01.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 169 / Zusatzpunkt 4

Christine Lambrecht - Verbraucherschutz im Inkassorecht

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer im Internet Waren bestellt, der muss die dafür vereinbarte Forderung selbstverständlich bezahlen, und wer einen Handwerker beauftragt, vor Ort Leistungen zu erbringen, der muss auch dafür bezahlen. Daran darf und daran soll sich auch nichts ändern; denn derjenige, der die Leistung erbringt, muss sich darauf verlassen können, dass er dafür auch vergütet wird. Wenn innerhalb einer vereinbarten Frist oder auch der gesetzlichen nicht bezahlt wird, ist die Regel so, dass Mahngebühren anfallen und auch bezahlt werden müssen; gar kein Thema. Daran wird sich auch nichts oder wenig ändern.

Das Problem wird allerdings deutlich, wenn zu diesen Mahngebühren Inkassogebühren hinzukommen und eventuell zusätzlich noch Anwaltsgebühren, um diese offenstehende Forderung einzutreiben, und die Gesamtsumme dann zum Teil ein Vielfaches dieser Forderung übersteigt. Genau diese Schuldenfalle und diese Unverhältnismäßigkeit wollen wir mit dem vorgelegten Gesetzentwurf durchbrechen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gerade Schuldnerberatungsstellen und Verbraucherzentralen erleben tagtäglich, wie schwierig es für Personen wird, die in eine solche Schuldenfalle geraten, da wieder rauszukommen und die berechtigte Forderung zu bezahlen. Deswegen müssen wir dieses Problem angehen, und deswegen wollen wir die Gebühren verringern, die Inkassodienstleister und Rechtsanwälte verlangen dürfen, wenn sie solche offenstehenden Forderungen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern eintreiben.

Wir wollen vor allen Dingen, dass dann, wenn nach der ersten Mahnung die Forderung beglichen wird, die Inkassokosten deutlich gesenkt werden; denn dann wird deutlich, dass derjenige, der, aus welchem Grund auch immer, in der ersten Runde die Zahlung nicht erfüllt hat, selbstverständlich dazu bereit ist. Deswegen müssen die Inkassokosten dann auch reduziert werden, und wir schlagen daher vor, dass für Kleinforderungen bis 50 Euro die Gebühr in Zukunft nur noch bei 30 Euro liegen darf statt wie bisher bei 45 Euro. Es darf nämlich nicht der Normalfall sein, dass die Inkassokosten höher sind als die eigentliche Forderung, um die es geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen das Inkasso fair machen. Derzeit, wie gesagt, stehen die Inkassokosten in einem Missverhältnis. Deswegen ist es wichtig, dass wir da rangehen.

Ich möchte aber noch zwei weitere Punkte ansprechen, die in diesem Gesetz geregelt werden, und zwar erstens, dass die Informationsdefizite von Verbraucherinnen und Verbrauchern behoben werden. In Zukunft sollen nämlich alle Rechnungssteller die Verbraucherinnen und Verbraucher ganz klar darüber informieren, welche Kostenfolgen der Zahlungsverzug hat. Das verhindert dann böse Überraschungen und dient der Transparenz. Die Motivation, die dahintersteckt, ist doch ganz klar: Das führt dann auch eher dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, was auf sie zukommt, und dann diese offenstehenden Forderungen auch zügig regulieren.

Zweitens wollen wir, dass die Inkassodienstleister stärker unter Aufsicht gestellt werden. Die Aufsichtsbefugnisse sollen verbreitert werden; denn in Zukunft soll die Aufsichtsbehörde einschreiten können, wenn Inkassounternehmen gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern, was nicht ganz selten vorkommt, aggressiv und auch irreführend auftreten. Es soll in Zukunft möglich sein, dagegen einzuschreiten.

(Beifall bei der SPD)

Die Aufsichtsbehörden können ausdrücklich anordnen, dass der Inkassodienstleister fortan ein bestimmtes Fehlverhalten unterlässt. Aber dabei wollen wir es nicht belassen, sondern es soll dann auch möglich sein, dass Verstöße gegenüber so einer Auflage auch bußgeldbewehrt sind, meine Damen und Herren. Es muss eine klare Ansage an diese Unternehmen geben.

(Beifall bei der SPD)

Insofern sage ich ganz klar: Pacta sunt servanda. Forderungen sind selbstverständlich zu regulieren, aber wir wollen dafür sorgen, dass wir dieses krasse Missverhältnis zwischen der eigentlichen Forderung und den ganzen Kosten, die dann später noch obendrauf kommen, wieder ins Lot bringen. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Christine Lambrecht. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Lothar Maier.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7455221
Wahlperiode 19
Sitzung 169
Tagesordnungspunkt Verbraucherschutz im Inkassorecht
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine