02.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 10

Kerstin KassnerDIE LINKE - Pauschalreisevertragsrecht in der Pandemie

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Die jetzt vorliegende Regelung ist eine Lösung für so manches Reisebüro, für so manchen Reisenden. Aber es ist so, wie es der Deutsche ReiseVerband heute schreibt: Es ist so etwas wie ein Soufflé – es sieht gut aus, aber fällt ganz schnell in sich zusammen.

Ich kann Ihnen auch sagen, weswegen es zusammenfällt: weil nämlich nur 10 bis 20 Prozent – ich hatte bei einigen Reisebüros angerufen –, in der Spitze bis zu 30 Prozent, tatsächlich von dem Angebot Gebrauch machen. Und da muss ich Ihnen sagen: Ich habe großen Respekt vor denen, die von der freiwilligen Gutscheinlösung Gebrauch machen – einerseits vor den Reisenden, weil es ein Riesenkompliment und Dankeschön für die Reisebüros ist, andererseits vor den Reisebüros, weil sie mit ihrer fleißigen, engagierten Arbeit so viel Eindruck bei ihren Kundinnen und Kunden hinterlassen haben, dass sie das für sie machen. Das ist eine tolle Sache, und da kann man nur Danke sagen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Allerdings ist damit die Kuh eben noch lange nicht vom Eis. Ich habe zum Beispiel ein Schreiben von einem Reiseveranstalter bekommen, der gleichzeitig auch ein Reisebüro betreibt. Darin schreibt er zum Beispiel: Wir haben inzwischen einen KfW-Kredit abgerufen, um nicht alle privaten Reserven, die fürs Alter gedacht sind, jetzt aufzubrauchen. Aber auch privat haben wir sehr viel Geld nachgeschossen. Anders können wir unsere Rückzahlungsverpflichtungen nicht erfüllen. Neue Provisionen und Margen beim Veranstalter konnten bisher kaum verdient werden. Wir wissen nicht, ob wir das vollständig überleben werden und alle Mitarbeiter halten können bzw. die Azubis nach der Ausbildung übernehmen können.

Beim Stichwort „Azubis“ fiel mir wieder ein, dass sich eine kämpferische Tourismuskauffrau-Azubine an uns gewandt hat – an viele Kollegen, nehme ich an – und gesagt hat, sie kämpfe um ihren Beruf, sie lebe dafür und sie wolle, dass ihr Reisebüro erhalten bleibt. Ich habe bei ihr nachgefragt, und sie sagt: Ja, wir sind weiter am Kämpfen, aber die Sorgen werden nicht weniger.

Eine Solo-Selbstständige, die sich an uns gewandt hat, sagt: Ich kann leider nicht mehr anders. Ich habe gestern einen Halbtagsjob angenommen, wo ich nun drei Tage in der Woche arbeiten muss, und es hat sich nichts geändert. Wir sind weitestgehend damit beschäftigt, bestehende Aufträge umzubuchen. Neue Reisen werden kaum abgeschlossen, und damit entfällt natürlich auch die Möglichkeit, Geld zu verdienen. – Und das ist das Entscheidende, was jetzt gebraucht wird.

Deshalb sage ich in Richtung des Wirtschaftsministeriums: Gucken Sie doch mal bei den Überbrückungshilfen unter Punkt 13 nach. Dazu ist in den FAQs geschrieben: Die Reiseveranstalter bis 249 Mitarbeiter, die ihre Dienstleistung direkt und nicht über Reisebüros anbieten, sollen ausgeschlossen werden. – Das kann doch nicht wahr sein. Gerade diese brauchen wir. Und wir wollen doch nicht, dass nur drei große übrig bleiben und alle anderen, die kleinen – 10 000 und mehr –, sterben. Also sorgen Sie dafür, dass gerade sie an den Überbrückungshilfen partizipieren können.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich würde dringend empfehlen, dass wir das auf den Weg bringen, dass wir das im Auge haben. Dann kann dieses Soufflé noch in voller Höhe genossen werden. Ich wünsche, dass diese Reisebüros bestehen bleiben. Und ich hoffe, Sie alle tun dafür, was Sie können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Markus Tressel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7455553
Wahlperiode 19
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Pauschalreisevertragsrecht in der Pandemie
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