Konstantin KuhleFDP - Polizeibeauftragte/r des Bundes
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tod des US-Amerikaners George Floyd hat viele Menschen auf der ganzen Welt traurig gemacht und zutiefst verstört, und es hat an vielen Orten auf der Welt und auch in Deutschland Demonstrationen gegen Rassismus gegeben. Ich glaube, es ist wichtig, noch einmal zu sagen, dass man den Menschen, die gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung, gegen Diskriminierung demonstrieren, mit Solidarität und Unterstützung begegnen sollte.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Timon Gremmels [SPD])
Das Ganze hat auch in Deutschland eine Debatte über die Frage von Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst. Ich habe ein bisschen die Sorge, dass in dieser Debatte sehr wenige Akteure bereit sind, überhaupt irgendetwas dazuzulernen. Das geht zunächst los mit der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die eine pauschale, irritierende Äußerung über die Polizei gemacht hat. Dann hat sich der niedersächsische Innenminister gedacht: Um Gottes willen! Das müssen wir irgendwie einfangen, damit nicht so viele SPD-Wählerinnen und SPD-Wähler in Niedersachsen mitkriegen, was Frau Esken da eigentlich Diffamierendes über die Polizei gesagt hat. – Daraufhin hat er sie nach Nienburg eingeladen, dann hat sie sich das angesehen, und es wurde eine große Läuterungsgeschichte über Frau Esken erzählt.
Mir wäre es lieber gewesen – ich vermute, auch vielen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten –, man hätte sich vorher einmal mit der Polizei unterhalten und an der entscheidenden Stelle miteinander einen Dialog darüber geführt, wie die Ausbildung der Polizei in Deutschland ist. Dann hätte man gesehen, dass die Ausbildung den entscheidenden Unterschied zwischen der Situation in den Vereinigten Staaten und der Situation in Deutschland ausmacht. Wir können stolz darauf sein, dass unsere Polizei in Deutschland so gut ausgebildet ist.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Aber es gibt auch andere Akteure – dazu gehören die Kommentatoren, die jüngst in der Tageszeitung „taz“ Polizisten pauschal als menschlichen Abfall bezeichnet haben –, die in dieser Debatte ausschließlich auf Provokation aus sind und null dazulernen wollen. Natürlich kann die „taz“ und können die Autoren im Rahmen ihrer Pressearbeit, im Rahmen der Pressefreiheit schreiben, was sie wollen. Aber ich will schon einmal darauf hinweisen, dass es sehr viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte gibt, die die körperliche Unversehrtheit und die anderen Grundrechte – auch die Pressefreiheit – ausgerechnet derjenigen schützen, die sich in so diffamierender und herabwürdigender Weise über die Polizei äußern.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch das leistet unsere Polizei, und auch dafür gilt ihr, gilt allen Frauen und Männern in Uniform ausdrücklich ein Dankeschön.
Meine Damen und Herren, die Grünen haben hier jetzt verschiedene Initiativen vorgelegt, die sich mit der Frage beschäftigen, wie mit rassistischen und diskriminierenden Vorfällen in der Polizei im Einzelnen umgegangen werden kann. Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Debatte hier stattfindet. Wir müssen aber feststellen, dass in den 16 Bundesländern auf Landesebene schon sehr unterschiedliche Modelle existieren: von Vertrauensstellen über Beschwerdestellen bis hin zu Polizeibeauftragten, die es in einigen Bundesländern auch gibt.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei mit FDP-Beteiligung!)
Für uns werden die Ergebnisse aus diesen Ländern in dem Gesetzentwurf nicht hinreichend gewürdigt. Es wird auch nicht hinreichend gewürdigt, dass es auf Bundesebene schon eine Vertrauensstelle gibt. Deswegen werden wir uns enthalten, werden diese Diskussion aber weiter begleiten, weil es natürlich auch Stellen geben muss, an die man sich bei Fehlverhalten, das es im Einzelnen auch gibt, wenden kann.
Ich will aber, meine Damen und Herren, noch auf einen letzten Aspekt zu sprechen kommen, der für meine Begriffe ein bisschen zu kurz kommt. Wir sprechen über strukturellen Rassismus – um es mit Saskia Esken zu sagen: wir sprechen über „latenten Rassismus“ –; wir sprechen über Fehlverhalten; wir sprechen über den Vergleich zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Aber wir sollten auch nicht vergessen, dass wir abseits der täglichen Polizeiarbeit konkrete rechtsextremistische Umtriebe in unseren Sicherheitsbehörden haben, wo wir dringend Aufarbeitung betreiben müssen.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Franco A., „Hannibal“, Nordkreuz, die jüngsten Erkenntnisse aus dem Bereich KSK, die wir gewonnen haben, die Hilferufe, die uns als Parlamentarier und auch die Bundesregierung erreichen:
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da könnte der Polizeibeauftragte helfen!)
Da muss Aufarbeitung stattfinden. Im Beamtenrecht muss etwas geändert werden. Die Staatsanwaltschaften müssen da durchgreifen. Wir müssen uns insgesamt um diese Probleme kümmern und sollten uns bei dieser Debatte nicht verzetteln, indem wir über das Gros der Polizeibeamten sprechen. Auf diese einzelnen rechtsextremistischen Vorfälle muss der Fokus gerichtet werden, und da müssen wir deutlich stärker werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Der nächste Redner: für die Fraktion Die Linke der Kollege Dr. André Hahn.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7452745 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 166 |
Tagesordnungspunkt | Polizeibeauftragte/r des Bundes |