03.07.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 171 / Zusatzpunkt 25

Marco Bülowfraktionslos - Kohleausstieg

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwölf Jahren war Professor Schellnhuber, der renommierte Klimawissenschaftler, Gast im Umweltausschuss hier im Bundestag und erzählte folgenden Witz: Es treffen sich zwei Planeten, einer davon die Erde. Der eine Planet sagt zur Erde: „Du siehst aber schlecht aus. Was ist denn los?“ Da sagt die Erde: „Ja, mir geht es auch schlecht.“ Darauf der andere Planet: „Was hast du denn?“ Darauf die Erde: „Ich habe Homo sapiens.“ Da sagt der andere: „Das ist zwar schlimm, aber geht schnell vorbei.“

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Echt?)

Damals haben alle im Umweltausschuss herzlich gelacht. Zwölf Jahre danach – viel Stillstand in der Klimaschutzpolitik; wenig ist passiert – dreht sich mir bei dem Witz eigentlich der Magen um. Und das hat nichts mit den Einzelpunkten, über die wir reden, zu tun, sondern damit, dass wir im Klimabereich eigentlich nicht weitergekommen sind, dass wir zwölf Jahre verschenkt haben. Das sind zwölf Jahre, die wir der nächsten Generation schuldig sind, die wir dem Klimaschutz schuldig sind und die wir jetzt auch nicht auf einmal aufholen können. Das ist das große Problem, das wir haben.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich komme aus Dortmund; das ist eine Kohleregion. Meine Eltern und meine Großeltern sind dort geboren. Sie kommen aus dem Kohle- und Stahlbereich. Ich weiß, was Strukturwandel bedeutet, und ich habe großen Respekt vor den Menschen, die in dem Bereich gearbeitet haben, die die Region großgemacht und dafür gesorgt haben, dass zum Beispiel ich die Chance hatte, zu studieren, dass ich die Chance hatte, eine andere Bildung zu erleben. Diesen Respekt werde ich nicht verlieren.

Natürlich – da hat auch keiner heute gegengesprochen hier im Haus – sind wir für diese Strukturhilfen und müssen diese Strukturhilfen sein. Trotzdem sage ich ganz klar: Was ist denn passiert? Da sind Konzerne subventioniert worden, als sie aufgebaut worden sind. Sie sind subventioniert worden, als die Kohle- und Atomenergie weitergeführt wurden. Es gab beispielsweise bei der Atomenergie nie wirkliche Entsorgungskonzepte. Und jetzt werden diese Konzerne subventioniert, wenn sie aussteigen, in einem langen Prozess. Genau das geht so nicht. 2038 ist deutlich zu spät. Das ist kein Kompromiss, weil diejenigen, die es am meisten ausbaden müssen, eben gar nicht mitentscheiden konnten.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich sage auch: Es ist einfach nicht in Ordnung, dass eine Kohlekommission von einem ehemaligen Ministerpräsidenten geleitet wird, der dann sozusagen als Lobbyist zur Braunkohle wechselt. Auch das erkennt man zum Beispiel in diesem Kompromiss wieder. Die Steinkohle wird nämlich sozusagen schlechter gestellt als die Braunkohle.

(Claudia Moll [SPD]: Stimmt nicht!)

Darauf geht auch keiner ein. Wer rechtfertigt denn genau diesen Lobbyismus?

Ich finde, wir müssen klarere Kante zeigen. Ich finde, wir müssten einen Bürgerrat, eine Bürgerversammlung einberufen, wie es sie in Frankreich gibt, um über dieses Thema zu debattieren. Das ist gesellschaftlich zu wichtig, als dass wir hier eine Ad-hoc-Entscheidung fällen. Mit den Bürgerinnen und Bürgern müssen wir diese Entscheidung fällen. Das wäre der richtige Weg.

Bei uns hat man am Ende immer „Glück auf!“ gesagt. Aber heute möchte ich als Letztes bemerken: Ich bin im Übrigen der Meinung, dass der Profitlobbyismus zerstört werden muss, und wir brauchen richtigen Klimaschutz.

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Voraussichtlich letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ulrich Lange, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7456053
Wahlperiode 19
Sitzung 171
Tagesordnungspunkt Kohleausstieg
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