Marco BuschmannFDP - Aktuelle Stunde: Lobbyismus – Transparenz bei möglicher Einflussnahme
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Anliegen, das wir heute diskutieren, ist eigentlich sehr ernsthaft. Deshalb hätte ich mich auch gefreut, Herr Bartke, wenn Sie einen ernsthaften Beitrag geleistet hätten.
(Beifall des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])
Sie haben diese Woche das Thema Lobbytransparenzregister auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Matthias Bartke [SPD]: Auf den 1. Oktober, nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag!)
Sie haben heute wieder nur Ankündigungen gemacht. Sie hätten diese Woche einen konkreten Termin vor der Sommerpause benennen können, und Sie tun nichts anderes, als das Thema seit Monaten vor sich herzuschieben.
(Dr. Matthias Bartke [SPD]: Wir haben einen Termin vereinbart, Herr Buschmann!)
Jetzt hier so zu tun, als sei die SPD die treibende Kraft in der Angelegenheit, das ist nichts anderes als ein Hütchenspielertrick. Schämen Sie sich!
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Marianne Schieder [SPD]: So ist die FDP!)
Ich fand übrigens angesichts des Titels dieser Aktuellen Stunde die Frage interessant, worum es heute gehen dürfte. Es war ja irgendwie klar, dass viel über Philipp Amthor geredet wird. Und ich kann das natürlich auch verstehen, weil es natürlich jeden hier umtreibt, wenn ein Kollege seinen politischen Einfluss, seinen politischen Zugang einsetzt, um die Werthaltigkeit seiner Aktienoptionen zu steigern. Das ist unanständig, und das gefährdet auch das Ansehen unserer Arbeit, das gefährdet das Ansehen der Demokratie.
Nur, wissen Sie, was diese Woche passiert ist? Das ist ganz interessant. Wir vergessen ja immer wieder, dass Interessenwahrnehmung oder Lobbyismus wie selbstverständlich zur Demokratie gehören. Es gibt in der Zivilgesellschaft natürlich unterschiedliche Ansichten, was richtig und falsch ist. Es gibt natürlich in der Wirtschaft unterschiedliche ökonomische Interessen. Und es ist gut, dass es Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter gibt, dass es Umweltverbände gibt, dass es Idealvereine gibt, die sich hier einbringen. Und wissen Sie, was mir Menschen diese Woche geschrieben haben? Sie haben geschrieben: In Wahrheit empfinden wir es als eine Zumutung, mit einem solchen Fall in einen Topf geworfen zu werden. – Und recht haben damit all diejenigen, die saubere Interessenvertretung betreiben. Wir sollten den Fall Philipp Amthor nicht mit Lobbyismus in einen Topf werfen. Da tun wir den sauberen Interessenvertretern nämlich einen Tort an, Herr Bartsch. Und diesen Gedanken hätte ich mir bei Ihrer Einbringung hier gewünscht.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ich hatte nur fünf Minuten!)
Was hier zu kurz gekommen ist, ist doch das eigentliche Anliegen, das sich mit dem Lobbytransparenzregister verbindet. Beim Lobbytransparenzregister geht es in Wahrheit gar nicht um die Tätigkeiten von Abgeordneten und um die Transparenz bei Nebentätigkeiten, sondern um etwas ganz anderes. Es geht darum, dass die Öffentlichkeit den Eindruck hat, dass es bestimmte Interessen gibt, die personell und organisatorisch so gut ausgestattet sind, dass sie sich in überproportionaler Weise hier im Parlament durchsetzen. Auch das ist geeignet, das Vertrauen in den parlamentarischen Prozess zu unterminieren, und deshalb brauchen wir an der Stelle Transparenz.
Es gibt eine zweite Entwicklung, und die gehört auch dazu. Es gibt zunehmend Organisationen, die sich klangvolle Namen geben und so tun, als würden sie das Gemeinwohl vertreten; aber in Wahrheit vertreten sie knallharte ökonomische Interessen. Ein Beispiel dafür ist die Deutsche Umwelthilfe. Die Deutsche Umwelthilfe – das schreibt das Wochenmagazin „Die Zeit“ – bekommt im Jahr knapp 3 Millionen Euro von Spendern und Sponsoren. Darüber schreibt das Wochenmagazin „Die Zeit“ – ich zitiere –: „Doch viele davon bleiben anonym. Und manche haben ein hartes geschäftliches Interesse an ihren Kampagnen.“ Einer dieser Sponsoringpartner war über viele Jahre Toyota. Und Toyota hat öffentlich erklärt, warum es das getan hat: natürlich weil es sich im Wettbewerb mit deutschen Automobilherstellern einen Vorteil erhofft hat. Und natürlich hat es das gemacht – wie der CEO öffentlich erklärt hat –, weil der Eindruck bestand, die Deutsche Umwelthilfe sei eine „neutrale Stelle“. Das kann man im „Focus“ nachlesen.
Ich finde, solchen Akteuren müssen wir das scheinheilige Deckmäntelchen angeblicher Gemeinwohlorientierung entreißen, und zwar nicht, weil es per se illegitim ist, was sie tun. Aber nur dann, wenn wir wissen, wie viel Geld diese Leute bekommen, und nur dann, wenn wir wissen, von wem es kommt, kann die Öffentlichkeit und kann dieses Parlament kritisch bewerten, wie hier versucht wird, bestimmte Interessen einzuspeisen.
Das ist Transparenz; das ist das eigentliche Anliegen des Lobbytransparenzregisters. Darüber hätten wir hier heute stärker reden müssen. Dazu, Herr Bartke, hätten wir auch schon vor der Sommerpause hier im Parlament eine Anhörung durchführen können. Das haben Sie verhindert. Und jetzt führen Sie sich als Held der Transparenz auf. Das ist genauso intransparent wie die Deutsche Umwelthilfe. Schämen Sie sich!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Matthias Bartke [SPD]: So ein Unsinn!)
Das Wort hat die Kollegin Britta Haßelmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7453388 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Lobbyismus – Transparenz bei möglicher Einflussnahme |