19.06.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 33

Hagen ReinholdFDP - Deutsche Schiffbauindustrie

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, der Antrag war nötig und richtig. Herr Kruse, Herr Saathoff, das Abschreiben fiel ja diesmal leicht. Ich habe mit Absicht schon vor drei Wochen meinen Antrag im „THB“ veröffentlich; das war leicht abzuschreiben.

Ich hätte mir von Ihrem Antrag erhofft, ganz ehrlich, dass Sie konkret aufzählen, was Sie mit den Mehrinvestitionen, mit den vorgezogenen Projekten meinen. Sie haben es gerade eben schon erwähnt: Im Konjunkturpaket ist 1 Milliarde Euro veranschlagt . Mal gucken, vielleicht erläutert es der Herr Brackmann; er redet ja, glaube ich, gleich noch. Von der 1 Milliarde Euro, lese ich, sind allein fast 25 Prozent dafür vorgesehen, das Defizit wegen der Ausfälle auf Bundeswasserstraßen auszugleichen. Das kommt eben gerade nicht bei den Werften an, und dann ist ein Konjunkturpaket vielleicht auch nicht richtig aufgestellt. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie heute sagen, wofür das Geld wirklich bestimmt ist.

(Beifall bei der FDP)

Man muss ja Angst haben; deshalb stehe ich hier so mahnend vor Ihnen. Ich habe mir heute Morgen den Nachtragshaushalt und das Konjunkturpaket angesehen; solche Fälle hatten wir ja schon. 50 Milliarden Euro waren am Anfang für kleine und mittlere Unternehmen vorgesehen. An einem Werftarbeitsplatz, das wissen Sie selber, hängen sieben bis zehn andere Arbeitsplätze. Dabei geht es meist um kleine und mittlere Unternehmen. Denen hatten Sie im ersten Nachtragshaushalt 50 Milliarden Euro zugestanden. Im zweiten sind es nur 25 Milliarden Euro ; denn im ersten sind nur 18 Milliarden Euro ausgegeben worden. Das macht zusammen 43 Milliarden Euro. 7 Milliarden Euro fehlen schon. Wenn Sie so mit der 1 Milliarde Euro oder auch den 10 Milliarden Euro bei den Rüstungsprojekten umgehen, bleibt für die Werften am Ende herzlich wenig übrig.

(Beifall bei der FDP)

Sie zählen genauso auf Landstromförderung, auf digitale Testfelder in Häfen usw. Das sind alles Sachen, die im Haushalt schon hinterlegt sind. Ich hätte mir gewünscht, es kommt etwas dazu; denn darauf kommt es jetzt an. Ich will noch auf einige Dinge hinweisen.

Erstens: die Vergabeverfahren. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass wir gerade bei kleinen Schiffseinheiten – egal ob eine Werft klein oder groß ist – wirklich ein ausgeglichenes Verfahren haben, das keinen bevorteilt und benachteiligt. Lassen wir nicht Versicherungen oder Ähnliches darüber entscheiden, wer das beste Angebot abgibt, sondern die Leistungsfähigkeit auf der Werft und die Unternehmen. Dafür können Sie sorgen, und das ist auch richtig so.

Zweitens. Ich bin sehr dafür – in unserem Antrag steht es ja auch drin –, Sachen herzustellen, die der Bund sowieso anzuschaffen und herzustellen vorhatte. Aber ich bin nicht dafür, Dinge, die Wirtschaftsunternehmen sehr gut alleine regeln können, vom Bund erledigen zu lassen und mit irgendeinem Konjunkturpaket auf einmal Schiffe zu bauen, die in der freien Wirtschaft eigentlich verfügbar und gut einsetzbar sind. Dafür sind wir nicht zu haben, und wir werden darauf achten, dass das nicht passiert. Schiffe bauen – ja, aber für staatliche Aufgaben und nicht für Aufgaben, die die Wirtschaft übernehmen kann.

(Beifall bei der FDP)

Abschließend zur Schlüsseltechnologie. Sie schreiben in Ihrem Antrag ja so schön, Sie wollten jetzt auch versuchen, den nichtmilitärischen Bereich in Deutschland zu lassen. Deshalb kann ich dem nicht zustimmen; ich muss mich leider enthalten. Ganz ehrlich, auch ich will, dass jeder Auftrag in Deutschland bleibt. Ich bin mir sicher: Leistungsfähige Werften werden hier gute Angebote machen. Aber Sie haben wahrscheinlich nicht richtig verstanden, wie wir das mit europäischen Ausschreibungen meinen. Europäische Ausschreibungen könnten gerade jetzt deutschen Werften helfen, Aufträge zu kriegen; denn die gibt es genauso in Frankreich und Italien. Nur ist es dieser Bundesregierung bis jetzt noch nicht gelungen, ein europaweites Level Playing Field aufzubauen und deutschen Werften zu ermöglichen, im Ausland auch Aufträge abzuarbeiten.

Oder haben Sie Angst davor, dass eine deutsche Werft vielleicht mal eine Korvette für Italien oder Frankreich baut und dass sie nur die Hälfte kostet? Dann läge es ja nicht am Preis der Werft, sondern vielleicht an den Beschaffungsmaßnahmen hier bei uns im Bund und an den Anforderungen, die wir an diese Schiffe stellen, und dann würden wir endlich mal beweisen können, dass die deutschen Werften – im Gegenteil – billig sind; nur sind die Ansprüche, die wir haben, manchmal viel zu hoch.

(Beifall bei der FDP)

Wir achten auf das, was Sie vorhaben, und darauf, dass das bereitgestellte Geld wirklich zusätzliches Geld ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Hagen Reinhold. – Nächste Rednerin in der Debatte: Jutta Krellmann für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7453363
Wahlperiode 19
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Deutsche Schiffbauindustrie
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