Jürgen PohlAfD - Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen! Geschätzte Zuhörer an den TV-Geräten! Ganz ehrlich, ich hätte nie gedacht, dass ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages mal so etwas sagen würde, aber es muss tatsächlich gesagt werden: Als deutscher Staatsbürger schäme ich mich für die Zustände in der deutschen Fleischindustrie.
(Beifall bei der AfD)
Was wir dort erleben, ist ein Rückschritt in die Zeit des Frühkapitalismus; es ist eine Form des modernen Sklavenhandels. Menschen werden als billige Arbeitskräfte bei Subunternehmen angemietet. An der Schlachtbank schuften sie bis zum Umfallen. Dann pfercht man sie in Billigunterkünften zusammen, und dafür wird noch teuer bezahlt.
Meine Damen und Herren, diese einer sozialen Marktwirtschaft hohnsprechenden Zustände sind nicht neu. Wir von der AfD haben bereits 2017 nach unserem Einzug in den Bundestag diese Zustände angeprangert. Aber Union und Sozialdemokraten haben es bis zu diesem Zeitpunkt nicht für nötig befunden, diese Zustände zu beseitigen; das muss gesagt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Werte Genossen von der SPD, sozial ist meistens nur noch Ihr Parteiname. Hand in Hand mit der Union hätten Sie Abänderung schaffen können. Ihr Genosse Sigmar Gabriel, der ja dort beschäftigt ist, lässt sich aber augenscheinlich von der Firma für anderes fürstlich bezahlen.
Meine Damen und Herren, 55 Millionen Schweine haben die deutschen Fleischproduzenten 2019 geschlachtet. In deutschen Ställen stand davon nur ungefähr die Hälfte; der Rest kam aus dem Ausland. Es ist für Danish Crown billiger, die Schweinehälften nach Deutschland hin und wieder zurück zu transportieren, als sie selbst zu zerlegen. Da frage ich Sie: Wie ist das möglich in einem Hochsteuerland wie Deutschland, wo die Lohnnebenkosten über 20 Prozent betragen?
Ich will es Ihnen sagen: Möglich ist das, weil über ein missbrauchtes Werkvertragssystem ein Heer an rumänischen und polnischen Arbeitnehmern über Sub-sub- und Subunternehmen wie Maschinen angemietet werden kann. Die Männer und Frauen rackern dann für 1 000 Euro brutto im Monat, und wenn ein Arbeitnehmer krank ist, zieht man ihm pro Tag 10 Euro vom Netto ab. Dazu kommt das Messergeld; wir hatten schon kurz darüber gesprochen.
Die Industrie ist kreativ in diesen Fragen. Der Subunternehmer will auch was verdienen.
Meine Damen und Herren, vor fünf Jahren haben die deutschen Fleischbetriebe eine Selbstverpflichtung abgegeben. Sie sagten, sämtliche in ihren Betrieben eingesetzten Beschäftigten sollten in einem in Deutschland gemeldeten, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Was ist daraus geworden? Nichts. Null.
Bis heute ist die Fleischindustrie ausschließlich an größeren Gewinnmargen orientiert. Wenn einige Fleischbarone in ihrem Unternehmen knapp 7 Milliarden Euro Umsatz machen, aber keine Gewinne veröffentlichen, dann spricht das Bände. Da sollte man überlegen, wie diese Marge verringert wird, damit der Fleischpreis für die Verbraucher nicht steigt. Ich bin mir sicher: Es ist auch genügend Spielraum da, um einheimischen Arbeitnehmern vernünftige Löhne zu zahlen. Dann bräuchten wir keine Armada an osteuropäischen Dumping-Tagelöhnern. Dann müssten wir diese Debatte nämlich gar nicht erst führen.
Also noch mal: Wer satte Gewinne macht, kann auch gute Löhne zahlen. Das ist die soziale Marktwirtschaft, für die wir kämpfen und für die wir stehen.
Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7455504 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 170 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie |