Marcel KlingeFDP - Pauschalreisevertragsrecht
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nachdem ich heute drei Stunden demonstrieren war und es ziemlich laut wurde, hatte ich mir eigentlich vorgenommen, mein Gemüt in dieser Debatte ein bisschen zurückzunehmen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie stellen sich hierhin und sagen, dass das Reisen wieder richtig gut anläuft und dass wieder Buchungen getätigt werden. Ich sage Ihnen: Das hat nichts, aber auch gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Sprechen Sie einmal mit den Touristikern draußen im Land. So etwas sagt Ihnen keiner.
(Beifall bei der FDP)
Ich habe heute von einer Cheforganisatorin der Demonstration diese rote Karte bekommen,
(Der Redner hält eine rote Karte hoch)
die ich eigentlich Außenminister Heiko Maas geben sollte. Ich finde, diese rote Karte sagt sehr viel darüber aus, was die Touristiker in Deutschland über die Politik der Großen Koalition denken.
(Beifall bei der FDP)
Nun zurück zum Thema. Die deutsche Reisewirtschaft, meine Damen und Herren, steht kurz vor dem Zusammenbruch. Seit Wochen gehen Menschen, die in mittelständischen Reisebüros, bei Reiseveranstaltern, bei Busunternehmern arbeiten, auf die Straße, und zwar deutschlandweit. Viele von ihnen demonstrieren das erste Mal in ihrem Leben, weil sie sich von der Großen Koalition im Stich gelassen fühlen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Quatsch!)
Diese Bundesregierung hört der Branche nicht zu! Diese Bundesregierung nimmt ihre Anliegen nicht ernst! Und vor allem: Diese Bundesregierung handelt nicht!
(Beifall bei der FDP – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wieso?)
Dabei tickt die Insolvenzuhr von Tag zu Tag schneller. Ihr monatelanges Hin und Her bei den Gutscheinen – Sie haben sich in Brüssel eine blutige politische Nase nach der anderen eingefangen – hat das Vertrauen in dieses Instrument massiv beschädigt. Für jeden, der sich damit auskennt, ist das Thema abgeschlossen. Damit werden wir keinen Erfolg haben, wir brauchen daher andere Maßnahmen, die helfen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als Allererstes müssen wir – das ist meine tiefe Überzeugung – das immense Liquiditätsproblem in der Branche angehen. Die FDP will dazu einen milliardenschweren Rettungskreditfonds einrichten, der das System einerseits stabilisiert und der andererseits – das sage ich als Sprecher für Tourismus – Vertrauen schafft und eine Perspektive gibt. Das ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig.
Die Anbieter von Reiseleistungen kämpfen aktuell ums Überleben. Seit März gibt es kein Neugeschäft, Frau Ministerin, dafür Stornos und Rückzahlungen von Kundengeldern am laufenden Band. Das hält kein mittelständischer Betrieb durch, egal wie gut er in der Vergangenheit gewirtschaftet hat.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen brauchen wir einen Kreditfonds mit langer Laufzeit und einem vernünftigen Zins, wie wir ihn heute vorschlagen, der unsere Betriebe durch diese schwierige Phase führt. Der Anstoß, der Kern unseres Antrages kommt übrigens direkt aus der Branche; denn wir reden mit ihnen. Es geht in dieser Krise nur miteinander und nicht gegeneinander. Diese Lektion muss die Große Koalition endlich einmal lernen.
(Beifall bei der FDP)
Wir brauchen zweitens neben dem Fonds vor der Sommerpause endlich Klarheit und Verlässlichkeit für die Urlauberinnen und Urlauber, aber auch für unsere Touristiker. Deswegen fordere ich Bundesaußenminister Heiko Maas auf, die pauschalen Reisewarnungen für 160 Nicht-EU-Staaten – das sind Länder wie die Türkei, Ägypten, Tunesien, die zu den Topreisezielen der Deutschen zählen – durch differenzierte Hinweise zu ersetzen.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die Zukunft der inhabergeführten Reisebetriebe in unserem Land mit über hunderttausend Arbeits- und Ausbildungsplätzen entscheidet sich in diesen Tagen. Deswegen appelliere ich eindringlich an die Große Koalition: Handeln Sie endlich, und setzen Sie den vorgeschlagenen Kreditfonds endlich um!
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Dr. Marcel Klinge. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Kerstin Kassner.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7452485 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 165 |
Tagesordnungspunkt | Pauschalreisevertragsrecht |