19.06.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 28

Gerhard Helmuth Berengar Elsner von GronowAfD - Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2019

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Wehrbeauftragten fand und findet zunehmend mehr Beachtung. Das ist sicherlich auch ein Verdienst des letzten Wehrbeauftragten. Und auch wenn es für viele gefährlich ist, Zustimmung von der AfD zu bekommen, darf ich wohl sagen, dass wir die Arbeit von Herrn Dr. Bartels geschätzt haben, offenbar wesentlich mehr als seine eigene Partei.

(Beifall bei der AfD)

Herr Dr. Bartels hat Ihnen, Frau Wehrbeauftragte, große Fußstapfen hinterlassen. Trotzdem er SPDler war, hat er die für sein Amt unbedingt notwendige Neutralität

(Timon Gremmels [SPD]: Darum geht es doch jetzt gar nicht!)

stets über Parteizugehörigkeit oder Ideologie gestellt. Ich hoffe, Frau Dr. Högl, dass das auch Ihr Anspruch ist, dass auch Sie Ihr Amt als Anwalt der Soldaten verstehen und zum Wohle der Truppe nicht dem allgemeinen und undifferenzierten Rausch vom Kampf gegen rechts auch in der Bundeswehr anheimfallen. Denn leider erleben wir ganz aktuell, dass es anscheinend nur noch ein Thema im Zusammenhang mit der Bundeswehr gibt: den Vorwurf des Rechtsextremismus. Das ist zwar ein Trend unserer Tage, zumal sich damit prima von den freiheitsfeindlichen linken Tendenzen in der Politik Deutschlands und der EU ablenken lässt; er wird aber unserer Bundeswehr und unseren Soldaten nicht gerecht.

Überlassen Sie daher kritisch den richtigen und notwendigen Kampf gegen jeglichen Extremismus in der Bundeswehr den zuständigen Stellen. Schützen Sie vielmehr unsere Soldaten vor unzulässigen Verdächtigungen von innen wie außen. Verhindern Sie, dass im unangemessenen Überschwang Unschuldige getroffen werden. Die Verve, mit der Sie in diesem Zusammenhang bereits vorgetragen haben, hat mich überrascht und lässt mich im Sinne der Soldaten hoffen. Gerne werden wir Sie hierbei aufmerksam begleiten.

Man muss es sagen: In weiten Teilen der Truppe ist die Stimmung bescheiden. Trotzdem leistet sie weiter treu ihren Dienst. Ohne ins Detail zu gehen, finden sich viele Gründe hierfür im Bericht. Die jüngsten Entwicklungen sorgen aber zusätzlich bei vielen Soldaten für weitere Demotivierung. War es in der Vergangenheit meist so, dass man sich besser nicht zu laut über Mängel und Missstände äußerte, Einschränkungen oder gar unklar meldete, kommt jetzt das Gefühl dazu, einer Art Hexenjagd von Linken und ihren Erfüllungsgehilfen ausgeliefert zu sein, seine Meinungen und Überzeugungen nicht mehr frei äußern zu können, jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen. Alte Ostkameraden befürchten hier gar eine Entwicklung hin zu Verhältnissen wie in der DDR. So weit ist es zum Glück noch nicht, aber: Wehret den Anfängen! Denn Gesinnungsdiktatur, einseitige politische Indoktrinierung, Politoffiziere, Bestrafung von zulässigen, aber nicht den Vorgaben entsprechenden Ansichten wie im National- oder Realsozialismus darf es in den Streitkräften Deutschlands nie wieder geben.

(Beifall bei der AfD)

Unsere Soldaten versehen ihren Dienst, weil sie freie Bürger in einem freien Land sind und das auch bleiben wollen. Dazu gehören aber auch die freie Meinung, solange sie sich innerhalb der Grenzen unserer FdGO bewegt, und die unbeeinflusste Teilhabe an unserer Parteiendemokratie. Lese ich aber den Brief des Kommandeurs KSK an die Truppe, steht dort sinngemäß: Ein Soldat, der nicht jederzeit und überall aktiv für die Verfassung eintritt, wer gar mit dem rechten Spektrum sympathisiert, der sei kein Kamerad, der solle gehen, oder er werde gesucht und entfernt werden.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig so! Gut so!)

In der Sache kann es keine zwei Meinungen geben; denn jedwede Extremisten, egal welcher Couleur, haben in der Bundeswehr nichts zu suchen; ganz klar.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Aber in der AfD!)

Mit seinen undifferenzierten Formulierungen schießt der Kommandeur KSK aber über das Ziel hinaus, und das immerhin mit voller Unterstützung der Verteidigungsministerin. Denn zum einen frage ich mich: Wer soll denn dann noch Soldat werden, gar Kommandosoldat? Der politisch korrekte, linke Politikaktivist?

(Rüdiger Lucassen [AfD]: Antifa!)

Denn „links“ und „rechts“ sind Richtungen; die Mitte hingegen ist per Definition ein Punkt und nicht die von so vielen hier herbeigeredete kulturlose Wohlfühlzone der selbsterklärten Guten.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Unglaublich, wie Sie über den Kommandeur und seine Haltung sprechen! Unfassbar!)

– Ja, es ist richtig.

Nimmt man also das meines Erachtens überholte klassische politische Schema hervor, hätte niemand im Spektrum rechts vom Punkt der Mitte noch etwas in den Streitkräften zu suchen. Ich bin mir sicher: Das würde in der heutigen CDU oder sogar in der FDP noch einige treffen. Die Herausforderung, unter Linken Nachwuchs für die Bundeswehr zu rekrutieren, möchte ich mir gar nicht erst ausmalen.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Im Gegensatz zu Ihnen hat der Kommandeur Haltung!)

Zum anderen frage ich mich, wie ernst denn § 15 Absatz 4 Soldatengesetz genommen wird, in dem steht: „Ein Soldat darf als Vorgesetzter seine Untergebenen nicht für oder gegen eine politische Meinung beeinflussen.“ Viel eindeutiger als im vorliegenden Fall kann eine Beeinflussung zum Nachteil einer politischen Meinung wohl kaum sein. Frau Wehrbeauftragte, ich bin gespannt, wie Sie damit umgehen, wenn diesbezüglich eine Eingabe an Sie erfolgt.

Herr Kollege, darf ich Sie bitte kurz unterbrechen? Es tut mir leid, aber ich muss jetzt meinen Pflichten nachkommen.

Ich unterbreche kurz die Aussprache und komme zurück zu Tagesordnungspunkt 27 b. Die Zeit für die namentliche Abstimmung ist gleich vorbei; es handelt sich noch um genau 50 Sekunden. Deshalb frage ich: Ist noch ein Mitglied des Hauses im Saal oder in der Lobby anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? – Es läuft noch einer – immerhin – aus der AfD-Fraktion. Sehr schön.

(Zurufe von der AfD: Nein! FDP!)

– Gut. Bei meinen Leuten wundert mich das nicht, um das mal so zu sagen.

Ist die Stimme in der Lobby abgegeben worden? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung in genau 20 Sekunden. – Es geht jetzt die Ansage nach draußen:

(Zuruf von der SPD: Rien ne va plus!)

– Genau, rien ne va plus! – Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.

Herr Kollege Elsner von Gronow, entschuldigen Sie bitte die Unterbrechung. Sie haben das Wort.

Wie gesagt, Frau Wehrbeauftragte, ich bin gespannt, wie Sie damit umgehen, wenn Sie diesbezüglich eine Eingabe erhalten. Ich hoffe, Sie schaffen es, sich von Ihrer bisherigen – wie bei uns allen – ideologischen und politischen Orientierung zu emanzipieren: im Sinne Ihres Amtes, im Sinne der Gesetze und besonders im Sinne unserer Soldaten.

Dass die Soldaten, die in der Bundeswehr ihrem Land, also allen Deutschen in diesem Sinne, dienen, keinen Beruf gewählt haben wie jeden anderen, sollte jedem klar sein. Bereit zu sein, schlimmstenfalls das höchste Opfer für seine Familie, seine Freunde, selbst für unbekannte Landsleute, für die Freiheit und Sicherheit der Deutschen, ja sogar unserer Bündnispartner zu erbringen, ist aller Ehren wert. Und das darf nicht nur ein Lippenbekenntnis von interessierten Politikern und kleiner Kreise sein. Unsere Soldaten verdienen Respekt und Anerkennung ihres Dienstes von der ganzen Gesellschaft, für die sie ihn leisten.

Angesichts der vielen Entbehrungen und hohen Belastungen, denen sich Soldaten nicht nur im Grunddienst, sondern auch in Krisen und besonders natürlich im Einsatz ausgesetzt sehen, brauchen sie unser aller Unterstützung. Nicht nur der Dienstherr, nein, unsere gesamte Gesellschaft muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit sie nicht Fremdkörper sind, sondern notwendiger und geachteter Teil unseres Gemeinwesens. Was sie hingegen nicht brauchen, sind pauschale Unterstellungen und Verunglimpfungen, wie es bei den Linken lange Usus ist, wie es sich aber mittlerweile unter deren Druck bis ins vormals bürgerliche Lager hineinfrisst.

Der Beruf des Soldaten ist eben nicht nur ein Job, wie es mittlerweile vielfach dargestellt und beworben wird. Er braucht daher mehr sozialen Kitt, Bräuche, Traditionen, Identifikation, so wie in jeder Armee der Welt.

Geben wir also den Soldaten etwas, woran sie sich festhalten können, das ihnen Zusammenhalt und Orientierung gibt, nicht nur eine finanzielle oder intellektuelle, sondern zuletzt auch eine moralische und emotionale Legitimation für ihr Handeln; denn der reine Ordnungsrahmen, Material und Sold, auch der vielpostulierte, abstrakte sogenannte Verfassungspatriotismus reichen dafür nicht. Ein lebendiger, echter und gelebter Patriotismus, also die Liebe zu unserem freiheitlich-demokratischen Deutschland mit all dem, was dieser Begriff umfasst, wäre ein besseres Motiv für unsere Soldaten, eine bessere Begründung für all ihre Opfer. Und nicht zuletzt wäre das Zulassen und Befördern dieser Art des anständigen Patriotismus der beste Schutz gegen jede Form des Extremismus.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Eberhard Brecht, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7453143
Wahlperiode 19
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2019
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