02.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 170 / Tagesordnungspunkt 17

Nezahat BaradariSPD - Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir haben den Cowboy nicht mehr, aber wir haben anderes: Slogans. „ Don’t be a Maybe“, „Do your thing“ oder „Liberté toujours“, sind das nicht tolle Slogans, die einem Freiheit, Selbstbestimmung und Coolness vermitteln? Mit solch einer markanten Werbung warben und werben Zigarettenhersteller für Tabakprodukte. Diese kommen leider insbesondere bei den Heranwachsenden gut an. Nicht umsonst stieg der Werbeetat der Tabakindustrie für Außenwerbung auf aktuell beachtliche 96 Millionen Euro.

Laut einer Studie des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung steigt das Risiko bei Jugendlichen, die regelmäßig mit Werbung für E-Zigaretten in Kontakt kommen, auf sagenhafte 142 Prozent an, dass sie auch tatsächlich E-Zigaretten konsumieren. Dies trifft übrigens auch auf herkömmliche Zigaretten oder Shishas zu.

Laut aktuellem Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rauchen 7 Prozent der 14- bis 17-Jährigen und rund ein Viertel der 18- bis 25-Jährigen. Es wurde bereits gesagt: Ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland raucht.

In anderen Ländern gibt es schon längst strengere Restriktionen für Tabakwerbung. In der Folge nahm in Großbritannien oder auch in Schweden die Zahl der Raucher ab.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Bei uns auch! Bei uns noch vielmehr, trotz Werbung!)

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes haben wir heute die Chance, hier endlich auch in Deutschland etwas zu ändern. In Zukunft dürfen Tabakerzeugnisse weder durch Außenwerbung noch durch Werbung in Kinofilmen für Kinder und Jugendliche beworben werden. Dies gilt ebenso für Tabakerhitzer und elektronische Zigaretten mit oder ohne Nikotin.

Über die gesundheitlichen Gefahren wurde hier berichtet. Hinzu kommen auch die gefährlichen Aromastoffe, die den Einstieg in eine Nikotinsucht bei Kindern und Jugendlichen besonders fördern. Damit es klar ist: Der Rauch einer einzigen, ersten Zigarette reicht aus, um bei Heranwachsenden im Gehirn einen bestimmten Mechanismus in Gang zu setzen, mit dem Suchtverhalten erzeugt wird.

Ich kann Ihnen sagen, dass auch Passivrauchen gerade bei Kindern sehr gefährlich ist. Ich bin Kinder- und Jugendärztin, schon seit über 25 Jahren, und ich kann berichten, dass viele kleine Kinder von rauchenden Eltern in die Praxis kommen, die buchstäblich aus dem letzten Loch pfeifen. 121 000 Tote pro Jahr in Deutschland, das sind in fünf Jahren ungefähr 600 000 Menschen – eine vermeidbare Problematik. Wir müssen hier, insbesondere im Sinne der Kinder und Jugendlichen, etwas ändern.

Um es klarzustellen: Niemand verbietet Ihnen, dass Sie rauchen, ob herkömmliche Zigarette oder E-Zigarette. Sie können eine ganze Badewanne voll Zigaretten rauchen. Darum geht es nicht. Es geht um den Schutz der Kinder und Jugendlichen, nicht um die Erwachsenen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Warum verbieten Sie konventionelle Zigaretten nicht insgesamt?)

Kommen Sie zum Schluss bitte.

Frau Connemann, ich hätte mir ein bisschen mehr Ehrlichkeit von Ihnen gewünscht; denn Sie als CDU/CSU haben dieses Gesetz blockiert, es hätte schon in der letzten Legislaturperiode durchkommen können. Nichtsdestotrotz –

Nein. Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

– freue ich mich, dass es heute klappt, auch wenn noch Lücken bestehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Nezahat Baradari. – Damit schließe ich die Aussprache.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7455832
Wahlperiode 19
Sitzung 170
Tagesordnungspunkt Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes
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