19.06.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 32

Olaf in der BeekFDP - Unterstützung von Entwicklungsländern

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rund um den Globus beherrscht Corona weiterhin das Leben der Menschen. Die Folgen der Pandemie treffen mit voller Wucht vor allem, wie der Minister es gerade sagte, die Ärmsten der Armen; seien es die Näher von Äthiopien bis Bangladesch oder die im Tourismus Beschäftigten von Marokko bis Vietnam. Der globale Lockdown und die zusammengebrochene Nachfrage entfalten gerade in den Entwicklungsländern eine brutale Wirkung.

Was die Weltgemeinschaft seit 1990 geleistet hat, beispielsweise die Halbierung der weltweiten Armut, droht sich umzukehren. Die Lage ist dramatisch. Deshalb müssen wir hier jetzt auch über den angekündigten Elefanten reden, der im Raum stand, lieber Herr Raabe. Neben den Umschichtungen im BMZ in Höhe von 1,15 Milliarden Euro will die Bundesregierung für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe in diesem und im nächsten Jahr jeweils 1,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitstellen. Das ist, Herr Raabe, die Hälfte dessen, was der Entwicklungsminister ursprünglich an zusätzlichem Geld gefordert hat.

(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Nein!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren aus der Koalition, auch für Sie zum Mitschreiben – ich zitiere aus Ihrem Corona-Sofortprogramm –:

Die internationale Krisenlage erfordert … ein zusätzliches Verstärkungsprogramm für 2020 mit einem Mehrbedarf von 3 Milliarden Euro.

Dieses Verstärkungsprogramm muss mit zusätzlichen Mitteln aus dem Nachtragshaushalt unterlegt werden. Wir reden von 2020.

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Dr. Raabe.

Gerne.

Herr Kollege, ich weiß ja und weiß es auch zu schätzen, dass uns auch die FDP im Ausschuss sehr sachlich orientiert unterstützt und möchte, dass wir viel helfen. Ich möchte Ihnen nur die Information geben: Es ist natürlich schwierig, Geld, das man jetzt im Juni zum 1. Juli hin auf den Weg bringt, in sechs Monaten entsprechend abfließen zu lassen. Als wir diese Forderung aufgestellt haben, war es März/April. Wir haben uns dann mit dem Finanzministerium – das war unser Wunsch – darauf geeinigt, die Mittel lieber aufzusplitten, damit wir sie sinnvoll verwenden können und im nächsten Jahr keinen Abbruch haben.

Und zusätzlich – das wollte ich Ihnen als Information noch mitgeben – zu den Mitteln für die humanitäre Hilfe können wir in diesem Jahr also 2 Milliarden Euro ausgeben und dann im nächsten Jahr noch 1,85 Milliarden. Ich finde, hier muss man immer sehen, dass wir die Mittel gut verwenden. In diesem Sinne sind unsere Forderungen voll erfüllt worden.

Aber mehr geht immer noch. Vor allem mit Blick auf Europa, hat der Minister gesagt, sollten wir uns bemühen, dass die Europäische Union noch mehr Hilfe zur Verfügung stellt. Aber ich glaube, wir können hier sehr zufrieden sein mit dem, was wir hier erreicht haben.

(Beifall bei der SPD)

Gut. – Herr in der Beek.

Kollege Raabe, ich antworte Ihnen darauf und sage noch mal zum klaren Verständnis: Auch die FDP hat diese 3,15 Milliarden Euro nicht gefordert, von denen heute bei der Deutschen Welle die Rede war. Wir haben gesagt: Wir kritisieren die Erwartungshaltung, die in der Entwicklungspolitik immer wieder entsteht. Diese kann vielleicht nicht erfüllt werden. Mir ist völlig klar, dass viele GIZ-Mitarbeiter immer noch in Deutschland sind, weil es viel zu gefährlich wäre, sie in Projekten vor Ort einzusetzen. Aber ich warne vor diesem Erwartungshorizont, der immer wieder aufgebaut wird.

(Beifall bei der FDP)

Das gehört, glaube ich, zu seriöser Politik einfach dazu.

Es geht ja nicht nur um Gesundheit; es geht auch um Maßnahmen für Bildung, die nötig sind, wenn wir nicht eine ganze Generation von jungen Menschen in den Entwicklungsländern verlieren wollen. Es geht auch um Maßnahmen für sexuelle und reproduktive Gesundheit; denn gerade jetzt bedürfen Frauen und Mädchen besonderen Schutzes.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sehr richtig!)

Es geht auch um Maßnahmen, mit denen die Wirtschaft in den Entwicklungsländern stabilisiert werden kann, damit Arbeitsplätze und Lebenschancen nicht verloren gehen. Es geht letztendlich auch um Maßnahmen, die den globalen Klima- und Umweltschutz weiterhin fokussieren.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben immer noch nicht vollständig versichern können, dass hier nicht gekürzt wird.

Da möchten wir den Minister ermutigen: Es geht vor allem um eine gemeinsame koordinierte europäische Entwicklungspolitik als Antwort auf die Coronapandemie. Deutschland hat mit der bevorstehenden Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft die Chance, diese zu verwirklichen. Diese Chance muss die Bundesregierung aber auch ergreifen. Wir fordern ein gemeinsames europäisches Wiederaufbauprogramm für die Wirtschaft in den Entwicklungsländern.

(Beifall bei der FDP)

Zeigen Sie, dass Sie von der Allianz der Multilateralisten nicht immer nur reden, sondern sie auch leben. Dabei dürfen Sie die Freien Demokraten an Ihrer Seite wissen, Herr Minister. Wir müssen gemeinsam europäisch handeln.

Deswegen zum Schluss mein Appell: Wir sehen schon heute, dass wir auf die Zuschauerränge der Weltpolitik verbannt werden, wenn wir den chinesischen Propagandazug ohne Widerspruch und ohne gemeinsame Anstrengung einfach rollen lassen. Auch in der Pandemie gilt: Als Europäer müssen wir gemeinsam dagegenhalten.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Olaf in der Beek. – Die nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Helin Evrim Sommer.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7453176
Wahlperiode 19
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Unterstützung von Entwicklungsländern
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