02.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 11

Rainer SpieringSPD - Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie

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Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Sie treffen mich an als jemanden, der tief betroffen ist. Ich wohne – anders als Max Straubinger, der auch eine andere Wahrnehmung hat – mitten dort, wo die Schlachtungen alle stattfinden: 2 Kilometer zum Großzerleger WestCrown, 35 Kilometer zum größten Schlachthof Europas, zu Tönnies, 60 Kilometer zum größten Rinderschlachthof Europas, auch Tönnies-Eigentum, 80 Kilometer zur Schlachtung von Danish Crown. Ich bin in allen Betrieben gewesen.

Um eines möchte ich Sie hier alle bitten: Verkennen Sie nicht, was diese Tötungsmaschinerie mit uns macht. Wer in einem solchen Maßstab Tiere in einer solch hohen Geschwindigkeit tötet, mit dem passiert etwas. Fahren Sie einmal vor die Werkstore und schauen sich an, wie ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen aus Osteuropa – unter schäbigsten Bedingungen lebend, schlecht behandelt und ultraschlecht bezahlt – dieser Arbeit nachgehen muss. Das macht etwas mit unserem Land. Das macht etwas mit der Moral unseres Landes. Das, Kolleginnen und Kollegen, gehört abgestellt!

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich appelliere hier dringend, gerade an die Kolleginnen und Kollegen von CSU und CDU, namentlich auch an den Kollegen Max Straubinger.

Ich fand Minister Laumann und auch Hubertus Heil in ihren Ausführungen sehr gut nachvollziehbar. Die Gespräche mit den Managern dieser Firmen haben eines deutlich hervorgebracht: Sie jammern geradezu nach einer gesetzlichen Regelung, weil sie selbst überhaupt nicht dazu in der Lage sind, sich auf freiwilliger Basis zu einigen. Der Konkurrenzkampf zwischen ihnen ist so hoch, dass sie überhaupt keine Probleme damit haben, sich gegenseitig vom Markt zu fegen. Deswegen ist es für die gesamte Branche eine unglaublich wirksame Waffe, wenn der Sozialminister zusammen mit dem Land Nordrhein-Westfalen und hoffentlich auch mit dem Land Niedersachsen Werkverträge in der Schlachtindustrie hier in unserem Land nachdrücklich und ausdrücklich verbietet.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Dem Kollegen Straubinger sei gesagt: Ich verlange – das sage ich in allen Gesprächen, die ich zu Hause geführt habe – schon lange einen Grundlohn von 13,50 Euro. Das hat übrigens auch etwas mit Wertschätzung von Arbeit, mit Anerkennung von Arbeit zu tun. Und dann ist es mir auch völlig egal, ob die Kolleginnen und Kollegen aus Rumänien, Bulgarien, der Ukraine kommen. Mir geht es darum, dass sie ordentlich bezahlt werden.

Und dann will ich Ihnen noch etwas dazu sagen, was auf diesem Markt passieren wird. In dem Moment, in dem die Betriebe höhere Löhne zahlen müssen, werden sie dies über den Preis weitergeben. Die Mär, dass diese Betriebe aus diesem Land verschwinden würden, ist doch völliger Humbug! Die getätigten Investitionen sind zu groß, die können gar nicht mehr woanders hin. Übrigens finden sie auch in keinem anderen Land diese Infrastrukturmaßnahmen, um permanent zu reparieren. Deswegen ist es ein Gebot der Stunde, ihnen das Handwerk zu legen und für die Kolleginnen und Kollegen dafür zu sorgen, dass sie anständige Bedingungen in diesem Land finden, und zwar unabhängig von der Kultur, unabhängig von der Nationalität, aus der sie kommen. Das kann dieses Haus schaffen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank Herr Kollege Spiering. – Nächster Redner ist der Kollege Peter Weiß, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7455515
Wahlperiode 19
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
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