Florian ToncarFDP - Corona-Konjunkturpaket
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kombination aus steuerlichen Entlastungen und Investitionen, die die Regierung vorschlägt, ist ja, wenn man es einmal auf der Abstraktionsebene betrachtet, gar nicht so falsch. Die Mischung ist jedenfalls besser, als wenn der Staat lauter Programme machen würde, bei denen er Einzelbranchen mit dieser oder jener Maßnahme beglückt. Ich will noch hinzufügen: Maßnahmen wie verbesserter Verlustrücktrag oder auch das Thema Abschreibungsfristen sind natürlich von der Richtung her richtig. Vielleicht hätte man das noch konsequenter machen können, aber das stimmt schon.
Aber der Preis für diese ganzen Maßnahmen ist natürlich hoch: 218 Milliarden Euro Neuverschuldung – nur der Bund, ohne Sondervermögen, ohne Wirtschaftsstabilisierungsfonds, ohne Länder, ohne Europa. Das sind im Kernhaushalt 2 700 Euro Neuverschuldung pro Bürger von null Jahren bis zum ältesten Bewohner Deutschlands. 2 700 Euro neue Schulden ist mehr als doppelt so viel Neuverschuldung wie in den letzten zehn Jahren zusammen. Und deswegen ist es sehr wohl gut begründungsbedürftig, was mit diesem Geld erreicht und was mit diesem Geld bewirkt werden soll. Und genau darum geht es auch bei der Kritik an diesem Gesetz.
(Beifall bei der FDP)
Wenn man 218 Milliarden Euro Neuverschuldung letztlich auf Kosten der Bürger vorschlägt und gleichzeitig die Rücklagen von 40 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro steigert, also eine riesige Barkasse behält, dann kann man den Bürgern doch nicht ernsthaft sagen: Wir haben alles getan, um die Verschuldung wenigstens in Grenzen zu halten. – Das Gegenteil ist der Fall: Sie haben sie ausgeweitet.
(Beifall bei der FDP)
Herr Minister Scholz, Sie können hier ein noch so staatstragendes Gesicht auflegen
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Er hat das!)
und die Bedeutung der Situation noch so betonen: Der Umgang mit den Rücklagen, die Sie ausgerechnet vor einem Wahljahr ansammeln, zeigt, worum es Ihnen geht: sicher auch um das Land – das will ich Ihnen nicht absprechen –, aber ein bisschen auch um sich selbst und Ihre politischen Möglichkeiten im Wahljahr. Und das muss man hier herausarbeiten, weil es nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ist, die Schulden so hochzutreiben, wie Sie das tun.
(Beifall bei der FDP)
Des Weiteren muss man sich natürlich anschauen, was Sie mit diesen Maßnahmen für die Wirtschaft wirklich erreichen. Niemand bei der FDP hat etwas gegen Steuersenkungen.
(Ulli Nissen [SPD]: Was?)
Das haben Sie, glaube ich, selber nicht für wahr gehalten, Kollege Güntzler.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das haben wir ganz anders verstanden!)
– Dann haben Sie es falsch verstanden, weil Sie vielleicht darauf gewartet haben, es mal falsch verstehen zu dürfen.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Lesen Sie noch mal nach!)
Aber was ist denn das Problem bei einer befristeten Mehrwertsteuersenkung? Sie hoffen darauf, dass die Leute sich dann bis Weihnachten etwas kaufen, was sie sich sonst vielleicht nicht gekauft hätten. Und nun ist es doch aber so, dass die Leute, wenn sie sich dieses Jahr noch ein Auto oder ein neues Sofa oder irgendein Elektrogerät kaufen, das im Januar, Februar oder März nicht gleich wieder machen werden.
(Zuruf von der FDP: So ist es!)
Sie produzieren also einen Weihnachtsboom, und die Flaute Anfang 2021 ist darin schon angelegt. Genau das ist doch der Grund, warum die 20 Milliarden Euro, die Sie für die Mehrwertsteuersenkung einsetzen, nicht nachhaltig für mehr Wachstum sorgen.
(Beifall bei der FDP)
Das ginge sehr viel besser durch den Abbau des Mittelstandsbauchs – müssen wir sowieso machen –, durch eine Unternehmensteuerreform – müssen wir sowieso machen –, durch eine Abschaffung des Soli – müssen wir sowieso machen. Machen wir doch das, was wir sowieso machen würden und was auch sehr viel nachhaltiger dafür sorgt, dass die Wirtschaft läuft, nicht nur bis Weihnachten, sondern auch 2021, 2022 und 2023.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Michael Schrodi [SPD] und Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Michael Schrodi, SPD, ist der nächste Redner.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7453114 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Corona-Konjunkturpaket |