Christian DürrFDP - Corona-Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Scholz, bei der Verabschiedung des ersten Nachtragshaushaltes haben Sie hier gesagt, dass Sie die Rücklage im Bundeshaushalt, die für dieses Jahr damals 38 Milliarden Euro betragen sollte, diese Rücklage, die ja von den Bürgerinnen und Bürgern mal finanziert worden ist, nicht nutzen wollen, um zu verhindern, dass der Deutsche Bundestag während dieser Krise ein weiteres Mal die Notsituation nach den Regelungen zur Schuldenbremse feststellen muss und ein zweiter Nachtragshaushalt vorgelegt werden muss.
Heute legen Sie einen zweiten Nachtragshaushalt vor und schlagen dem Deutschen Bundestag vor, dass die Notsituation gemäß der Schuldenbremse erneut festgestellt werden muss, und: Die Rücklage von 38 Milliarden Euro wird um weitere 10 Milliarden Euro erhöht. Das ist das Gegenteil dessen, was Sie versprochen haben, Herr Scholz.
(Beifall bei der FDP)
Deswegen ist dieser Bundeshaushalt falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen,
(Beifall bei der FDP)
und zwar sehr konkret aus zwei Gründen. Er verstößt gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Und ich sage das auch in Richtung der Kollegen von Union und SPD: Der Bundesrechnungshof hat uns ins Stammbuch geschrieben – Zitat –: Der zweite Nachtragshaushalt beeinträchtigt wesentliche Verfassungsgrundsätze wie Jährlichkeit, Fälligkeit, Wahrheit und Klarheit. – Ein Staatsrechtler, der über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt ist, hat ebenfalls festgestellt, dass dieser Bundeshaushalt verfassungswidrig ist.
(Zuruf des Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU])
Ich verstehe nicht, warum man in der SPD in Deutschland nur Karriere machen kann, wenn man verfassungswidrige Haushalte vorlegt, so wie ihr Bundesvorsitzender Norbert Walter-Borjans.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Viermal hat er das geschafft und ist vom Landesverfassungsgericht in Nordrhein-Westfalen verurteilt worden.
Aber ich sage das auch, Herr Kollege Rehberg, weil ich zwar in weiten Teilen Ihrer Rede folgen kann, die Sie hier gehalten haben, ich aber nicht verstehe, warum die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hier zum Helfershelfer eines möglichen Verfassungsbrechers wird. Das ist Ihr Fehler, liebe Kollegen der Union! Ich halte das für einen Riesenfehler.
(Beifall bei der FDP – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Wir entscheiden, nicht der Bundesrechnungshof!)
– Sie haben doch den Bericht des Bundesrechnungshofes gelesen, Herr Kollege Rehberg. Warum nimmt die Union den Bundesrechnungshof, der über jeden Zweifel erhaben ist,
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Oh!)
warum nehmen Sie diese Stellungnahme nicht zur Kenntnis? Ich halte das für einen gigantischen Fehler, Herr Rehberg.
(Beifall bei der FDP – Christian Petry [SPD]: Ausgerechnet die FDP!)
Und es ist unfair, Herr Kollege, und unsinnig; denn diese Rücklage haben auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland finanziert. Und jetzt, anstatt sie direkt zu entlasten, zum Beispiel auch kleine und mittlere Einkommen, so wie wir es beim Mittelstandsbauch vorschlagen, anstatt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Krise zu entlasten, enthalten Sie ihnen das Geld vor und geben Olaf Scholz eine Wahlkampfrücklage für 2021. Es ist auch sozial ungerecht, was Sie mit dem Bundeshaushalt an dieser Stelle machen, liebe Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Und zum Schluss. Anders als die AfD – und da will ich ganz kurz auf Herrn Boehringer eingehen – schlagen wir Ihnen ja vor, was man stattdessen machen kann, und zwar sehr konkret, wie man mit 45 Milliarden Euro weniger Schulden im Jahr 2020 auskommen kann und trotzdem, weil man die Rücklage der Menschen nutzt, die hier geschaffen worden ist, um 38 Milliarden Euro mehr entlastet.
Herr Kollege Boehringer, letzter Satz. Die AfD hat keinen einzigen Änderungsantrag zu diesem Bundeshaushalt vorgestellt. Erneut verweigern Sie die Oppositionsrolle. Sie leisten nicht, Sie arbeiten nicht. Ein ehemaliger Bundeskanzler hat mal von „faulen Säcken“ gesprochen. Ich mache mir das nicht zu eigen. Aber es kommt dem schon ziemlich nahe.
Vielen Dank.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7455436 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Corona-Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket |