Andreas NickCDU/CSU - Deutscher Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Juli hat Deutschland erneut den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen übernommen. Als konkretes Ergebnis des European Spring, der aufeinanderfolgenden Präsidentschaften von Estland, Frankreich und Deutschland, hat sich der Sicherheitsrat am Mittwoch auch endlich auf eine schon lange überfällige Resolution zu Covid-19 geeinigt. Dem darin enthaltenen Aufruf zur Unterstützung der von Generalsekretär Guterres geforderten globalen Waffenruhe möchten wir uns auch hier im Deutschen Bundestag anschließen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christoph Matschie [SPD] und Ulrich Lechte [FDP])
Im Sicherheitsrat wollen wir in den kommenden Wochen klare Akzente setzen. Mit den Komplexen „Klima und Sicherheit“ und „Sexuelle Gewalt in Konflikten“ führen wir dabei die Schwerpunkte unserer Präsidentschaft aus dem vergangenen Jahr fort. Dabei handelt es sich keineswegs um sogenannte weiche Themen oder – wie mancher meinen würde – „Gedöns“. Der Klimawandel und seine Folgen bedrohen als Auslöser und Katalysator für Konflikte in vielen Regionen unmittelbar Frieden und Sicherheit. In aller Deutlichkeit: Der systematische Einsatz von sexueller Gewalt in Konflikten ist und bleibt eine knallharte Menschenrechtsverletzung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Besonders wichtig ist uns auch das Thema „Peacekeeping und Menschenrechte“. Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wird dazu eine offene Debatte im Weltsicherheitsrat leiten. Gewaltsame Konflikte sind heute vorrangig innerstaatlicher Natur. Damit sind auch veränderte Anforderungen an Peacekeeping-Missionen verbunden: weg von rein militärischen und hin zu oft auch mehr polizeilichen Aufgaben, zu einem erhöhten Maß an Interaktion mit der Zivilbevölkerung und damit auch entsprechenden Anforderungen an das Verhalten von Peacekeepern.
Das ist deshalb auch ein zentrales Thema für den Sicherheitsrat. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir das als Europäer auch auf die Tagesordnung setzen. Wir werden dabei auch Vertreterinnen der Zivilgesellschaft die Möglichkeit geben, bei den entsprechenden Sitzungen im Sicherheitsrat vorzutragen, und tragen damit auch zur Öffnung und zur Verbreiterung des Dialogs in diesem Gremium bei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor 75 Jahren, am 26. Juni 1945, unterzeichneten 50 Staaten auf der Konferenz von San Francisco die Charta der Vereinten Nationen. Noch heute ist sie eine der wichtigen Eckpfeiler der regelbasierten Weltordnung. Zugleich sehen einige der P-5-Staaten die Vereinten Nationen offenbar nur noch als Plattform zur Durchsetzung ihrer nationalen Interessen und weniger als Forum zur gemeinsamen Lösung globaler Herausforderungen. In aller Klarheit: So können die Vereinten Nationen den ihnen von den Gründervätern zugedachten Auftrag nicht erfüllen.
Wenn sich etwa auch die USA aus ihrer seit Jahrzehnten angestammten Rolle als Hüter der regelbasierten Weltordnung zurückziehen, dann hat das Konsequenzen. Hüter der Ordnung ist – so hat es Herfried Münkler kürzlich beschrieben – derjenige, der bereit ist, in „common goods“ zu investieren, und der eben nicht nur fragt: „Was nützt es mir?“, und vor allen Dingen nicht: Was nützt es nur mir und sonst keinem anderen? Und er folgert: Eine Ordnung, die einen Hüter benötigt, aber keinen mehr hat, wäre eine hochriskante Konstellation. So erleben wir bereits – oft hinterrücks – den Umbau der internationalen Ordnung.
Für uns muss dabei klar sein: Die Bewahrung und Weiterentwicklung einer regelbasierten internationalen Ordnung ist und bleibt das überragende strategische Interesse unseres Landes und aller Europäer.
Daraus ergibt sich eine klare Konsequenz: Wir müssen auch als Europäer gemeinsam mit gleichgesinnten Partnern weltweit in deutlich höherem Maße willens und in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen und unsererseits zur Bereitstellung globaler Gemeinschaftsgüter beizutragen. Das gilt nicht nur aktuell während der Präsidentschaft im UN-Sicherheitsrat, sondern weit darüber hinaus.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Armin Hampel, AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7456153 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Deutscher Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat |