19.06.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 167 / Tagesordnungspunkt 34

Susann RüthrichSPD - Transsexuellengesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hat eigentlich jemand einmal gezählt, wie oft wir mittlerweile hier an diesem Pult standen und uns für das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen, für eine grundlegende Reform oder die Abschaffung des Transsexuellengesetzes, für ein Verbot von nicht lebensnotwendigen Operationen an intergeborenen Kindern ausgesprochen haben?

Interfraktionelle, interministerielle Arbeitsgruppen haben getagt. Studien, Anträge, Gesetzentwürfe – gibt es alles. Und es gibt auch Fortschritte – ja. Dass zumindest einige die dritte Option „divers“ in der Geburtsurkunde stehen haben können, ist zweifelsohne gut. Aber der Fortschritt ist schon manchmal eine Schnecke – zum Leidwesen derer, die seit Jahren darauf warten, dass sie ohne Begutachtungen von außen diejenigen sein können, die sie nun einmal sind. Jahr um Jahr werden weiter Kinder operiert, obwohl sie es nicht müssten, nur weil sie nicht so eindeutig wie Junge oder Mädchen aussehen, wie es einer scheinbaren Norm entspricht. Diese Eingriffe sind nicht zurückzunehmen. Sie haben Folgen ein Leben lang. Und das alles, weil wir nicht klarkommen mit allem, was sich nicht sofort in die Schublade „männlich“ oder „weiblich“ einsortieren lässt.

Mein Gott, lasst die Kinder doch endlich selbst entscheiden, wie sie leben möchten, wenn sie alt genug dafür sind.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Begleitet und beratet sie genauso wie die Eltern, die Kitas, die Schulen, die Vereine, alle, damit diese mit der ganz normalen Vielfalt des menschlichen Lebens umgehen können, statt die Vielfalt einhegen zu wollen. Das wird am Ende doch nichts.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ein Punkt, der heute zugegebenermaßen nicht in den Vorlagen steht, aber mir als Dauerbrenner ebenso auf den Nägeln brennt: Immer noch haben meine Kinder sofort zwei rechtliche Eltern, weil an meiner Seite ein Mann ist. Wäre es eine Frau, wären wir zweifelsohne genauso eine glückliche Familie, nur dass meine Kinder dann auf den zweiten rechtlichen Elternteil hätten warten müssen bis zum Abschluss einer Stiefkindadoption.

Ich bin Kinderpolitikerin. Es erschließt sich mir wirklich nicht, warum wir es nicht schaffen, allen Kindern gleichermaßen beizustehen,

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

als wenn sie es sich aussuchen würden, in welche Familie sie geboren werden oder mit welchen Genitalien oder mit welcher sich entwickelnden geschlechtlichen Identität.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es macht mich unendlich müde, dass alle diese Prozesse so unendlich langwierig sind. Wie muss es dann erst den Betroffenen gehen? Deswegen habe ich heute nur einen Wunsch: Lassen Sie uns all die Themen der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der queeren Community, der Inter- und Transmenschen, der Regenbogenfamilien endlich und noch in dieser Legislatur zu einem glücklichen Ende bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie werden alle merken: Die Welt wird davon keine schlechtere werden. Davor muss niemand Angst haben. Sie können ihr Leben ganz einfach weiterleben; alle anderen können es dann auch. Wo bitte ist das Problem?

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie dem Antrag der LINKEN und den Gesetzentwürfen der FDP und der Grünen zu entnehmen ist, würden wir uns wohl im Großen und Ganzen relativ fix einigen können. Es müssen sich aber alle anderen hier im Raum noch einen Ruck geben. Also, auf geht’s!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Bettina Margarethe Wiesmann das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7453379
Wahlperiode 19
Sitzung 167
Tagesordnungspunkt Transsexuellengesetz
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