Frank SchwabeSPD - Aktuelle Stunde: Lobbyismus – Transparenz bei möglicher Einflussnahme
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich habe das Privileg, als letzter Redner der Woche jetzt zum Thema „Transparenz und Verhinderung von Bestechung und Korruption“ zu reden. Was wir als Bundestagsabgeordnete haben, ist in der Tat ein besonderes Privileg. Wir sind Interessenvertreter und Interessenvertreterinnen unterschiedlicher Gruppen in der Gesellschaft, und das ist auch okay so. Was aber nicht okay ist, ist, wenn das, was wir als Interessenvertretung tun, mit persönlichen Interessen verquickt wird.
Dafür, dass das nicht geschieht, gibt es eine Versicherung. Die Versicherung für die Gesellschaft und für uns selbst, für jeden einzelnen – vielleicht auch für Philipp Amthor –, ist die Möglichkeit der Transparenz und die Schaffung maximaler Transparenz. Ich komme nicht umhin, zu sagen, dass auch insbesondere die Unionsfraktion bei so vielen Themen in der Vergangenheit auf der Bremse gestanden hat. Wie lange hat es gedauert, bis wir die Offenlegung von Nebentätigkeiten – im Übrigen immer noch nicht auf Heller und Pfennig – hier vereinbaren konnten!
Beim Lobbyregister reden wir nicht über Mimikry eines Lobbyregisters zu etwas, das am Ende gar nicht weiterhilft, sondern über ein vernünftiges, umfassendes Lobbyregister. Und ich will daran erinnern, dass es eine Antikorruptionsorganisation des Europarats gibt, die uns was ins Stammbuch geschrieben hat. Wir haben gerade mal drei von acht dieser Empfehlungen in Deutschland vernünftig umgesetzt. Das muss dringend anders werden.
Der Fall Philipp Amthor offenbart – der Kollege Bartke hat es schon gesagt – ein systematisches Problem der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Ich will über den Fall Karin Strenz reden. Da muss man im Übrigen gar nicht viel vorverurteilen, weil eigentlich das meiste mittlerweile bekannt ist. Die Kollegin ist aber immer noch Mitglied Ihrer Fraktion. Und am Fall Karin Strenz wird im Übrigen deutlich, was Bestechung bedeutet oder bedeuten kann:
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Reden Sie auch noch über den Genossen Held?)
Da geht es nämlich um Leben und Tod, wenn andere Länder Abgeordnete auf ihrer Payroll haben, um sie zu beeinflussen.
Frau Strenz ist Lobbyistin für Aserbaidschan. Sie hat gelogen. Sie hat Geld aus Aserbaidschan bekommen und dafür eine Leistung erbracht. Deshalb habe ich sie als korrupt bezeichnet und tue das auch weiterhin. Frau Strenz hat nachweislich mindestens 22 000 Euro aus Aserbaidschan bekommen. Sie hat das Geld mittelbar bekommen über eine Tarnorganisation, die der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär der CSU, Eduard Lintner, geleitet hat. Sie hat gelogen, indem sie im Vorfeld einer Wahlbeobachtungsmission in Aserbaidschan 2015 schriftlich versichert hat, keinen Interessenkonflikt zu haben. Sie hat 2010 eine über Aserbaidschan organisierte sogenannte Wahlbeobachtung geleitet und darüber gesagt, es sei eine gute Wahl nach internationalen Standards gewesen.
In der Tat gibt es mittlerweile eine Strafe, ein Ordnungsgeld des Deutschen Bundestags von etwa 20 000 Euro, aber aufgrund von Verfahrensversäumnissen. Der Europarat hat in einem Bericht einer unabhängigen Kommission festgestellt, dass Frau Strenz in ihren Aktivitäten in der Parlamentarischen Versammlung einen andauernden Interessenkonflikt in Bezug auf Aserbaidschan habe. Und sie hat mittlerweile ein Betretungsverbot beim Europarat, und zwar lebenslang, und – das wurde gerade schon gesagt – die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen; die Immunität ist aufgehoben. Aber Frau Strenz ist immer noch – sie ist gerade nicht hier – in den Reihen der CDU/CSU-Fraktion.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Reden Sie mal über Rheinland-Pfalz, über Marcus Held!)
Ich zitiere Ihren Parlamentarischen Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer – er ist nicht da –; ich habe ihn mehrfach danach gefragt. Er hat am 25. April 2018 im „Tagesspiegel“ gesagt – ich zitiere –:
Für mich besteht kein Anlass, Frau Strenz wegen des Verstoßes gegen Verhaltensregeln aus der Fraktion auszuschließen.
Eines ist klar: Sie haben eine Lobbyistin für Aserbaidschan in Ihren Reihen. Es gibt einen ehemaligen Abgeordneten aus Ihren Reihen, der als Lobbyist überführt worden ist und ein internationales Netzwerk zum Schutz dieses Regimes organisiert.
Warum ist das wichtig? Weil die mangelnde Transparenz unserer bisherigen Verhaltensregeln das alles ermöglicht hat und weil es die Aufklärung behindert. Deswegen fordere ich uns auf, endlich das zu tun, was GRECO empfohlen hat: nicht nur drei von acht Empfehlungen, sondern auch die fünf anderen Empfehlungen umzusetzen. Wir brauchen eine Ad-hoc-Offenlegung in aktuellen Fällen wie dem von Herrn Amthor. Warum kann ihn der Bundestagspräsident nicht verpflichten, etwas dazu sagen, was er da treibt? Wir brauchen eine umfassende Offenlegungspflicht für alle Unternehmensbeteiligungen. Wir brauchen eine vernünftige personelle Ausstattung des Bundestages. Man kann die besten Regeln haben: Wenn man sie nicht überprüfen kann, dann funktioniert es auch nicht. Und wir brauchen ein Lobbyregister, umfassend und gesetzlich verankert. Das liegt im Übrigen seit der letzten Legislaturperiode – Eva Högl hat ihren Namen daruntergesetzt – auf dem Tisch.
Philipp Amthor will ich nur einen Ratschlag mitgeben: volle Transparenz – das macht er natürlich nicht –, alles sagen, was ist, und dann kann man entsprechend bewerten. So eine Salamitaktik führt nur dazu, dass man sich am Ende mehr ins Unrecht setzt, und das ist nicht gut. Deswegen: Lassen Sie uns den Fall in der Tat nutzen, jetzt endlich die Regeln in diesem Parlament anzupassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7453397 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 167 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Lobbyismus – Transparenz bei möglicher Einflussnahme |