Christine Aschenberg-DugnusFDP - Digitalisierung im Gesundheitswesen, Datenschutz
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich bitte zu Beginn festhalten: Wir als FDP-Fraktion befürworten die Digitalisierung im Gesundheitswesen ausdrücklich. Es ist für die Versorgung der Patientinnen und Patienten ein großer Mehrwert, wenn Behandlungsdaten schnell verfügbar sind. Die Coronaepidemie hat ja auch gezeigt, dass elektronische Krankschreibungen oder Videosprechstunden funktionieren.
Wir befürworten auch die Einführung der elektronischen Patientenakte. Wir haben sie seit Jahren gefordert, und deswegen sagen wir auch: Es ist überfällig, dass sie jetzt kommt. – Jetzt kommt aber das große Aber. Meine Damen und Herren, die elektronische Patientenakte benötigt doch von Anfang an einen rechtssicheren Rahmen; denn die Datenhoheit gehört in die Hand der Patientinnen und Patienten und nirgendwo anders hin.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Axel Gehrke [AfD])
Wir müssen dafür sorgen, dass der Datenschutz und die Selbstbestimmung immer an oberster Stelle stehen. Das ist gerade bei solch sensiblen Daten wie Gesundheitsdaten ganz besonders wichtig.
Jetzt komme ich zum entscheidenden Punkt. Wenn allerdings im ersten Jahr der Patient lediglich die ganze Akte zur Ansicht freigeben kann oder gar nicht, dann hat das mit Patientensouveränität überhaupt nichts zu tun. Ein Alles-oder-Nichts fördert nicht die Akzeptanz, die für so ein wichtiges Projekt notwendig wäre, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das stimmt doch so gar nicht! „Alles oder nichts“ stimmt doch so gar nicht!)
Unser Hauptkritikpunkt ist, dass im ersten Jahr der Patient eben nicht genau darüber bestimmen kann, wer seine einzelnen Daten einsehen kann.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Doch, kann er!)
Daher haben wir einen entsprechenden Entschließungsantrag vorgelegt, der das regelt. Es ist doch wichtig, meine Damen und Herren, wenn zum Beispiel die junge Patientin beim Zahnarzt ist, dass sie selbst darüber entscheiden kann, was er einsehen kann und ob er sehen kann, dass sie vielleicht vor drei Monaten einen Schwangerschaftsabbruch hat vornehmen lassen. Das ist Patientensouveränität. Das möchte ich umgesetzt haben mit diesem Gesetz.
(Beifall bei der FDP)
Wenn jetzt die Bundesregierung behauptet, dass das im ersten Jahr technisch nicht möglich ist, dann ist das einfach nur falsch. Die öffentliche Anhörung, bei der Sie ja alle dabei waren, hat genau das Gegenteil gezeigt. Die erst ab 2022 – es wurde ja gesagt – vorgesehene Möglichkeit, die Akte individuell freizugeben, muss von Anfang an gewährleistet sein, meine Damen und Herren.
Mit dem PDSG – da bin ich mir mit allen anderen einig – hätte die große Chance bestanden, umfassend allen Akteuren Zugriff auf die ePA zu gewähren. Da hätten wir uns mehr gewünscht. Ich freue mich, gehört zu haben, dass das noch nachgereicht wird. Denn wir benötigen ja eine umfassende digitale Zusammenarbeit aller Beteiligten. Nur dann ist es auch ein wirklicher Mehrwert für die Patientinnen und Patienten.
Meine Damen und Herren, die medizinische Forschung ist immer stärker datengetrieben und benötigt natürlich auch Daten, die verwertbar sind – selbstverständlich nur mit Einwilligung der Patientinnen und Patienten. Diese Forschung halten wir für wichtig. Das gilt übrigens auch für die private Forschung. Denn gerade die Coronapandemie zeigt doch, wie wichtig auch private Forschungsinstitute zum Beispiel bei der Suche nach Impfstoffen oder Therapiemaßnahmen sind. Aber: Bei der Nutzung von Daten zu Forschungszwecken ist es dringend erforderlich, dass eine Rückverfolgbarkeit auf Personen von Anfang an auszuschließen ist, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Axel Gehrke [AfD])
Die öffentliche Anhörung hat ja gezeigt, dass die Kryptografie das bereits ermöglicht, indem sie nämlich die Datensätze minimal verrauscht. Damit sind die Daten auch weiterhin wissenschaftlich verwertbar, lassen aber keinen Rückschluss auf die Personen zu, und das ist aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr wichtig. Dieser Aspekt fehlt leider in Ihrem Gesetzentwurf. Aber es gibt eine Lösung, nämlich unseren Entschließungsantrag. Ich kann Ihnen nur anraten, dem zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, mein letzter Satz: Die wichtige Digitalisierung kann nur mit einem hohen Datenschutzniveau gelingen; das sehen wir in Ihrem Gesetzentwurf nicht; deswegen müssen wir ihn leider ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist aber keine Serviceopposition!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Aschenberg-Dugnus. – Auch bei den Freien Demokraten sind drei Sätze immer noch mehr als ein Satz.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Das waren Halbsätze, Herr Präsident! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Normalerweise kann ich ganz gut zählen!)
– Ich habe das auch so interpretiert, Herr Kollege Sorge.
Als nächster Redner hat der Kollege Dr. Achim Kessler, Fraktion Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7456077 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Digitalisierung im Gesundheitswesen, Datenschutz |