29.06.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 168 / Tagesordnungspunkt 1

Lothar BindingSPD - Zweites Corona-Steuerhilfegesetz

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Eine Pandemie dieser Art, eine Coronapandemie, ist für uns alle ein ganz neues Erlebnis. Wir können auf keine Erfahrungen zurückgreifen, wie man darauf reagieren sollte. Manche schütteln den Kopf, aber ich wüsste nicht, wer schon einmal eine solche Pandemie erlebt hat und sich deshalb darauf vorbereiten konnte. Weltweit gab es niemanden, der sich wirklich gut vorbereitet hat. Ich glaube, dass das auch zeigt, warum wir ein bisschen stolz darauf sind, wie schnell wir reagiert haben, wie wirkmächtig wir reagiert haben. Daher wollte ich den Kollegen von der CDU/CSU und uns allen dafür danken, wie eng wir zusammengearbeitet haben. Ich wollte den Ministern und der Regierung danken, weil ich glaube, hier hat sich gezeigt, dass wir in der Not in einer besonderen Weise zusammenstehen.

Das hat schon das Erste Corona-Steuerhilfegesetz gezeigt, und das zeigt jetzt das Zweite. Das zeigen auch die Dimension und die Größenordnung der Maßnahmen. Denn wir kümmern uns multidimensional um ein Wirtschaftssystem, das zunächst mal auf die Verbraucher blickt und sagt: Den Verbrauchern muss es auch in der Krise gut gehen können, jedenfalls nicht so schlecht wie den Verbrauchern in Ländern, die sich nicht gut genug kümmern können. Also wird zunächst die Umsatzsteuer gesenkt mit dem Ziel, dass die Verbraucher gut durch die Krise kommen. Den Familien wird mit dem Kinderbonus geholfen, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird angehoben. Es gibt Hilfen für viele, begonnen bei den Kulturschaffenden bis hin zu den gemeinnützigen Einrichtungen. Es passiert unendlich viel auf der Nachfrageseite für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Übrigens, wer an der Wirksamkeit dieser Maßnahmen zweifelt, der sollte sich vielleicht einmal die Wachstumsprognosen anschauen, die gegenwärtig veröffentlicht werden. Zweitens sollte er auch mal Lars Feld lesen, Sachverständigenrat, der gesagt hat: Dieser Impuls ist wirkmächtig, und er wird seine Wirkungen haben, sowohl auf der Verbraucherseite als auch auf der Wirtschaftsseite.

Deshalb gibt es einen zweiten wichtigen Komplex: die Unterstützung der Unternehmen. Da haben wir alle das große Wort „Liquidität“ im Kopf und sagen: Wer jetzt Verluste macht, dem muss geholfen werden; denn mit den Verlusten sind die Unternehmen in der Krise nicht überlebensfähig. Wenn wir eines erreichen wollen, dann ist es, dass die Unternehmen überleben.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die sind schon kaputt!)

Manche sagen, wir müssten mehr auf Strukturwandel, auf sozialökologische Transformation achten. Das stimmt. Aber man kann nichts transformieren, was es nicht mehr gibt. Also, die Existenz der Strukturen ist wichtig, um sie dann auch zu transformieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da wird sicherlich ein weiterer Schritt kommen müssen. Wir haben beides im Blick: die soziale Dimension und die ökologische Dimension.

Nun gibt es auch scharfe Kritik an den Dingen, die ich genannt habe. Bernhard Daldrup wird noch auf die Investitionsmöglichkeiten der Kommunen eingehen. Ingrid Arndt-Brauer wird auf die Bedeutung für die Familien eingehen. Manche sagen: Ihr gebt jetzt viel Geld aus und nehmt Schulden auf, habt aber noch Rücklagen. – Dieses Argument verstehe ich überhaupt nicht. Die Rücklagen sind da. Die Aufnahme der Schulden erfolgt entweder zu einem Zinssatz von null oder zu negativen Zinsen. Wann wäre denn die Zeit für den Staat, Schulden zu machen, wenn nicht in dieser Zinslage? Alles andere wäre doch geradezu dumm.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der AfD)

Es ist klug, jetzt Schulden aufzunehmen und die Reserve zu belassen. Ja, das ist kluges Cash-Management durch kluges Rücklagenmanagement. Das ist eindeutig. Wahrscheinlich ist jetzt – mit Blick auf zwei ganz wichtige Sachen – die einzig gute und richtige Zeit, das zu tun, was wir tun. Wir könnten das nicht tun, wären wir in einer anderen Situation. Viele andere Länder können das nicht tun. Ich denke an die Schuldentragfähigkeit, die wir heute haben, und an das Zinsänderungsrisiko, auf das wir wenig Einfluss haben. Auf die Schuldentragfähigkeit haben wir aber Einfluss. Das hängt damit zusammen, dass wir bestimmte Anforderungen, die auch heute wieder in Anträgen gestellt werden, nämlich Steuersenkung, Steuersenkung, Steuersenkung für die Unternehmen, in den letzten Jahren nicht erfüllt haben. Diese Verweigerung der Senkung der Steuern hilft uns jetzt, denen, die die Senkung gefordert haben, zu helfen.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Deshalb sollen die jetzt in der Krise nicht wieder anfangen, Steuersenkungen zu fordern. Das Gegenteil wäre richtig nach der Krise.

(Christian Dürr [FDP]: Die schwarze Null hat uns geholfen! – Zurufe von der AfD und der FDP)

– Ja, wer bezahlt das eigentlich alles? Einmal bezahlt das die Zeit. Das haben wir schon sehr oft gemacht; das weiß auch jeder. Wir haben das 1952 so gemacht. Wir haben das 1994 so gemacht.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Mit 1952 habe ich nichts zu tun!)

Ich erwähne das Lastenausgleichsgesetz und ich erwähne den Fonds „Deutsche Einheit“. Da sieht man: Mit solchen Instrumenten lassen sich die Schulden sehr leicht bezahlen, wenn wir wieder in Wachstum kommen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Deshalb ist die Idee, dass die nächste Generation das bezahlt, völlig falsch. Die nächste Generation hätte ein richtig dickes Problem, wenn wir jetzt nichts machten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt das Richtige zu tun, hilft der nächsten Generation. Jetzt nichts zu tun, heißt: Wir hinterlassen einfach einen Scherbenhaufen. Das wollen wir nicht. Wir wollen ein gutes Land hinterlassen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Ein verschuldetes Land hinterlassen!)

– Ja, das sind so Begriffe, mit denen manche Parteien nicht umgehen können. Wir haben eine gute Zukunft im Blick; das verstehen manche nicht. Aber ich glaube, diejenigen, die das Gesetz heute beschließen, haben das gut verstanden.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Jetzt hat das Wort der Kollege Albrecht Glaser, AfD.

(Beifall bei der AfD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7454724
Wahlperiode 19
Sitzung 168
Tagesordnungspunkt Zweites Corona-Steuerhilfegesetz
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