29.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 27

Carsten TrägerSPD - Sozial-ökologische Transformation

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie stellt uns vor ungeahnte Herausforderungen, und ich finde, wir haben alle gemeinsam in den letzten Tagen und Wochen vieles richtig gemacht. Vieles ist aber auch noch zu tun. Und neben dem Gesundheitsschutz und dem Schutz des Lebens stehen heute ganz klar die wirtschaftliche Erholung und die Bewältigung der Folgen und der Schäden im Fokus der Debatte. Deswegen werden wir das größte Konjunkturpaket aller Zeiten schnüren – wahrscheinlich das größte zu meinen Lebzeiten.

Wenn man sich anschaut, was die europäischen Nachbarn tun werden und wie die Pläne der Europäischen Kommission sind, dann stellt man fest: Wir sprechen hier nicht mehr über Millionen, nicht über Milliarden, sondern über weit mehr als 1 Billion. Damit ist klar, dass wir mit dieser geballten Anstrengung Leitplanken dafür setzen, wohin die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahren geht. Mein Appell ist, dafür zu sorgen, dass diese Entwicklung nachhaltig und zukunftssicher verläuft und im besten Sinne der alten Grundsätze der Nachhaltigkeit trägt. Ökonomie, Ökologie und Soziales funktionieren am besten, wenn sie Hand in Hand gehen.

(Beifall bei der SPD)

Alles andere könnten wir unseren Kindern auch nicht erklären.

Weil es ja tatsächlich eine Vielfalt von Maßnahmen sein wird, die wir im Blick haben müssen, will ich in der Kürze der Zeit auf drei Bereiche abheben:

Der erste ist die Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien. Die „German Energiewende“ findet international Beachtung und hat viele Nachahmer. Gerade jetzt, in der Krise, werden weit mehr als 50 Prozent unserer Energieversorgung durch die erneuerbaren Energien bestritten, und diesen Weg wollen wir kraftvoll weitergehen. Da ist noch zu tun, aber ich finde, es ist auch schon mal eine gute Zwischenbilanz erlaubt. Das Ziel ist natürlich, dass wir 2050 klimaneutral wirtschaften.

(Beifall bei der SPD)

Insofern freue ich mich sehr, dass wir in der nächsten Sitzungswoche den Solardeckel endgültig abschaffen können

(Beifall des Abg. Timon Gremmels [SPD])

und auch den Streit um die Abstandsregel für Windräder lösen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Energiesektor geht also mit gutem Tempo voran. Aber es muss weitergehen. Vor allem ist es jetzt auch wichtig, dass andere Sektoren da sozusagen mit ins Boot geholt werden. Auch dafür gibt es schon Ansätze. Ich möchte hier ausdrücklich das Stichwort „Sektorkopplung“ und das Stichwort „Kraft-Wärme-Kopplung“ nennen. Diese Bereiche müssen wir im Blick haben, damit nicht nur im Energiebereich ökologischer und sozialer Fortschritt gelingen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich, zweitens, beim Thema Fortschritt bin – wir sprechen über den Schutz und die Erholung der Industrie –, dann komme ich an dem Bereich Mobilität natürlich nicht vorbei. Die deutsche Automobilindustrie ist mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen unsere Leitindustrie, und deswegen müssen wir sie im Fokus haben.

Ich sage ganz deutlich: Ich bin dabei, wenn es darum geht, dass wir die Automobilindustrie unterstützen und diese Arbeitsplätze schützen. Es muss aber natürlich eine Unterstützung sein, die den Wandel und die Zukunft im Blick hat. Das Ganze muss in eine nachhaltige Richtung gehen. Wir sprechen hier über E-Mobilität, über Antriebstechnologien der näheren und der mittleren Zukunft – Stichwort: Wasserstoff –, über Forschungsförderung, über Pilotanlagen und von mir aus gerne auch über die ersten Anwendungen, damit diese Technologie zum Fliegen gebracht werden kann – so ähnlich, wie wir es bei den erneuerbaren Energien auch gemacht haben. Wir müssen hier Unterstützung geben, und da bin ich gerne dabei. Es geht darum, dass wir nachhaltige Hilfe leisten und keine Strohfeuer zünden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir über Mobilität sprechen, dann muss man an dieser Stelle auch mal sagen: Es geht nicht nur um das Auto, sondern es geht natürlich auch um den öffentlichen Nahverkehr, es geht um den Schienenverkehr, es geht – nicht zu vergessen – um den Radverkehr und um die Lastenfahrräder. Das alles muss mit rein. Und wo findet das statt? Ganz Wesentliches müssen hier die Kommunen leisten, um die Infrastruktur bereitzustellen. Deswegen müssen wir auch ihre Nöte im Blick haben und sie in dieser Krise unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, dass wir nicht immer nur auf das Ende der Produktion schauen dürfen, sondern wir sollten vielmehr auch mal den Anfang der Kette in den Blick nehmen. Es geht um das Thema Ressourcenverbrauch und um die Frage, was wir mit den Rohstoffen machen, die uns dieser Planet zur Verfügung stellt. Ich bin der festen Auffassung, dass wir hier viel, viel besser werden können. Wir müssen mehr Ressourcen einsparen, und wenn wir die Produkte entwickeln, die wir für unseren Wohlstand brauchen und auch haben wollen, dann müssen wir im Blick haben, wie wir sie in Zukunft gut zerlegen, recyceln und intelligent entsorgen können.

Das Stichwort lautet „Kreislaufwirtschaft“. Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als nur Abfallwirtschaft. Hier könnten wir mit wenig Geld viele Potenziale auslösen und heben. Deutschland ist in diesem Bereich schon Weltmarktführer, und da gibt es auch schon gute Anfänge. Diese Krise bietet die Chance, dass wir diese Technologie exportieren und bei der zukünftigen Entwicklung im Blick haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da müssen wir gar nicht viel Geld in die Hand nehmen, sondern mit kluger Regulierung könnten wir tatsächlich große Unterstützung leisten. Die Europäer haben das erkannt. Bei der Europäischen Kommission und beim Green Deal steht das Thema Kreislaufwirtschaft ganz oben auf der Agenda, und meine Bitte, mein Appell ist, dass entsprechende Maßnahmen Teil des nationalen Konjunkturpakets werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erliegen wir nicht der Versuchung, die Klimakrise gegen die Coronakrise auszuspielen, sondern suchen wir einen Weg, der uns aus beiden Krisen herausführt! Wir haben da schon vieles gemeinsam erreicht, und ich glaube, wir sollten diese Krise als Chance bewerten und kraftvolle Maßnahmen ergreifen, damit wir in beiden Bereichen vorankommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Träger. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Lukas Köhler, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448864
Wahlperiode 19
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Sozial-ökologische Transformation
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