02.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 17

Wilhelm von GottbergAfD - Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf beinhaltet die weitere Verschärfung des schon bestehenden Werbeverbotes für Tabakerzeugnisse. Nun soll ein rigides Totalverbot jedweder Außenwerbung eingeführt werden. Neu im Gesetzentwurf ist das Werbeverbot für E‑Zigaretten. Die Zielsetzung des Gesetzes ist, Jugendliche und junge Erwachsene schon frühzeitig vom Rauchen abzuhalten. Die hohen gesundheitlichen Risiken des Rauchens und der Aspekt des Jugendschutzes lassen das strikte Werbeverbot zweckmäßig erscheinen.

Der Gesetzentwurf unterstellt, dass es in hohem Maße die Tabakwerbung ist, die junge Menschen zu Rauchern werden lässt. Das geschehe zum Beispiel durch raffinierte Werbetexte, die speziell das Lebensgefühl der heranwachsenden Generation ansprechen. Für die AfD ist das nicht der entscheidende Punkt.

Ein knappes Drittel der Menschen in Deutschland raucht. Geraucht wird in den Familien, auf Schulhöfen,

(Marianne Schieder [SPD]: In Schulen ist das verboten! Seit Langem!)

im Kollegenkreis, bei kleinen und großen Feierlichkeiten und in Mußestunden. Jede Woche gibt es im Fernsehen mindestens ein Dutzend Krimis, Kriegsfilme oder Heimatfilme mit intensiven Raucherpassagen.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Junge Menschen gucken keine Heimatfilme! – Gegenruf des Abg. Martin Reichardt [AfD]: Wird nur in Heimatfilmen geraucht? Das ist mir jetzt neu! – Gegenruf des Abg. Michael Donth [CDU/CSU]: Hat er erwähnt, nicht ich!)

Junge Menschen lernen durch Vorbilder und Nachahmung. Werbeverbote schaffen da keine Abhilfe. Die Schaffung von Raucherzonen und Nichtraucherzonen hält das Thema aktuell. Gleichwohl ist diese Maßnahme sinnvoll, um das Passivrauchen einzuschränken.

Die Befürworter eines allumfassenden Werbeverbots verweisen auf den deutlichen Rückgang des Tabakkonsums im letzten Jahrzehnt und machen dafür das schon bestehende Werbeverbot verantwortlich. Das überzeugt nicht.

(Beifall bei der AfD)

Der Tabakkonsum ist deutlich gesunken, weil der Gesetzgeber das Rauchen teuer gemacht hat. In den letzten 15 Jahren wurde die Tabaksteuer achtmal angehoben. Begründet wurde das mit der Notwendigkeit der Einnahmeerhöhung für den Bund. Tatsächlich gab es einmal die Begründung, dass die Krankenkassen unterstützt werden müssten, weil sie für die negativen Folgen der Rauchererkrankungen zu zahlen haben. Ein anderes Mal war die Begründung, konjunkturstützende Maßnahmen zu finanzieren. „ Rauchen für die Konjunktur“ machte damals in der Republik die Runde.

Die Tabaksteuer ist nach der Mineralölsteuer die zweitwichtigste Einnahmequelle für den Bund.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Die Einkommensteuer ist auch nicht unwichtig!)

Keine Bundesregierung kann ein Interesse daran haben, dass die Einnahmen aus der Tabaksteuer schrumpfen. Sie betrug im Jahr 2005 wie auch im Jahr 2019  14,3 Milliarden Euro. Eine weitere Erhöhung der Tabaksteuer würde den Schwarzhandel, der heute schon beachtlich ist,

(Marianne Schieder [SPD]: Was?)

in die Höhe treiben und graduell das Rauchen auf die Oberschicht beschränken.

(Marianne Schieder [SPD]: Aha!)

Es ist zu befürchten, dass mit dem totalen Werbeverbot zumindest unterschwellig eine Stigmatisierung der Raucher erfolgt. Auch deshalb können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Zuruf von der LINKEN)

Rauchen ist für viele Menschen ein Stück Lebensqualität.

(Marianne Schieder [SPD]: Was?)

Wie sehr haben doch die früheren Bundeskanzler Erhard, Brandt und Schmidt ihr Raucherbedürfnis öffentlich zelebriert!

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Und Schröder!)

Originalton Helmut Schmidt: Schwierige Situationen erfordern Nerven und Zigaretten.

(Beifall bei der AfD – Niema Movassat [DIE LINKE]: Ich wusste nicht, dass die Tabakindustrie Ihre Rede geschrieben hat!)

Es gibt deutliche Hinweise, dass der starke Rückgang der Raucherquoten in England und in den USA mit dem Aufkommen der E‑Zigaretten zusammenhängt. Deswegen ist das Verbot der E‑Zigaretten nicht der Weisheit letzter Schluss. In Großbritannien wird die E‑Zigarette von großen gesundheitspolitischen Organisationen und von staatlicher Seite als Mittel zur Nikotinentwöhnung gefördert.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Es wird höchste Zeit! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er spricht wie für die Tabaklobby!)

Ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin. – Die erwartete Zielsetzung des Gesetzentwurfs kann mit dem rigiden Werbeverbot nicht erreicht werden. Der Gesetzentwurf ist abzulehnen. Um uns nicht dem Vorwurf auszusetzen, die AfD würde präventiven Jugendschutz verhindern, werden wir uns der Stimme enthalten.

(Lachen des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU] – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: „Der Gesetzentwurf ist abzulehnen, jawohl! Wir werden uns enthalten!“ – Niema Movassat [DIE LINKE]: Erst ablehnen und jetzt enthalten! Was war das denn jetzt? Sie haben in einem Satz zwei verschiedene Abstimmungsverhalten genannt!)

Gute Nacht.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön. – Der nächste Redner für die SPD-Fraktion, Rainer Spiering, gibt seine Rede zu Protokoll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Damit ist der nächste Redner hier am Redepult Dr. Gero Hocker für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7455827
Wahlperiode 19
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes
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