Christine Lambrecht - StGB – Schriftenbegriff, Handlungen im Ausland
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon sehr viel über den Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie gesprochen. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, aber auch das Gesetz, das ich jetzt einbringe, das ich jetzt hier vorstelle, dient dazu, dass die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie noch besser erfolgen kann.
Die heute eingebrachte Gesetzesvorlage ist ein Update für unser Strafgesetzbuch. Wir modernisieren das Gesetz in mehrfacher Hinsicht. Ich möchte Ihnen gerne zwei Punkte besonders darlegen.
Wir machen das StGB fit für digitale Kommunikation im Internet. Zurzeit nehmen nämlich ganz viele Bestimmungen noch darauf Bezug, dass ein Täter „Schriften“ verbreitet. Das klingt nach Fotokopierer, nach Druckerschwärze und nach Papier. Das ist nicht mehr zeitgemäß, das geht an der modernen Lebensrealität vorbei; denn die Straftaten, um die es geht, werden heute im Internet begangen, über Videosharingplattformen, mit Messengerdiensten oder per E-Mail. Ich meine damit Straftaten wie Volksverhetzung oder Kinderpornografie. Hier muss der Rechtsstaat auf der Höhe der technischen Entwicklung sein.
Das erreichen wir mit unserem Gesetzentwurf; den veralteten Begriff „Schrift“ motten wir nämlich ein. In Zukunft soll es nur noch um die „Inhalte“ gehen. Für einen Inhalt ist es nämlich egal, auf welchen technischen Wegen er verbreitet wird. Ein Inhalt muss nicht gedruckt werden. Ein Inhalt kann auch gestreamt werden oder mit Messengerdiensten wie WhatsApp verbreitet werden. Kurzum: Auf die Verbreitungstechnik kommt es in Zukunft nicht mehr an. Dann ist auch egal, ob der digitale Verbreitungsweg ein Telemediendienst ist oder nicht. Das hat bisher in der Praxis nämlich zu schwierigen Abgrenzungsfragen geführt.
Mit der Entwicklung von der Schrift zum Inhalt setzen wir ein weiteres Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir das Strafrecht an einer weiteren, an einer ganz anderen Stelle modernisieren. In der Vorschrift über die Schuldunfähigkeit ist bisher von „Schwachsinn“ und von „Abartigkeit“ die Rede. Diese Wörter passen nicht mehr in unsere Zeit. Sie sind abwertend, sie sind diskriminierend. Kein Psychiater würde sie heute noch benutzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb ersetzen wir diese Wörter durch Begriffe, die neutral und sachlich sind. In Zukunft soll in den Vorschriften von „Intelligenzminderung“ und von „Störung“ die Rede sein. Das ist auch ein Anliegen des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Inhaltlich ändert sich durch die neuen Begriffe nichts. Insoweit bleibt in diesem hochsensiblen Bereich des Strafrechts alles beim Bewährten. Es geht uns darum, die herabsetzende und die diskriminierende Sprache zu beenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Software des Rechtsstaats braucht von Zeit zu Zeit ein Update. Heute ist es an der Zeit, das Strafgesetzbuch, das StGB, an die Herausforderungen der Gegenwart anzupassen. Ich bitte um Ihre Unterstützung in den anstehenden Beratungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist für die Fraktion der AfD der Kollege Jens Maier.
(Beifall bei der AfD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 166 |
Agenda Item | StGB – Schriftenbegriff, Handlungen im Ausland |