Christine Aschenberg-DugnusFDP - Epidemische Lage von nationaler Tragweite
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gesundheit der Bevölkerung und deren Schutz haben oberste Priorität. Darüber sind wir uns in diesem Hause alle einig. Deswegen haben wir auch gemeinsam am 25. März den Gesundheitsnotstand für unser Land, also die epidemische Lage von nationaler Tragweite, beschlossen. Damals gab es täglich 4 000 bis 6 000 Neuinfizierte, und deswegen mussten wir handeln.
Jetzt ist die Lage jedoch auch dank des Einsatzes aller Akteure im Gesundheitswesen eine andere. Wir verzeichnen täglich lediglich 200 bis 400 Neuinfizierte. In Deutschland gibt es, meine Damen und Herren, in über einem Drittel der Landkreise innerhalb von sieben Tagen keinerlei Neuinfektionen. Deshalb stellen wir uns als FDP-Fraktion nach drei Monaten die Frage: Wann ist eine epidemische Lage eigentlich nicht mehr gegeben? Wir haben dazu ein Rechtsgutachten erstellen lassen, und das Ergebnis ist: Eine epidemische Lage setzt erstens eine Überforderung des öffentlichen Gesundheitswesens voraus. Sie setzt voraus, dass es zweitens einer zentralen Steuerung auf Bundesebene bedarf und dass drittens die Bundesländer nicht mehr in der Lage sind, die Situation eigenständig zu bewältigen.
In meinem Bundesland Schleswig-Holstein gibt es zurzeit vier Infizierte, die im Krankenhaus behandelt werden, und in den letzten sieben Tagen wurden ganze sieben Fälle gemeldet. Meine Damen und Herren, deutschlandweit sind 35 Prozent der Intensivbetten frei. Testkapazitäten, Schutzkleidung – all das ist ausreichend vorhanden. Alle diese Beispiele zeigen: Von einer Überforderung des öffentlichen Gesundheitswesens kann keine Rede mehr sein und damit auch nicht mehr von einer epidemischen Notlage.
(Beifall bei der FDP – Enrico Komning [AfD]: Das hätte euch aber früher einfallen können!)
Selbstverständlich – und das möchte ich besonders betonen – ist Corona nicht besiegt, aber Corona ist beherrschbarer geworden.
(Sabine Dittmar [SPD]: Mutig, mutig!)
Die Ausgangsbeschränkungen wurden gelockert. Familientreffen können wieder stattfinden, und auch der Besuch in Pflegeheimen ist wieder möglich, was mir persönlich besonders wichtig ist.
Wenn wir die epidemische Lage aufheben, bedeutet das aber nicht, dass automatisch alle Coronabeschränkungen fallen. Selbstverständlich müssen wir auch weiterhin anlassbezogen die Abstands-und Hygieneregeln einhalten. Wie ich eben schon sagte: Anlassbezogenes, regionales und differenziertes Handeln ist erforderlich, und das setzen die Länder, meine Damen und Herren, schon seit Wochen vorbildlich um.
(Beifall bei der FDP)
Ich frage Sie als Bundesregierung: Wie können Sie von einer Überforderung des Gesundheitswesens ausgehen, wenn in dem größten Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, die Geltungsdauer der im Landespandemiegesetz vorgesehenen epidemischen Lage gerade nicht verlängert wurde? Das passt doch überhaupt nicht zusammen.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, Sonderrechte für die Bundesregierung sind jetzt nicht mehr notwendig. Parlamentsrechte – das ist mir besonders wichtig – gelten ohne Abstriche auch in Zeiten der Epidemie und des Notstandes.
(Beifall bei der FDP)
Das gilt auch ganz besonders für unser Grundgesetz.
Meine Damen und Herren, wir sind doch alle selbstbewusste Parlamentarier. Ziehen wir doch die Rechtsetzung dahin zurück, wo sie hingehört, nämlich in dieses Hohe Haus!
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Nächster Redner ist der Kollege Rudolf Henke, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/7452697 |
Electoral Period | 19 |
Session | 166 |
Agenda Item | Epidemische Lage von nationaler Tragweite |