02.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 170 / Zusatzpunkt 17

Peter BoehringerAfD - Urteil zum Anleihekaufprogramm PSPP

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist bemerkenswert, welchen Aktionismus der Altparteien ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum bereits seit fünf Jahren laufenden PSPP-Programm auslösen konnte.

(Otto Fricke [FDP]: Sie sind inzwischen auch alt!)

Inzwischen liegt uns sogar eine Liste des bundestagseigenen Europareferats vor, die dokumentieren soll, wie akribisch man sich hier im Hause doch um eine Kontrolle der enormen EZB-Macht bemüht habe. Interessanterweise beinhaltet diese Liste seit 2017 übrigens sehr viele AfD-Initiativen, die Sie allesamt abgelehnt haben.

(Beifall bei der AfD)

Teilweise wollten Sie sie gar nicht zulassen, doch nun will man damit gegenüber dem Gericht eifrig offiziell dokumentieren, der Bundestag sei der vom Gericht geforderten Integrationsverantwortung doch ganz klar nachgekommen.

Acht von elf Plenardebatten zur EZB-Politik fanden aufgrund von AfD-Initiativen statt.

(Beifall bei der AfD)

Sieben von zehn einschlägigen Anträgen stammen alleine von unserer kleinen Fraktion – ebenso sechs von elf einschlägigen Anfragen. Von der Bundesregierung kam dagegen praktisch gar keine Aktivität. Wenn Bundestag und Bundesregierung die absehbaren Folgeklagen zu PSPP in Karlsruhe bestehen sollten, dann könnte das durchaus auch an den von Ihnen zutiefst abgelehnten AfD-Anträgen liegen.

Doch geschenkt!

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Rede ist auch geschenkt!)

Sie haben sich formell nun endlich um die geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung bemüht, wenn auch fünf Jahre zu spät und vor allem ungenügend; denn spätestens seit 2015 war klar, dass OMT und PSPP die deutsche Haushaltssouveränität letztlich aushebeln.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch nicht! Ist doch Quatsch!)

Der Bundestag hätte nicht nur die Billionenentscheidungen, die hier eben kleingeredet wurden, viel früher auf Verhältnismäßigkeit prüfen, sondern dazu vor allem auch eine „verbotene monetäre Staatsfinanzierung“ feststellen müssen.

(Beifall bei der AfD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen gar nicht, was das ist!)

Der Integrationsverantwortung werden wir nicht mit einer von Karlsruhe erzwungenen Eildebatte zu PSPP gerecht, und es genügt auch kein unverbindlicher monetärer Dialog in nichtöffentlichen Zirkeln oder gar über unsere Geheimschutzstelle, wie am Montag geschehen.

Schon im Lissabon-Urteil des BVerfG von 2009 steht – ich zitiere –: „Die rechtliche und politische Verantwortung des Parlaments erschöpft sich insoweit nicht in einem einmaligen Zustimmungsakt“. Nur mit regelmäßigen Debatten hier im Plenum mit der Möglichkeit zu Beschlussanträgen noch vor der Umsetzung neuer EZB-Ankaufprogramme kommen wir unserer Verantwortung nach.

Genau dies beantragen Kollege Peterka und ich sowie die AfD-Fraktion heute. Leider steht im Gemeinschaftsantrag der Altparteien dazu nichts.

Der FDP-Einzelantrag enthält dagegen auch unsere Dauerrede. Hier werden wir zustimmen, auch wenn unser eigener Antrag noch etwas weitergeht.

Das aktuelle PEPP-Programm der EZB mit einem Volumen von 1 350 Milliarden Euro werden wir gerichtlich prüfen lassen. Der Rechtsauffassung „monetäre Staatsfinanzierung“ haben sich neben der AfD Vertreter völlig unterschiedlicher Gruppierungen angeschlossen, darunter die ehemaligen Chefvolkswirte der EZB Issing und Stark, Ex-Bundesbankpräsident Schlesinger und sogar ein von den Linken bestellter Sachverständiger sowie das bundestagseigene EU-Referat.

(Beifall bei der AfD)

Seit wenigen Tagen liegt nun die seit fünf Jahren vermisste Dokumentation der EZB zur Verhältnismäßigkeit von PSPP vor. Ich stelle fest, dass diese zuerst den Medien zugespielt wurde und erst sehr spät uns Abgeordnete über die Geheimschutzstelle erreicht hat. Das ist leider eine übliche Unsitte.

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Unsinn! Das ist doch Quatsch, was Sie erzählen!)

– Okay, um diesem Einwand zu begegnen: teilweise über die Geheimschutzstelle.

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ah! – Michael Frieser [CDU/CSU]: Aha! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie haben nichts dafür getan, dass er öffentlich gemacht wurde!)

Inhaltlich kommen wir bei der Prüfung von PSPP zu einem anderen Ergebnis als die EZB. Die Folgen der permanenten Manipulation der Staatsanleihenmärkte sind für Sparer, Rentner, Mieter, künftige Steuerzahler sowie Immobilienkäufer verheerend. Es droht das künstliche Aufblähen aller Vermögensmärkte. Die Nullzinsen führen zur Zombifizierung der Wirtschaft und zudem zu Umverteilungen von Arm nach Reich. Am Ende steht eine Depression und ganz zum Schluss gar ein Währungscrash.

(Beifall bei der AfD)

Unsere im Ergebnis vernichtende Abwägung „PSPP-Billionen gegen all diese Nachteile“ teilt übrigens auch eine neue Studie der Commerzbank. Daraus zitiert: „Insgesamt bleiben selbst auf der Grundlage von Studien der EZB Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Anleihenkäufe“. Es ergeben sich aus den Käufen „große Risiken für die Finanzstabilität“.

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Das sagt die EZB selbst. Sie betont, dass die negativen Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik mit deren Dauer zunehmen würden.

Das sind genügend Gründe – damit komme ich zum Schluss –, diese Auswirkungen nach inzwischen zehnjähriger Dauer immer kritischer zu beobachten, zu bewerten und zu stoppen.

Herr Kollege, jetzt haben Sie noch einen Satz.

Nachdem der Präsident angemahnt hat, mein letzter Satz: Ich protestiere gegen die völlig ungenügende Behandlung dieses Billionenthemas im Bundestag in absurd kurzen 30 Minuten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner ist der Kollege Andreas Jung, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Petry [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7455585
Wahlperiode 19
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Urteil zum Anleihekaufprogramm PSPP
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