verblendet sind, und nach und nach Inseln von Sicherheit und Frieden in diesen Ländern zu schaffen. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Bemühungen zum Dialog in diesen Ländern.

Militärische Sicherheit und Entwicklung sind untrennbar miteinander verknüpft. Deshalb reicht es nicht aus, taktisch-militärische Gewinne zu erzielen, indem bestimmte Regionen sozusagen freigekämpft werden, sondern es geht auch darum, strategisch nachhaltige Staatlichkeit in diese Region zu bringen. Auch das ist eine Lehre aus Afghanistan.

Deshalb – meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich schließen – wird uns die Sahelregion, wird uns dieser Bundeswehreinsatz noch längere Zeit beschäftigen. Ich rate uns allen, uns über die reine Mandatsbefassung hinaus weiterhin intensiv mit der Stabilität in dieser Region zu befassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Gerold Otten, AfD.

(Beifall bei der AfD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448815
Wahlperiode 19
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUTM Mali
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