Frauke Petryfraktionslos - SURE-Gewährleistungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin nicht sicher, was schlimmer ist: eine Bundesregierung, die leichtfertig über 6 Milliarden Euro Garantien nach dem Gießkannenprinzip an europäische Nachbarländer verschenkt und damit den Weg zu weiteren automatisierten Garantien für die nächsten Jahre beschreitet, oder eine flügellahme Opposition, die dies fast geräuschlos geschehen lässt.
Dass Sie, Herr Fricke von der FDP, auch noch Ihre Zustimmung rühmen, zeigt, wie sehr Ihre Partei ihre Finanzkompetenz eingebüßt hat. Dass Sie sogar noch im Haushaltsausschuss zu Protokoll geben können, dass es sich um eine temporäre Maßnahme handelt, während selbst hier im Plenarsaal alle offen darüber reden, dass es ein langfristiges Instrument ist – Sie können doch die Dokumente der Europäischen Union lesen und können das nicht überlesen haben –, das zeugt mindestens schon von eigener Ignoranz.
Fakt ist: 6,4 Milliarden Euro Garantien für ein europäisches Kurzarbeitergeld sind nur der Anfang, und das sagen SPD und alle linken Parteien ganz offen. Der eigentliche Tabubruch ist der damit verbundene Einstieg in eine europäische Arbeitslosenversicherung, die sich, aus Frankreich immer wieder angeschoben, seit Jahren anbahnt – wohlgemerkt: nicht eine gemeinsame Rentenversicherung, nicht eine gemeinsame Krankenversicherung, und fragen Sie mal, warum.
Sie verstoßen eindeutig gegen das europäische Verschuldungsverbot, Sie betreten unter dem durchsichtigen Coronavorwand einmal mehr den Weg in die gemeinsame Staatsverschuldung, und es gibt keinerlei Auflagen für diese Finanzhilfen wie noch bei den Rettungsschirmen, noch nicht mal eine Prüfung der Bedürftigkeit.
Wir reden über mindestens 10 Jahre Laufzeit der Garantien bei Aufnahme des geplanten 100-Milliarden-Kreditvolumens, und das auch nur dann, wenn die Rückzahlung regulär erfolgt. Aber beim Lesen der EU-Verordnung können Sie selbst das bereits jetzt mit einem großen Fragezeichen versehen. Die Einbringer des Gesetzentwurfs – CDU/CSU und SPD – geben ganz offen zu, dass die – Zitat – „mittelbaren finanziellen Auswirkungen … nicht bezifferbar“ sind. Deutlicher kann ein finanzieller Offenbarungseid nicht sein.
Herr Finanzminister, Frau Kanzlerin, Sie bestehlen einmal mehr Ihre eigenen Bürger, Sie bestehlen aber auch langfristig Europa, nämlich seiner wirtschaftlichen und sozialen Stabilität. Aber vermutlich glauben Sie, dass nach den vielen hundert Milliarden Euro der vergangenen Jahre in Rettungsschirmen, Target-Salden und auch dem neuerlich gesteigerten EU-Beitrag von bald über 40 Milliarden Euro diese vermeintlich lächerlichen 6 Milliarden Euro nicht mehr ins Gewicht fallen.
Meine Damen und Herren, Geld erhält keine Freundschaft, auch europäische Freundschaften lassen sich nicht kaufen, und widerstandsfähig ist ein Individuum wie ein Staat, wenn mithilfe des eigenen Immunsystems die Krise gemeistert wurde.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Ende.
Ihre Politik der vorschnellen Geldgeschenke ist genauso toxisch wie vorschnell verabreichte Medikamente. Wir können dieses Gesetz zwar nicht aufhalten; aber wir protestieren dagegen und reichen einen Änderungsantrag ein, der in der Lage wäre, die schweren Folgen dieses Entwurfes abzumildern.
Danke.
(Beifall des Abg. Mario Mieruch [fraktionslos])
Der Kollege Florian Oßner ist der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt. Herr Kollege Oßner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/7453034 |
Electoral Period | 19 |
Session | 166 |
Agenda Item | SURE-Gewährleistungsgesetz |