Leif-Erik HolmAfD - Bürokratieabbau
Sehr geehrte Bürger! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren reden wir im Hohen Hause über den Bürokratieabbau. Drei Entlastungsgesetze haben wir schon verabschiedet. Dennoch kommen wir kaum von der Stelle, und das merken auch die Praktiker vor Ort. Ich habe mir einmal die Statistikpflichten angeguckt: Da gibt es viel Interessantes: Investitionserhebung, Erhebung über die Energieverwendung, Erhebung der nichtöffentlichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Erhebung über die Abfallerzeugung, Erhebung der laufenden Aufwendungen für den Umweltschutz und, und, und. Es ist nur eine kleine Auswahl der Meldepflichten, die unsere Unternehmer in diesem Land jeden Monat erfüllen müssen.
Kein Wunder, dass Mittelständler Dutzende Mitarbeiter beschäftigen, die quasi allein für den Staat arbeiten. Dabei wollen Unternehmen natürlich vor allem das tun, was sie können: Sie wollen ihre Produkte an den Mann bringen; sie wollen erfolgreich sein und Geld verdienen, was uns dann wiederum allen nützt, weil das Beschäftigung und Wohlstand schafft.
(Beifall bei der AfD)
Ein massiver Abbau von sinnlosen Vorschriften und Nachweispflichten wäre gerade jetzt in der Lockdown-Krise ein ideales Mittel, um unsere Wirtschaft wieder flottzumachen. Es kostet fast nichts und schafft sehr viel neuen Freiraum für unternehmerisches Handeln. Stattdessen senken Sie – Herr Houben hat es schon angesprochen – die Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr, was weder den Verbrauchern noch den Unternehmern wirklich hilft. Allein die Umstellungskosten machen jeden Nutzen zunichte. Herr Willsch, Sie fallen nicht nur einmal an, sondern sogar zweimal, und das ist das Problem an der Sache.
Das sieht auch der Rechnungshof so, der den Anpassungsaufwand – wörtlich – für „erheblich“ hält, und auch von der Wirkung für die Verbraucher ist er nicht überzeugt, klar. Ob hierdurch der Konsum gesteigert wird, erscheint fraglich. Wieder einmal haben Sie an dieser Stelle nicht zu Ende gedacht. Eine dauerhafte Mehrwertsteuersenkung wäre in der Tat richtig, aber nicht Ihr Halbjahresrohrkrepierer.
(Beifall bei der AfD)
Dreimal haben wir es jetzt versucht mit Bürokratieentlastungsgesetzen; aber jedes Mal blieb die Wirkung überschaubar. Das liegt auch daran, dass gar nicht alles den Weg ins Gesetz findet, was wir ursprünglich dort geplant hatten. Beim BEG III war es ja wieder so: Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter, die Aufbewahrungsfristen, die wir verkürzen wollten, ein Verrechnungsmodell bei der Einfuhrumsatzsteuer – ist alles nicht hineingekommen. Es gibt weitere Punkte: Unternehmer warten auf einfachere Dokumentationspflichten beim Mindestlohn, auf zeitsparende – wenigstens zeitsparende! – Onlinedienste im Zusammenspiel mit den Behörden und, und, und. Es bleiben zu viele wichtige Dinge nach wie vor liegen.
Und dann kommt ja noch Brüssel hinzu; denn da ist von der Bürokratiebremse überhaupt nichts zu spüren. Bereits die Hälfte der Gesetzgebung kommt ja aus der EU, und wir können überhaupt nichts dagegen tun. Der Aufwand, der durch EU-Regelungen entsteht, steigt immer weiter, liegt aktuell laut Normenkontrollrat bei einer halben Milliarde Euro. Das zeigt wieder einmal, wie schädlich es ist, wenn man das Heft des souveränen Handelns aus der Hand gibt.
(Beifall bei der AfD)
In den vorliegenden Anträgen werden viele richtige Dinge angesprochen, die wir im Ausschuss unbedingt beraten sollten. Die Vorfälligkeit umzustellen, ist, denke ich, ein wirklich wichtiger Schritt. Deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht. Die Unternehmer haben unseren Sozialsystemen 2006 geholfen. In dieser Krise ist es Zeit, dass wir den Unternehmern diese Chance zurückgeben für mehr Liquidität; dazu wird Kollege Chrupalla nachher noch sprechen.
(Beifall bei der AfD)
Wir wollen die Start-ups direkt unterstützen, statt ihren Kapitalgeber zu subventionieren. Gerade bei den Gründern müssen wir die viel zu vielen bürokratischen Hürden aus dem Weg räumen. Wir stehen im internationalen Gründerranking auf Platz 125, direkt nach Mali – herzlichen Glückwunsch! Das können wir uns wirklich nicht leisten als Land, das auch in Zukunft innovativ sein will und vor allen Dingen sein muss, um vorne dranzubleiben.
(Beifall bei der AfD)
Der Chef des Normenkontrollrats, Johannes Ludewig, beklagt, dass die Gesetzgebung zu weit weg von der Realität von Unternehmen und Verwaltung sei. Ich finde, das ist ein wirklich entscheidender Punkt. Wir müssen also Gesetzesvorhaben von vornherein anders angehen. Wir müssen zunächst die Ziele definieren und dann mit den Praktikern vor Ort in die Umsetzung gehen und Mittel und Wege ausloten, wie wir bei der Entbürokratisierung wirklich vorankommen.
Die Unternehmen brauchen also in diesen Zeiten wieder Hoffnung, dass der bürokratische Wust an Vorschriften und Nachweispflichten endlich mal radikal beschnitten wird. Jetzt, in der Rezession, wäre wirklich der beste Zeitpunkt dafür.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Sabine Poschmann, SPD.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jan Metzler [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7456060 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Bürokratieabbau |