29.05.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 164 / Tagesordnungspunkt 29

Benjamin StrasserFDP - Kopfverhüllungen (Kinder)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt für alles Parlamentspremieren. Heute hat die AfD zum ersten Mal eine Kleine Anfrage in Form eines Antrages in den Deutschen Bundestag eingebracht. Ihr Antrag stellt von der Überschrift bis zum Ende nur Fragen und gibt keine Antworten. Anders als Frau Harder-Kühnel behauptet hat, steht in Ihrem Antrag nichts von einem Kopftuchverbot, vielmehr ist von einer Studie zu einem Kopftuchverbot die Rede. Das zeigt uns allen: Ein Kopftuchverbot ist schnell gefordert, aber umso schwerer umzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Das liegt daran, dass das Kopftuch ein ambivalentes Symbol ist. Es ist auf der einen Seite, so die Rechtsprechung unseres Verfassungsgerichts, ein religiöses Symbol, und es ist auf der anderen Seite natürlich ein Instrument, mit dem Frauen ihre sexuellen Reize vor Männern verdecken. Ein gleichwertiges Instrument gibt es für Männer im Islam nicht. Wegen dieser Ambivalenz ist es berechtigt, Fragen zu stellen. Natürlich kann man die Frage stellen, ob bei Kindern überhaupt sexuelle Reize, eine entsprechende Ausstrahlung, bestehen. Natürlich kann man fragen, ob ein bestimmtes Rollenbild von einer Überordnung des Mannes vermittelt wird. Natürlich kann man die Frage stellen, ob Kinder in der Schule ausgegrenzt werden. Man muss aber den Blick weiten. Man muss immer über die Frage des elterlichen Erziehungsrechts und die Frage der Religionsfreiheit diskutieren.

Liebe Kollegin Warken, Sie haben die Studien angesprochen. Für mich persönlich ist die Frage, ob ein Verbot verfassungsrechtlich möglich ist oder nicht, gar nicht die zentrale Frage. Für mich ist die zentrale Frage: Welche Folgewirkungen hat ein solches Verbot? Die Studie von Terre des Femmes, die Frau Harder-Kühnel zitiert hat, kommt zu dem Ergebnis: Wenn wir ein solches Verbot wollen, dann muss es aufgrund von Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes für alle religiösen Bekleidungsvorschriften in den Schulen gelten. Das heißt: keine Kippa für Jungen, kein Halskreuz für Jungen und Mädchen. Die entscheidende Frage ist: Wollen wir das? Ich beantworte diese Frage für mich mit Nein. Ich möchte das nicht.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie der Abg. Gökay Akbulut [DIE LINKE])

Die zentrale Herausforderung ist: Wie stärken wir das Selbstbestimmungsrecht von jungen Frauen und Mädchen? Dazu ist es wichtig, zu wissen, was entscheidend dafür war, dass das Kopftuch getragen wird. Das ist nicht der Ehemann, das ist nicht der Bruder, das ist nicht der Vater, sondern 40 Prozent der Kopftuchträgerinnen sagen: Die entscheidende Rolle hat die Mutter gespielt. Deswegen müssen wir in die Schulen gehen. Wir brauchen in den Schulen Aufklärung. Wir müssen den Dialog mit Musliminnen und Muslimen führen. Und wir als Staat müssen auch den Dialog innerhalb der muslimischen Gemeinschaft begleiten. Das ist unsere Aufgabe. Deswegen werden meine Kollegin Nicole Bauer, unsere frauenpolitische Sprecherin, und ich genau diesen Dialog in den kommenden Wochen mit Muslimenverbänden und anderen Verbänden führen. Dieser Antrag der AfD ist dazu ein denkbar ungeeigneter Anlass. Deswegen lehnen wir ihn auch ab.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der AfD: Geben Sie die Ergebnisse dieses Dialogs bitte bekannt! Da freuen wir uns schon drauf!)

Das Wort hat Dr. Lars Castellucci für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7448890
Wahlperiode 19
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Kopfverhüllungen (Kinder)
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