Josip JuratovicSPD - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Seit 21 Jahren ist die Bundeswehr nun schon im Rahmen von KFOR im Kosovo vor Ort. Das ist wahrlich eine lange Zeitspanne, und sie provoziert zwei durchaus berechtigte Fragen, über die wir reden müssen, wenn wir hier heute über eine Mandatsverlängerung für diesen Einsatz entscheiden. Erstens: Was ist in dieser Zeit erreicht worden? Und zweitens: Warum beenden wir diesen Einsatz nicht endlich?
Eine Antwort auf diese Fragen sind wir dabei nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes schuldig. Vielmehr müssen wir uns an die vielen Tausend Soldatinnen und Soldaten wenden, die im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte treu ihren Dienst im Kosovo geleistet haben und dies auch weiterhin tun. Ihnen möchte ich an dieser Stelle meine Dankbarkeit ausdrücken.
(Beifall bei der SPD, CDU/CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als die Bundeswehr am 12. Juni 1999 zum ersten Mal kosovarischen Boden betrat, hatte die Region gerade eine Phase furchtbarster ethnischer Gewalt durchlebt, wie es sie in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hatte.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Was ist kosovarischer Boden 1999?)
In den Monaten zuvor waren Tausende Zivilisten getötet und Hunderttausende in einem systematischen Terrorakt gewaltsam vertrieben worden. Offiziell war der Krieg zwar vorbei, der Konflikt aber lange nicht befriedet, und gewaltsame Auseinandersetzungen waren nach wie vor auf der Tagesordnung. Der Kosovo stand unter der Verwaltungshoheit der Vereinten Nationen; eine funktionierende Staatlichkeit im Land erschien fast illusorisch nach einer Dekade der Brutalität.
Ruft man sich diese Situation heute zurück ins Gedächtnis, ist offensichtlich, was seitdem erreicht wurde: Das Land hat sich mit internationaler Unterstützung und mit seiner Unabhängigkeitserklärung eine moderne, demokratische Verfassung gegeben. – Das alles war nur möglich unter dem Schutz von KFOR.
Warum also den Einsatz trotzdem nicht beenden? Im Kosovo eifern nach wie vor Nationalisten und Separatisten sowie Glücksritter aller Art darum, alte Wunden offen zu halten und künstliche völkische Rivalitäten zu befeuern. So behindern sie nicht nur seit Jahren das gewaltige Potenzial der Länder, die sie so sehr zu lieben vorgeben. Nein, sie machen sie auch zunehmend zu nützlichen Handlangern für auswärtige Mächte, die wenig Interesse an einem politisch stabilen Westbalkan haben.
Leider benutzen neben Russland inzwischen auch die USA sowie Teile von Europa den Westbalkan als Übungsplatz für vorerst gedankliche Experimente, wie zum Beispiel wenn es um das Thema „Landtausch zwischen Serbien und dem Kosovo“ geht;
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Eine gute Idee!)
ein Unterfangen, das sich blitzartig zum Feuerinferno über den ganzen Westbalkan und darüber hinaus ausbreiten kann.
(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: 1999!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt zwar kein Feuer auf dem Westbalkan wie sonst wo auf der Welt, aber die Glut im Kosovo ist noch lange nicht ausgelöscht.
Und nun das Wichtigste: Unsere militärische Mission funktioniert hauptsächlich durch ihre psychologische Wirkung auf die Bevölkerung. Sie wirkt friedensstiftend und beruhigend auf die Bevölkerung in ihrer Angst, dass sie wieder einmal von korrupten politischen Eliten ins Verderben getrieben werden könnte.
(Beifall bei der SPD)
Das alles leistet KFOR seit Jahren mit Erfolg und, was noch viel wichtiger ist, mit dem großen Zuspruch der kosovarischen Bevölkerung – zuletzt im Rahmen der Bekämpfung der Coronapandemie. Deshalb bitte ich Sie im Namen der Friedenssicherung auf dem Westbalkan und in Anerkennung der Leistung der Friedensstifter, zu denen auch die KFOR-Mission gehört, der Mandatsverlängerung zuzustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Jens Kestner, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7452426 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 165 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR) |